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Nach zutr. Ansicht steht dem Verteidiger gegen die Rücknahme seiner Bestellung ein eigenes Beschwerderecht zu.[106] Die Gegenmeinung lehnt ein eigenes Beschwerderecht des Verteidigers generell ab[107], eine vermittelnde Ansicht gibt dem Verteidiger diese Befugnis zumindest in Fällen willkürlicher Rücknahme der Bestellung.[108]
Zu folgen ist der von Beulke vertretenen Ansicht. Er befürwortet ein eigenes Beschwerderecht unter Hinweis darauf, dass der Pflichtverteidiger selbständig öffentliche Funktionen wahrnimmt. Der bestellte Verteidiger dient als Beistand nicht nur dem Interesse des Beschuldigten an einer sachgerechten Wahrnehmung seiner Verfahrensrechte. Zugleich dient er der rechtsstaatlichen Strafrechtspflege. Das Rechtsstaatsgebot verpflichtet die Strafjustiz zur Gewährleistung eines fairen, rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Dieser Verfassungsauftrag kann in den Fällen der notwendigen Verteidigung nur verwirklicht werden, indem dem unverteidigten Beschuldigten zur Sicherstellung einer effektiven, sachgerechten Verteidigung ein Verteidiger zur Seite gestellt wird.[109]
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Muster 6: Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung des Verteidigers
An das
Amtsgericht B
– Strafrichter –
In der Strafsache
gegen Herrn A
Az.: …
lege ich namens und in Vollmacht von Herrn A gegen den Beschluss des AG B vom...
Beschwerde
ein.
Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verteidigers liegen entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung vor.
Der Angeklagte bedarf zur Vorbereitung seiner Verteidigung der Akteneinsicht. Es handelt sich um eine umfangreiche und komplizierte Sache. In der Beweismittelliste der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft C vom … sind neben einer Reihe zu verlesener Urkunden, auf deren Wortlaut es ankommen dürfte, 12 Zeugen und drei Sachverständige, davon zwei Schriftsachverständige aufgeführt.
Es gebietet die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Bestellung eines Verteidigers.
Ich lege für den Fall meiner Bestellung das Wahlmandat nieder.
Rechtsanwalt
Anmerkungen
BVerfG StV 2001, 601.
BVerfG StV 2001, 241.
BVerfG StV 2001, 241.
BGHSt 15, 306, 309.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 165.
Madert Rn. 2 ff.
Hilbers/Lam StraFo 2005, 70, 71.
Leipold AnwBl. 2004, 683.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 42.
Vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2011, 19.
OLG Düsseldorf Beschl. v. 16.4.2010 – III-4Ws 163/10.
HK-Julius/Schiemann § 140 Rn. 9 m.w.N.
KK-Laufhütte § 140 Rn. 13.
Schlothauer Rn. 192d.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 166.
Burhoff StraFO 2018, 405 ff.
§§ 117 Abs. 4, 118a Abs. 2 S. 2–4, 350 Abs. 3, 364a, 364b, 408b, 418 Abs. 4 StPO, § 68 JGG, § 60 OWiG.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht Rn. 167.
Schlothauer Rn. 193a.
Molketin StraFo 2005, 54; Schlothauer Rn. 193e; LG Berlin StV 1994, 11; 2005, 15.
Molketin StraFo 2005, 54; Schlothauer Rn. 193c.
Beulke/Swoboda Strafprozessrecht, Rn. 167.
Schlothauer Rn. 193b m.w.N.
OLG Hamm StV 2005, 56.
OLG Hamm StV 2005, 57 (Theiß); LG Gera StV 1999, 654; Eisenberg JGG § 68 Rn. 24; Spahn StraFo 2004, 82, 83.
OLG Köln StraFo 1997, 78; OLG Brandenburg wistra 2005, 78.
Molketin StraFo 2005, 54, 55.