BVerfGG und GOBVerfG enthalten – jedenfalls im Vergleich zu anderen Prozessordnungen – nur fragmentarische Regelungen zu den Anforderungen an die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere auch zur notwendigen Begründung der Verfassungsbeschwerde.[1] Die folgende Darstellung soll Licht in dieses Halbdunkel bringen.
Anmerkungen
Statt vieler Sachs/Sturm GG, Art. 93 Rn. 32. Einen guten Überblick zur (lückenfüllenden) Geltung der allgemeinen Verfahrensgrundsätze (auch) im Verfassungsbeschwerdeverfahren gibt Engelmann Prozessgrundsätze im Verfassungsprozessrecht, 1977, S. 24 ff.
Teil 2 Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde in Strafsachen › A. Jedermannseigenschaft – die persönlichen Voraussetzungen
A. Jedermannseigenschaft – die persönlichen Voraussetzungen
Teil 2 Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde in Strafsachen › A. Jedermannseigenschaft – die persönlichen Voraussetzungen › I. Partei- und Beschwerdefähigkeit
I. Partei- und Beschwerdefähigkeit
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Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 Abs. 1 BVerfGG kann „jedermann“ Verfassungsbeschwerde erheben. Die Verfahrensordnung des BVerfGG sieht selbst keine ausdrückliche Regelung zur Parteifähigkeit des Beschwerdeführers vor. Das BVerfG hat jedoch ihre Voraussetzungen souverän „in Analogie zum sonstigen deutschen Verfahrensrecht“[1] entwickelt und dem Sinn und Zweck des Verfassungsbeschwerdeverfahrens angepasst. Da die Verfassungsbeschwerde der Durchsetzung von Grundrechten dienen soll, ist parteifähig derjenige, der Träger des als verletzt gerügten Grundrechts oder von grundrechtsgleichen Rechten im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG sein kann.[2]
Teil 2 Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde in Strafsachen › A. Jedermannseigenschaft – die persönlichen Voraussetzungen › II. Natürliche und Juristische Personen
II. Natürliche und Juristische Personen
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Jedermann im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG ist daher zunächst jede natürliche Person. Die Rechtsfähigkeit – und damit auch die Grundrechtsfähigkeit – beginnt, ungeachtet der hier nicht weiter interessierenden Vorwirkungen der Grundrechte für den Nasciturus, grundsätzlich mit der Geburt.
1. Sonderproblem: Tod des Beschwerdeführers
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Streitig ist, ob mit dem Tod des Beschwerdeführers auch seine Grundrechtsfähigkeit endet.[3] Jedenfalls kann für einen Toten unstreitig kein (neues) Verfassungsbeschwerdeverfahren mehr eingeleitet werden; es fehlt die Antragsberechtigung. Trotz Fortbestehens der Verfahrensvollmacht ist eine von dem Bevollmächtigten nach dem Tod erhobene Verfassungsbeschwerde daher unzulässig.[4]
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Fraglich kann aber sein, welche Auswirkungen der Tod des Beschwerdeführers auf ein anhängiges Verfahren hat. Die Frage lässt sich nach der billigenswerten Praxis des Gerichts nur für den einzelnen Fall unter Berücksichtigung der Art des angegriffenen Hoheitsaktes und des Standes des Verfassungsbeschwerdeverfahrens entscheiden.[5] Eine Fortführungsbefugnis der Erben wird insbesondere bei vermögensrechtlichen Ansprüchen bejaht,[6] kann also im strafverfahrensrechtlichen Zusammenhang etwa bei Einziehung und Verfall in Betracht kommen.
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Bei Geltendmachung höchstpersönlicher Ansprüche – darum wird es bei Verfassungsbeschwerden aus dem materiellen Strafrecht aber zumeist gehen – erledigt sich hingegen die Verfassungsbeschwerde in der Regel mit dem Tod des Beschwerdeführers.[7] Allerdings ermächtigt § 361 Abs. 2 StPO Angehörige des Verstorbenen ausdrücklich, die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens zu seinen Gunsten zu beantragen.[8] Mit Rücksicht darauf ist dem bezeichneten Personenkreis auch die Befugnis zuzubilligen, eine gegen das Strafurteil gerichtete Verfassungsbeschwerde noch nach dem Tode des Beschwerdeführers fortzuführen.[9]
2. Minderjährige
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Die Jugendkriminalität und folglich die Anzahl verurteilter jugendlicher oder heranwachsender Straftäter ist vergleichsweise hoch,[10] so dass vermehrt auch verfassungsrechtliche Eingaben im Strafrecht von Minderjährigen stammen.
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Auch nicht volljährige Personen sind grundrechtsfähig. Sie müssen aber unter Umständen ausreichend vertreten sein, soweit sie noch nicht grundrechtsmündig sind.[11] Zu beachten ist bei solchen Mandanten aber auch, dass eine strafgerichtliche Entscheidung, mit der der Staat auf eine Straftat des Jugendlichen reagiert, den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 2 GG berühren kann. Insoweit können die Eltern grds. die Verletzung eigener Rechte geltend machen.[12]
3. Ausländische Staatsangehörige
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Strafrechtliche Verfassungsbeschwerden von Ausländern haben eine erhebliche praktische Bedeutung.[13] Sie können besondere Fragen etwa dann aufwerfen, wenn die gerügten Beschwerdepunkte mit denen inländischer Beschwerdeführer identisch sind, wenn also bspw. ein Ausländer und ein Deutscher Täter oder Teilnehmer einer Straftat waren und sich beide gegen das Urteil im Ganzen wenden. Daneben gibt es eine Gruppe verfassungsrechtlicher Eingaben mit strafrechtlichem Bezug, welche ihrer Natur nach speziell Ausländer betreffen, so häufig in Auslieferungsfragen,[14] bei Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz (früher: AuslG) und AsylG (früher: AsylVfG)[15] – insbesondere bei Ausweisung –[16], aber auch dann, wenn es um die verfassungsmäßigen Rechte eines der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Angeklagten geht, etwa wegen der Kostenlast für Dolmetscherkosten[17] oder wegen der Übersetzung von Schriftsätzen.[18]
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Einige Grundrechte (Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 11, Art. 12 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 33 Abs. 1, Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 GG) stehen ihrem Wortlaut nach nur Deutschen zu (sog. „Deutschengrundrechte“) mit der Folge, dass Ausländer sich nicht auf sie berufen können.[19] Für die Beschwerdefähigkeit kommt es demnach auf die Innehabung der deutschen Staatsangehörigkeit i. S. d. Art. 116 GG an. Ob dies wegen des europarechtlichen Diskriminierungsverbotes (vgl. Art. 18 AEUV) auch für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union gilt, ist sehr strittig.[20]
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Selbst in diesen Fällen greift aber jedenfalls neben den allgemeinen „Menschengrundrechten“ zumindest Art. 2 Abs. 1 GG,