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Immer wieder werden in der Unternehmensberatung diese Kriterien auch herangezogen, um eine erkannte Krisensituation abzuwenden oder Auswege zu suchen, die eine Fortführung unter veränderten Bedingungen ermöglicht. Staatliche Beihilfen stehen dabei regelmäßig unter einem Genehmigungsvorbehalt der Europäischen Union, und zwar selbst dann, wenn der Staat sich nur privatwirtschaftlich an einem Unternehmen beteiligt und diesem Kapital zuführt.
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Auch Umfeldbedingungen individuelle und persönliche Umstände, der Weggang oder die Abwerbung wichtiger Mitarbeiter, eine feindliche Wettbewerbssituation, faktische Lieferschwierigkeiten, ein Berufs- oder Tätigkeitsverbot oder auch die Änderung des legislatorischen Umfeldes können Gründe für den Eintritt einer Unternehmenskrise sein. Bei weitem nicht jedem der genannten Gründe ist ein Managementfehler vorausgegangen; es gibt sogar eine Vielzahl von Unternehmern, die eine Insolvenz einer Sanierung im Ausland vorziehen. Daher sollte man sich auch in der Strafverfolgung bewusst machen, dass Strafrecht nur dort angewandt werden sollte, wo ein Strafbedürfnis tatsächlich entstanden ist.
2. Gesellschafter und Gläubiger
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Mit einem weit gefächerten Dienstleistungs- und Finanzierungsangebot bieten Banken und Finanzdienstleister Kredite, Forderungskauf, Leasing, Unternehmensbeteiligungen, partiarische Darlehen, Bond-Finanzierungen, Mezzanine-Kapital oder die kapitalmarktrelevanten Formen der Schaffung von Eigenkapital (Aktien, Wandelschuldverschreibungen) bzw. Fremdkapital mit Rangrücktritt (Schuldverschreibungen, Genussscheine etc.) an. Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren, haben es zunehmend mit Gesellschaftern und Beteiligten zu tun, denen die eigentlichen unternehmerischen Ziele gleichgültig sind. Ziel der Banken und Finanzdienstleister ist es, Erträge, Zinsen und sonstige zähl- und messbare Vorteile (bspw. auch Kurssteigerungen) zu erzielen. Experten warnen davor, dass ein solches Umfeld zu für das soziale Netz unverträglichen Entscheidungen, zu erzwungener Liquidierung oder Überschuldung des Unternehmens oder einzelner Betriebsteile führen kann. Durch das WpÜG und die Angabepflichten der § 20 AktG, §§ 21, 22 WpHG hat der Gesetzgeber nach der Mannesmann/Vodafone-Übernahme nur für einen Teil der Unternehmen Rechtsschutz vor feindlichen Übernahmen geschaffen. Ein Unternehmenszusammenbruch kann daher auch „ferngesteuert“ sein, ohne dass damit unmittelbar strafrechtliche Folgen verbunden sind. Die legalen Ausschüttungen durch von der Hauptversammlung beschlossene Dividendenzahlungen sind meist wesentlich schwerer für die Liquidität eines Unternehmens zu verkraften als die von Ermittlungsbehörden später verfolgten kleinkriminellen Phänomene geringfügiger Vermögensverschiebungen. Dass hier in einem Maße ganz legal auf die unternehmerischen Spielräume bis zur Grenze der Kapitalerhaltung eingewirkt werden kann, ist ein durch das Strafrecht nicht zu erfassendes Phänomen.
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Auch der Schutz vor „feindlichen“ Gläubigern lässt sich keineswegs durch einen Rückzug auf nationales Prozessrecht bewerkstelligen. Wenn bereits die Nichterfüllung einer titulierten Forderung bzw. ein vergeblicher Vollstreckungsversuch den Gläubiger dazu veranlasst, das Schuldnerunternehmen zu „sabotieren“, bietet zuweilen nur die Insolvenzanmeldung einen vernünftigen Ausweg, um sich aus einer „Nötigungssituation“ zu befreien. Auch versuchen zuweilen enttäuschte Geschäftspartner durch Beeinflussung von Meinungsmachern in Medien oder im Marktumfeld durch kritische Betrachtung, nachstellende Mängelbeanstandungen oder andere Formen des „Mobbing“, das Unternehmen in eine Krise zu bringen.
3. Auslandsinsolvenz
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Das deutsche Insolvenzrecht hat die Idee des US-amerikanischen Bankruptcy-Code Chapter 11 aufgegriffen, das eine „Flucht“ in die Insolvenz vor aggressiven Gläubigern ermöglicht. Der Insolvenzgrund der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ kann aber – jedenfalls bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – durch eine von einem Gläubiger im Ausland angemeldete Insolvenz ohne Einfluss des Schuldners vorverlagert werden. Schon diese Handlung kann das Schuldnerunternehmen empfindlich treffen, selbst wenn die Entscheidung in Deutschland nicht vollstreckbar sein sollte (§§ 335 ff. InsO i. V. m. der EuInsVO).[168]
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Eine Abwehr solcher Anträge ist schwer, wenn nicht eindeutig gegen den ordre public verstoßen wird (vgl. aber § 353 InsO i.V.m. Art. 25 EuInsVO, §§ 31 ff. EuGVÜ). Die Flucht des Schuldners stellt in vielen Ländern (etwa Italien, der Schweiz oder der Türkei) einen Insolvenzgrund dar.[169] Wer sich seinen Gläubigern heimlich entzieht, kann diese offenbar nicht befriedigen. In England war der Flucht gleich gestellt, wenn der Schuldner sein Haus nicht mehr verließ. In der Schweiz und in Finnland ist bereits die Nichterfüllung einer titulierten Forderung nach dem ersten Vollstreckungsversuch ein Insolvenzgrund.[170]
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Faktisch ergibt sich ein Problem dann, wenn der ausländische Insolvenzantrag nach internationalem Kollisionsrecht in Deutschland nicht durchgesetzt wird, sowie dann, wenn eine Forderung, die nach ausländischem Recht tituliert ist, in Deutschland weder zur Vollstreckung angenommen noch bei den Berechnungen im Überschuldungsstatus berücksichtigt wird.
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Wenn eine Unternehmensgruppe vorliegt und deshalb eine Konzerninsolvenz in Frage steht, kommt ein Verfahren nach Art. 56 ff. EuInsVO (Rn. 31 ff.) oder, wenn es sich um den rein inländischen Fall einer Unternehmensgruppe handelt, weil alle gruppenangehörigen Schuldner ihren Sitz in Deutschland haben, das Konzerninsolvenzverfahren nach §§ 3 ff. InsO in Betracht (Rn. 34).
Anmerkungen
S. dazu oben Rn. 14.
Vgl. dazu NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 91; Wabnitz/Janovsky-Pelz 9. Kap. Rn. 4 f.; Achenbach/Ransiek/Rönnau-Wegner VII 1 Rn. 16 ff.
MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 63.
Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 1; Achenbach/Ransiek/Rönnau-Wegner VII 1 Rn. 16.
NK-StGB-Kindhäuser