Zur Überprüfung der Zuständigkeit bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung s. auch Schlothauer Hauptverhandlung, Rn. 224 ff.
Roxin § 7 A I.
KK-Scheuten § 1 Rn. 3.
KK-Scheuten § 1 Rn. 4.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › VIII. Zuständigkeitsrügen › 2. Rüge der sachlichen Zuständigkeit
2. Rüge der sachlichen Zuständigkeit
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Die sachliche Zuständigkeit[1] hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (§ 6). Um die Unzuständigkeit in der Revision geltend machen zu können, bedarf es daher keiner Rüge des Angeklagten. Allerdings sind die Möglichkeiten in der Revisionsinstanz sehr beschränkt. Die Entscheidung eines höheren statt eines niedrigeren Gerichts ist unschädlich,[2] wenn nicht Willkür vorliegt, insbesondere offensichtliche Gesetzwidrigkeit.[3] Hält das Gericht nach Beginn der Hauptverhandlung die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung für begründet, so verweist es die Sache durch Beschluss an das zuständige Gericht (§ 270 Abs. 1). Ein Einstellungsurteil nach § 260 Abs. 3 kommt in diesem Fall nicht in Frage. Dagegen schließt § 269 in Abweichung von § 6 die Abgabe der Sache an ein Gericht niederer Ordnung aus, wenn das Verfahren bereits eröffnet ist. Ein Gericht niederer Ordnung ist der Strafrichter im Verhältnis zum Schöffengericht.
Anmerkungen
Einen Überblick bieten Helm JA 2006, 389 und Wolf JR 2006, 232.
BGH 21, 334, 358; NStZ 1981, 296.
BGH StV 1995, 620; BGH NStZ 2009, 404: Meyer-Goßner/Schmitt § 270 Rn. 20.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › VIII. Zuständigkeitsrügen › 3. Rüge der örtlichen Zuständigkeit
3. Rüge der örtlichen Zuständigkeit
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Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich in erster Linie aus den Gerichtsständen des Tatortes (§ 7), des Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes (§ 8) und des Ergreifungsortes (§ 9). Sind danach mehrere Gerichtsstände örtlich zuständig, so kann die Staatsanwaltschaft wählen, bei welchem Gericht sie Anklage erheben will, so lange ihre Auswahl nicht auf unsachlichen, sich von gesetzlichen Maßstäben völlig entfernenden Erwägungen beruht.[1] Der Gerichtsstand der Ergreifung, der hauptsächlich bei Auslandstaten von Bedeutung ist, steht grundsätzlich gleichwertig neben den anderen Hauptgerichtsständen.[2] Er gilt auch für andere Straftaten, die der Beschuldigte vor seiner Ergreifung begangen hat, auch wenn er nicht wegen dieser Taten ergriffen wurde.[3] Bei Auslieferung des Beschuldigten aus dem Ausland ist der Ort des Grenzübergangs maßgebend.[4] Die örtliche Zuständigkeit prüft das Gericht bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen (§ 16 S. 1). Danach darf es seine Unzuständigkeit nur auf entsprechenden Einwand des Angeklagten hin feststellen. Dieser kann allerdings nur bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden (§ 16 S. 2, 3), spätestens im Anschluss an die Erklärung zu seiner Aussagebereitschaft.[5]
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Muster 3 Rüge der örtlichen Zuständigkeit
An das
Landgericht
…
In der Strafsache
gegen …
rüge ich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts X.
Mein Mandant ist angeklagt, seine Verlobte in H. durch Beibringung von Gift ermordet zu haben. Er wurde festgenommen, als er das Haus der Getöteten verließ. Die Staatsanwaltschaft hat jedoch nicht am Tat- und Ergreifungsort Anklage erhoben, sondern am Ort seiner Inhaftierung. Der Aufenthalt in der Untersuchungshaftanstalt B. begründet jedoch weder einen Wohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt eines Angeklagten.
Ich beantrage daher, das Verfahren durch Urteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO einzustellen und den Haftbefehl gegen meinen Mandanten aufzuheben.
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Hält das Gericht die Rüge für begründet, stellt es das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 durch Urteil ein. Eine Ausnahme soll nach der Rechtsprechung des BGH gelten, wenn ein bestehendes Prozesshindernis kurzfristig behebbar ist. Dann könne es „zweckmäßig“ sein, das Verfahren auszusetzen oder zu unterbrechen,[6] eine Auffassung, die nur schwer mit dem Gesetz in Einklang zu bringen ist. Eine Abgabe oder Verweisung an ein örtlich zuständiges Gericht ist, anders als bei §§ 6, 6a, im ersten Rechtszug ausgeschlossen.[7] Das Rechtsmittelgericht verweist die Sache nach § 328 Abs. 2 und § 355 an das örtlich zuständige Gericht, auch wenn dieses nicht zu seinem Bezirk gehört,[8] falls der Beschuldigte den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit in der ersten Instanz erhoben hat.[9]
Anmerkungen
H.M.; z.B. OLG Hamm NStZ-RR 1999, 16 m.w.N.
Meyer-Goßner/Schmitt § 9 Rn. 1; a.A. OLG Hamm NStZ-RR 1999, 16; Heghmanns StV 2000, 279.
BGH NStZ-RR 2007, 114.
BGH NStZ-RR 2007, 114.
BGH NStZ 1984, 128.
BGH StV 2000, 347, 348.
BGHSt 23, 82.
OLG Hamm wistra 2006, 37; Meyer-Goßner/Schmitt § 328 Rn. 6; SK-Frisch § 328 Rn. 18; a.A.