E. Schluss
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Der historische Rückblick offenbart, dass der im 19. Jahrhundert ausgebildete deutsche Strafprozess nicht auf einem konsistenten Prozessmodell beruht. Vielmehr verkörperten die Partikulargesetze ebenso wie die RStPO eine Mischform, „ein Konglomerat von heterogenen Bestandteilen“[189]. In der Mischung inquisitorischer und akkusatorischer Elemente liegt zum einen der Grund für divergierende Etikettierungen des heute geltenden Strafverfahrens. Als gängig erweist sich die Umschreibung „reformierter Strafprozess“[190], andere Autoren sprechen von einem „reformierten Inquisitionsprozess“[191], einem „reformierten Parteiprozess“[192] oder einem „Anklageprozess mit Ermittlungsgrundsatz“[193]. Zum anderen provoziert das Zwitterwesen des deutschen Strafprozesses seit seiner Entstehung Forderungen nach einer stärkeren Berücksichtigung bzw. „folgerichtigen“ (v. Liszt) Umsetzung des akkusatorischen Prinzips.[194] Sowohl die Diskussion über die Reform des reformierten Strafprozesses als auch bis in die Gegenwart unterbreitete Reformvorschläge sind so alt wie die Prozessform selbst.
Ausgewählte Literatur
Aschrott, Paul Felix (Hrsg.) | Reform des Strafprozesses. Kritische Besprechung der von der Kommission für die Reform des Strafprozesses gemachten Vorschläge, 1906 (zit.: Reform des Strafprozesses). |
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Bolder, Paul Otto | Der Versuch einer Reform des Strafverfahrens und der Strafgerichtsverfassung in den Jahren 1885, 1894 und 1895, 1934 (zit.: Reform). |
Carsten, Ernst | Die Geschichte der Staatsanwaltschaft in Deutschland bis zur Gegenwart. Ein Beitrag zur Reform des Strafprozesses, 1932 (zit.: Geschichte der Staatsanwaltschaft). |
Dettmar, Juliane Sophia | Legalität und Opportunität im Strafprozess. Reformdiskussion und Gesetzgebung von 1877 bis 1933, 2008 (zit.: Legalität und Opportunität). |
v. Gneist, Heinrich Rudolf | Vier Fragen zur Deutschen Strafproceßordnung mit einem Schlußwort über die Schöffengerichte, 1874 (zit.: Vier Fragen). |
Haeberlin, Carl Franz Wolff Jérôme | Sammlung der neuen deutschen Strafprocessordnungen, 1852 (zit.: Sammlung). |
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Herrmann, Joachim | Die Reform der deutschen Hauptverhandlung nach dem Vorbild des anglo-amerikanischen Strafverfahrens, 1971 (zit.: Reform der Hauptverhandlung). |
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Ignor, Alexander | Geschichte des Strafprozesses in Deutschland 1532–1846, 2002 (zit.: Geschichte des Strafprozesses). |
Intrator, Gerhard | Inhalt, Zweck und Schicksale des gescheiterten Strafprozeßentwurfs von 1908 unter besonderer Berücksichtigung der Gerichtsverfassung, 1934 (zit.: Strafprozeßentwurf von 1908). |
Küper, Wilfried | Die Richteridee der Strafprozeßordnung und ihre geschichtlichen Grundlagen, 1967 (zit.: Richteridee der Strafprozeßordnung). |
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Mittermaier, Carl Joseph Anton | Die Gesetzgebung und Rechtsübung über Strafverfahren nach ihrer neuesten Fortbildung, 1856 (zit.: Gesetzgebung). |
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Schubert, Werner | Die Entstehung der Strafprozessordnung von 1877, in: Schubert/Regge (Hrsg.), Entstehung und Quellen der Strafprozeßordnung von 1877, 1989, S. 1–44 (zit.: Entstehung). |
Schubert, Werner (Hrsg.) | Die deutsche Gerichtsverfassung (1869–1877), 1981 (zit.: Gerichtsverfassung). |
Schubert, Werner/Regge, Jürgen (Hrsg.) | Entstehung und Quellen der Strafprozeßordnung von 1877, 1989 (zit.: Quellen). |
Schubert, Werner (Hrsg.) |
Protokolle der Kommission
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