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In den nord- und mitteldeutschen Bundesländern ist in einem Gutachten (sog. A- und B-Gutachten) bezüglich aller aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung zu beziehen, bevor der praktische Teil gefertigt wird. Im Einzelnen:
Im ersten Schritt ist das sog. A-Gutachten anzufertigen, in dem der ermittelte Sachverhalt materiell-rechtlich geprüft werden soll. Dies dürfte Ihnen im Ausgangspunkt keine Schwierigkeiten bereiten, da Sie auf Ihre strafrechtlichen Kenntnisse aus dem 1. Staatsexamen zurückgreifen können. Neu ist, dass die Tatsachengrundlage beweisrechtlich gewürdigt werden muss. Im Rahmen der Würdigung der Beweismittel sind in diesem Zusammenhang insbesondere Beweisverwertungsfragen zu problematisieren. Auch können die Strafverfolgungshindernisse in der Klausur nunmehr eine bedeutende Rolle spielen.
Im zweiten Schritt sind im sog. B-Gutachten prozessrechtliche Überlegungen anzustellen. Am Ende der Klausur sind die Ergebnisse in einen praktischen Teil zu kleiden, der in der Regel in dem Verfassen einer Anklageschrift besteht. In einigen Bundesländern ist überdies die Abschlussverfügung zu fertigen.
Das A-Gutachten ist „der bedeutsamste Teil der Klausur“[4]; gemäß den Empfehlungen in den staatlichen Musterlösungen soll die Prüfungsleistung im A-Gutachten zwischen 55 % bis teilweise sogar 80 % in die Klausurnote einfließen.[5] Das B-Gutachten und der praktische Teil dürften hingegen im Regelfall gleichgewichtig sein. Zuletzt galt häufig die – wohlgemerkt: unverbindliche – Empfehlung der Justizprüfungsämter, dass bei der Gesamtbeurteilung der Klausur das A-Gutachten zu 70 %, das B-Gutachten zu 10 % – 15 % und der Praktische Teil zu 15 % – 20 % zu gewichten seien. Nach unserer Erfahrung sind diese Bewertungsmaßstäbe indes zu ergänzen: Sie sind gut beraten stets einen praktischen Teil abzugeben. Ohnedies kann eine Klausur nur dann gelingen, wenn Sie im A-Gutachten die erforderlichen Schwerpunkte gesetzt und einen praxistauglichen praktischen Teil abgegeben haben. Die im B-Gutachten abzuarbeitenden Aspekte sowie das Verfassen der Anklageschrift (insb. Formulierung des abstrakten und konkreten Anklagesatzes) sollten Sie im Schlaf beherrschen. Mit der Klausuraufgabe wird nicht zuletzt geprüft, ob Sie einen umfangreichen Sachverhalt unter großem Zeitdruck bewältigen können. Nur Mut, Sie können das lernen!
Dem Buch liegt die Struktur des nord- und mitteldeutschen Klausurtyps zugrunde. Soweit der Inhalt nicht sinngemäß auf den süddeutschen Klausurtyp übertragbar ist, wird auf die Unterschiede und Besonderheiten der dortigen Klausuranforderungen gesondert hingewiesen.
Anmerkungen
Weitner/Schuster, JA 2014, 612, 617.
Weitner/Schuster, JA 2014, 612, 616; im Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen („WE“) des Anklageentwurfs erfolgt die Darstellung der Tatbestände ausnahmsweise nur dann, wenn die Rechtslage kompliziert ist, etwa bei Änderung der Rechtsprechung, widerstreitender obergerichtlicher Rechtsprechung oder in Fällen juristischen Neulands.
Sollte das „WE“ erlassen sein, erfolgt die Beweiswürdigung im Hilfsgutachten, vgl. Weitner/Schuster, JA 2014, 59, 61.
Vgl. z.B. Hinweise des LJPA Celle, Nds. Vorbereitungsdienst, S. 96; ebenso Sachsen-Anhalt, S. 9.
Siehe auch Hagemeyer/Heller, JA 2017, 535, 540.
Erster Teil Der Aufbau des A-Gutachtens
Erster Teil Der Aufbau des A-Gutachtens
Inhaltsverzeichnis
Erster Abschnitt Prüfung des hinreichenden Tatverdachts
Zweiter Abschnitt Klausurrelevante Strafverfolgungshindernisse
Dritter Abschnitt Beweiswürdigung
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Die Darstellung des A-Gutachtens hat sich am Maßstab der Übersichtlichkeit zu orientieren. Zweckmäßig ist der Aufbau, der dem Leser den größtmöglichen Überblick verschafft. Etabliert haben sich die folgenden Grundsätze:
• | Historisch zusammenhängende Geschehensabläufe (= prozessuale Taten) sind gesondert darzustellen. |
Tipp:
Geben Sie den Abschnitten aussagekräftige Namen, ohne diese mit erst noch zu prüfenden gesetzlichen Merkmalen zu bezeichnen.
Beispiele: „Der Einbruch bei T“; „Die Prügelei zwischen A und B im Wald“ u.s.w.
• | Alternativ bzw. innerhalb eines Abschnitts kann die Einteilung nach den Beschuldigten sinnvoll sein (z.B. 1. Abschnitt: Der Einbruch bei O; A. Hinreichender Tatverdacht gegen M; B. Hinreichender Tatverdacht gegen C usw.). |
• | Achten Sie auf korrekte Gliederungsebenen (A., I., 1., a., aa., (1.)), die in besonderer Weise Übersichtlichkeit herstellen können. |
Innerhalb eines Sinnabschnitts sollten Sie die Delikte grundsätzlich chronologisch und die gewichtigen Strafvorschriften zuerst prüfen.
Erster Teil Der Aufbau des A-Gutachtens › Erster Abschnitt Prüfung des hinreichenden Tatverdachts
Erster Abschnitt Prüfung des hinreichenden Tatverdachts
Inhaltsverzeichnis
A. Gewährung des rechtlichen Gehörs, § 163a StPO