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Hauriou war der Auffassung, dass der service public, dessen Bedeutung er nicht in Abrede stellte, keine erstrangige Erklärung für die spezifische Besonderheit des Verwaltungsrechts liefern kann. Das, was dieses Rechtsgebiet kennzeichne, seien vielmehr die Prärogativen der öffentlichen Gewalt, die Handlungsmöglichkeiten, die über diejenigen des Zivilrechts hinausgehen und über die der Staat und andere öffentliche Körperschaften im Namen des Allgemeininteresses verfügen. Der Gebrauch dieser Prärogativen müsse mit den berechtigten Ansprüchen der administrés in Einklang gebracht werden. Hauriou begrüßte, dass sich bei dem vorzunehmenden Ausgleich dank einer Abmilderung oder eines Richtungswandels in der Rechtsprechung des Conseil d’État eine stärkere Berücksichtigung der Belange der administrés beobachten lasse.[44]
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Während der ersten fünfzehn Jahre des 20. Jahrhunderts fällte der Conseil d’État eine Reihe von Urteilen, die den recours pour excès de pouvoir als wirksames Instrument des Rechtsschutzes signifikant ausbauten. Er dehnte die Statthaftigkeit dieses Rechtsbehelfs aus, indem er annahm, dass ganz unterschiedliche natürliche und juristische Personen ein hinreichendes Interesse daran haben können, die Aufhebung der sie betreffenden Maßnahmen zu verlangen: die Steuerzahler der Gemeinden und der Departements, die Benutzer von services publics, die Gewerkschaften oder die Angestellten der Verwaltungen oder öffentlichen Körperschaften, gegen die Disziplinarmaßnahmen verhängt oder die entlassen werden. Die gewählten örtlichen Amtsträger konnten nunmehr die Entscheidungen anfechten, die von den Aufsichtsbehörden (autorités de tutelle) getroffen wurden. Die Zulässigkeit des recours pour excès de pouvoir wurde auch dann als gegeben angesehen, wenn dem Beschwerdeführer ein anderer gerichtlicher Rechtsbehelf zur Verfügung stand. Weitere Typen von Maßnahmen konnten zum Gegenstand dieser Aufhebungsbeschwerde gemacht werden, etwa Verordnungen der öffentlichen Verwaltung, die mit der Kompetenz des Präsidenten der Republik erlassen worden waren, oder unilaterale Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Vertrag, der von einer öffentlichen Körperschaft geschlossen worden war. Darüber hinaus wurden zusätzliche Rechtswidrigkeitsgründe zugelassen, etwa eine unzutreffende Tatsachengrundlage oder deren fehlerhafte rechtliche Bewertung.
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Im Bereich der Verträge ließ der Conseil d’État allerdings das Interesse des service public über die Vertragstreue obsiegen: Er räumte der Verwaltung die Befugnis ein, einseitig die Pflichten ihres Vertragspartners zu modifizieren sowie den Vertrag zu kündigen, allerdings unter dem Vorbehalt der Entschädigung des betreffenden Vertragspartners. Die Regeln für den Fall der Verletzung vertraglicher Pflichten wurden entsprechend angepasst. Der Conseil d’État fällte jedoch 1912 auch eine Entscheidung, welche die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit einschränkte: Diese hat nicht über Verträge zu urteilen, die „nach den Regeln und Konditionen“ geschlossen wurden, die „zwischen Privatpersonen zustande kommen“. Auf diese Weise kann ein Vertrag, der im Interesse des service public geschlossen wurde, dem Privatrecht unterliegen und in die Zuständigkeit des Richters der ordentlichen Gerichtsbarkeit fallen. Diese Möglichkeit besteht allerdings nicht, wenn der Vertrag eine Klausel enthält, die das Privatrecht nicht vorsieht; dann bleibt es bei der Zuständigkeit des Conseil d’État.[45] Die einschlägige Entscheidung in der Rechtssache Société des granits porphyroïdes des Vosges, welche die Lieferung von Pflastersteinen an eine Gemeinde zum Gegenstand hatte, wurde paradoxerweise in Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen eines commissaire du Gouvernement getroffen, der sozialistischen Ideen verhaftet war, nämlich Léon Blum, der später Präsident des Ministerrates (Conseil des ministres) werden sollte.[46] Sie erwies sich als ein coup d’arrêt für die Fortentwicklung der Effekte, die mit dem Begriff des service public verbunden waren, und dies am Vorabend des tragischen Geschehens, das eine alte Bedeutung des Ausdrucks „service public“ wieder aufleben lassen sollte: jene des Dienstes, den der Bürger für sein Vaterland leistet.
Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen › § 43 Staat, Verwaltung und Verwaltungsrecht: Frankreich › IV. Das Schicksal des Verwaltungsrechts seit dem Ersten Weltkrieg
1. Die unmittelbaren Folgen des Krieges
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Der Krieg von 1914 bis 1918 führte zu einer außergewöhnlichen Ausweitung der Aktivitäten der Verwaltung, im militärischen und mehr noch im zivilen Bereich. Die Regierungen sahen sich gezwungen, ihre Interventionen zu vervielfachen. Die Wirtschaftsförderung des 19. Jahrhunderts, das „wirtschaftliche und soziale Protektorat“[47], wurde durch einen veritablen Wirtschaftsdirigismus abgelöst. Neue Ministerien wurden geschaffen, etwa für Rüstung und für Nachschub, und das Handelsministerium erhielt Kompetenzen zur Regelung unzähliger wirtschaftlicher Fragen. Der Staat wurde vermittels der Unternehmen, an denen er beteiligt war, zum Transporteur, Versorger und Versicherer. Das Los der unmittelbaren und der mittelbaren Opfer des Krieges war Anlass für die Schaffung von weiteren Ministerien, mannigfaltigen Organisationseinheiten und Diensten.
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Um ihren Aufgaben nachzukommen, machte die vollziehende Gewalt beständig von ihrer Verordnungsbefugnis Gebrauch: Gesetzliche Vorschriften wurden durch einfache Dekrete modifiziert, suspendiert oder abrogiert, dies teilweise mit, teilweise aber auch ohne vorherige Ermächtigung des Parlaments. Der Conseil d’État bestätigte die Gültigkeit eines solchen Dekrets, das ohne parlamentarisches Einverständnis erlassen und nicht durch ein späteres Gesetz gebilligt wurde. Er berief sich auf die Verfassung der Dritten Republik, die den Präsidenten der Republik an die Spitze der Verwaltung stellte und ihn damit beauftragte, die Ausführung der Gesetze sicherzustellen, was es einschloss darüber zu wachen, dass die services publics trotz der Schwierigkeiten, die durch den Krieg hervorgerufen wurden, funktionstauglich blieben. Mit der Heyriès-Entscheidung vom 28. Juni 1918 erhielt die Idee höchstrichterlichen Segen, dass außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen können, die allgemeinen Regeln in Bezug auf die Zuständigkeit für den Erlass von actes administratifs sowie in Bezug auf deren Form und Inhalt unangewendet zu lassen.[48] Die Praxis der Gesetzesverordnungen (décrets-lois) weitete sich in der Dritten und sogar in der Vierten Republik aus,[49] ungeachtet der Vorschrift des Art. 13 der Verfassung von 1946, wonach allein die Nationalversammlung (Assemblée nationale) das Gesetz verabschiedete und dieses Recht nicht delegieren konnte. Erst die geltende Verfassung der Fünften Republik aus dem Jahre 1958 ermöglicht ausdrücklich diese Praxis. Deren Art. 38 erlaubt der Regierung, sich dazu ermächtigen zu lassen, durch Verordnung Maßnahmen im Bereich des Gesetzes vorzunehmen. Der Conseil d’État prüft die Gültigkeit dieser Verordnungen anlässlich eines recours pour excès de pouvoir, solange sie nicht vom Gesetzgeber bestätigt worden sind. Die Rechtsprechung zu den sog. „außergewöhnlichen Umständen (circonstances exceptionelles)“ wurde durch den Conseil d’État fortentwickelt und präzisiert. Sie existiert neben den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben, welche die Behörden in die Lage versetzen sollen, Krisensituationen zu bewältigen.
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Der Erste Weltkrieg bescherte zahlreiche weitere, für die Fortentwicklung des Verwaltungsrechts bedeutende Gerichtsentscheidungen. Das Urteil vom 30. März 1916, bekannt geworden unter dem Namen Du