Ich schlüpfe in deine Haut. Dawn Baumann Brunke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dawn Baumann Brunke
Издательство: Автор
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783946433361
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Samoyans. Sobald ich ihn auf dem Arm hielt, war die Sache gelaufen. Diesen warmen, sich sträubenden Welpen würde ich nicht mehr hergeben. Es geschah so schnell und ohne bewusst nachzudenken, und trotzdem fühlte es sich absolut richtig an …

      Das heißt, bis wir in unseren Kleinlaster eingestiegen waren. Barney warf einen Blick auf den Welpen und wandte sich von mir ab. Er hielt sich an Bob (der ihm nie besonders nahegestanden hat) und weigerte sich für den Rest des Tages, mir oder dem Neuankömmling auch nur einen Funken Beachtung zu schenken. Doch der Welpe, den wir Zak tauften, hatte ganz andere Pläne. Er jonglierte wie ein kleines Kind, das einen mürrischen Opa zum Spielen verleiten will, mit seinen Spielsachen vor Barneys Nase. Als das nicht fruchtete, sprang Zak hoch, packte Barney am Halsband und versuchte, so mit ihm durch den Garten zu spazieren. Es dauerte nicht lange, bevor Barney Zak und mir nachgab. Innerhalb weniger Tage waren wir wieder gute Freunde.

      Barney und Zak halfen uns dabei, unsere Tochter Alyeska auf der Welt willkommen zu heißen. Beide Hunde waren dem neuen Baby gegenüber sanft und rücksichtsvoll. Sie wurden Alyeskas erste Spielkameraden und gehörten zwei Jahre später zu unserer Familienkarawane, als wir unseren Suburban vollpackten und quer durchs Land in Richtung Nordwesten nach Alaska zogen.

      Trotz Umzug und Unsicherheiten (keine Jobs, kein Zuhause) waren Barney und Zak zuverlässige Beschützer und Freunde. Als wir uns schließlich niedergelassen hatten, lernten sie die Hunde aus der Nachbarschaft kennen und legten ihre eigenen Aufgaben in unserem neuen Zuhause fest. Danach fingen sie ihre tiefer schürfende Arbeit gemeinsam mit mir an.

      Ich wurde die Herausgeberin einer Zeitschrift für Gesundheit, Wellness und Spiritualität. Eines Tages fiel mir der Artikel einer Autorin aus Anchorage in die Hände, die mit Tieren sprach. Die Vorstellung gefiel mir, und so interviewte ich die Frau und fand heraus, dass es noch mehr dieser »Tierkommunikatoren« gibt, die ihre eigenen Gedanken beiseitelegen und sich dadurch in die Gedanken, Gefühle und das Bewusstsein anderer Lebewesen hineinversetzen und wie bei einer normalen Unterhaltung mit ihnen kommunizieren können.

      Verschiedene Wege, die Welt zu sehen und vor allem herauszufinden, wie unterschiedliche Kulturen Sprache, Kunst und Religion nutzen, um über Spirituelles zu reden und es zu verstehen, haben mich schon immer interessiert. Der Gedanke, die Welt aus der Sicht eines Tiers zu sehen, war daher für mich eine faszinierende Vorstellung. Ich nahm Kontakt zu anderen Kommunikatoren auf und schrieb ein paar Artikel darüber, während ich immer wieder Fragen stellte: Über welche Dinge reden Tiere? Welches besondere Wissen oder Weisheiten besitzen sie? Was halten sie von uns Menschen? Wenn sie uns mitteilen könnten, was sie uns wissen lassen wollen, was wäre es?

      Einige der Tierkommunikatoren ließen mich durch sie Tiere interviewen. Ich stellte Pferden und Lamas, Hunden und Katzen, Delfinen und Walen Fragen. Auch wenn ich überzeugt war, dass die meisten der Kommunikatoren echt waren und ihre Gespräche aufrichtig führten, fragte ich mich, wie »real« diese Vorstellung, mit Tieren zu sprechen, wohl sein konnte.

      Als ich anfing, ein Buch darüber zu schreiben, wurde ich von der Journalistin zur Forscherin, von der Zweiflerin zur faszinierten Reisenden in eine neue Welt. Ich wechselte von Ungläubigkeit zu Staunen zu plötzlicher Erleuchtung – und fiel wieder in die Unsicherheit zurück. Allmählich machte ich bei der Kontaktaufnahme mit Tieren meine eigenen Erfahrungen. Ich konnte nachvollziehen, was die Kommunikatoren mir sagten: Es war, wie wenn man einen inneren Schalter umlegt, und es erinnerte mich an eine andere Lebensweise. Ich fand heraus, dass ich, wenn ich die Augen schloss, oberflächliches Geschnatter im Kopf losließ und mich sanft und mit offenem Herzen konzentrierte, Tiere auf eine Weise kennenlernen konnte, bei der wir unsere Gefühle, Gedanken und Vorstellungen teilten. Es überraschte mich oft, wie verschiedenartig und ungewöhnlich ihre Sichtweisen waren, vor allem im Vergleich zu meinen Erwartungen. Es war ein Prozess, der entspannte und Spaß machte, bei dem ich mich genügend öffnete, um die Welt auf eine neue und andere – und oft auf eine viel lebendigere – Art zu sehen.

      Auch hatte ich die Fähigkeit entwickelt, die Gefühle, Bilder und Sinneswahrnehmungen in Worte zu fassen, die durch mein Bewusstsein strömten, während ich auf tieferen Ebenen mit Tieren Verbindung aufnahm. Verstehen Sie mich nicht falsch – manchmal wurde es eine ziemlich mühsame Angelegenheit. Dann kämpfte ich mit Selbstzweifeln, redete mir ein, ich hätte eine blühende Fantasie oder würde Dinge projizieren. Auch wenn die meisten Tierkommunikatoren vor allem in den Anfangsphasen, wenn die Erinnerung an diese Fähigkeit zurückkehrt, die wir alle besitzen, ähnliche Selbstzweifel hegen, fiel es mir schwer, manche der erstaunlichen Informationen zu glauben, die ich in den Gesprächen erhielt.

      Zum Glück halfen Barney und Zak mir gern. Meistens griffen sie dann ein, wenn ich es am wenigsten erwartete – ein guter Plan, um die Fesseln meiner überholten und einengenden Überzeugungen zu sprengen und mich hinaus aufs freie Feld des erweiterten Bewusstseins zu zerren. Heimliche Zweiflerin, die ich immer noch war, bat ich sie um Beweise dafür, dass das, was ich von den Tieren hörte, »wahr« war. Mir wurden immer wieder Dinge erzählt, die ich nicht von mir aus wissen konnte, Details, die die Besitzer der Tiere hinterher bestätigten. Es ist schon ein merkwürdiges Spielchen, was wir Menschen treiben – wir trauen unseren eigenen Erfahrungen erst dann, wenn andere sie uns bestätigt haben.

      Allmählich lernte ich jedoch, den Vorgang zu akzeptieren. Es war Barney, der mein größter Lehrer und Führer wurde, mein Freund, der mir Mut machte, und mein Vertrauter, der mich unterstützte. Er drängte mich oft – so sanft, wie nur ein liebevoller, kluger, unvoreingenommener Hund es kann –, die selbst auferlegten Überzeugungen und gesellschaftlichen Muster abzulegen, die mir von der Sprache, Kultur, Erziehung, Familie und Freunden aufgezwungen worden waren. Barney forderte mich auf, in der Tiefe zu graben und nach Verknotungen zu suchen, die mich fesselten oder für bestimmte Dinge blind machten. Und er wies mich immer wieder an, mich »für Erfahrungen – den großen Lehrer – offen zu sein«, wie er es gern ausdrückte.

      Barney zeigte mir auch meine Ängste auf. Er forderte mich auf, bewusst in der Gegenwart zu leben und die tieferen Wurzeln der Ursachen, warum ich so gern vor bestimmten Vorstellungen oder Erlebnissen davonlief, zu ergründen. Ich habe Barney nie als scheues oder ausweichendes Wesen erlebt. Stattdessen legte er die Karten auf den Tisch und ermutigte andere, sich auf dieselbe Weise kennenzulernen – mit klarem Blick, wachem Geist, offenem Herzen – mutig und liebevoll im Spiegel ihres Selbst.

      DIE ERSTAUNLICHSTE REISE VON ALLEN

      Lass uns mit einer kurzen Einführung in das Thema Sterben anfangen, sagte Barney eines frühen Morgens, während er sich unter meinen Schreibtisch legte und mit der Schnauze meinen Fuß wegschob. Barney und ich hatten eine Abmachung getroffen: Wenn er sich unter meinem Schreibtisch niederließ, war das das Zeichen für eine Unterhaltung.

      Am besten wäre es, sich dieses Thema als einen Übergang oder eine Reise vorzustellen, statt als etwas Endgültiges oder ein Ende, fuhr er fort. Die Reise ist wie ein Schütteln, wie wenn ein nasser Hund sich schüttelt, um das Wasser aus dem Fell zu entfernen.

       Es gibt viele Wege, die wir nehmen können. Ich möchte von Anfang an betonen, dass es eine Hauptstraße zum Tod – oder Umwandlung der körperlichen Gestalt – gibt, aber auch zahlreiche Nebenstraßen, die man stattdessen nehmen kann.

       Ich bereite mich nun auf mein Ende im irdischen Körper des Hundes Barney vor. Es ist, wie wenn ich eine Seite umblättere, ein Buch schließe, von einem Zimmer ins andere gehe, meine Aufmerksamkeit kurz von Barney dem Hund abwende, um mich auf einen anderen Aspekt des Seins zu konzentrieren.

       Ach, es gibt so viel darüber zu sagen! Deswegen würde ich dich jetzt gern mit dem Bild einer Straße, die zum Tod führt, allein lassen. Das ist der Hauptweg ans Ziel dieser bestimmten Konstellation von Raum/Zeit/Sein. Aber während wir uns auf dieser Straße befinden, nehmen wir zahlreiche Nebenstraßen, um diese erstaunlichste Reise von allen vollständiger zu besprechen und zu würdigen.

      An jenem Morgen beendeten wir das Gespräch an diesem Punkt. Es waren nur sechs Wochen, bevor ich ihn hinter dem Räucherofen fand, wo er sich zum Sterben hingelegt hatte, nur wenige Tage vor seinem Tod. Auch wenn Barney und ich über die Jahre viele tiefsinnige Unterhaltungen geführt hatten (und ich in dieser Zeit herausfand,