Abschnitt 2 – Perspektive Betriebsrat
I. Vorbemerkung
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Die Frage des Vorliegens einer Betriebsänderung hat im Betriebsverfassungsrecht primär Relevanz für die Frage der Interessenausgleichs- und Sozialplanpflicht gem. §§ 111ff. BetrVG und damit zusammenhängender Unterrichtungs-, Beratungs- und Verhandlungspflichten. Aber auch für die Frage der Unterrichtungspflicht des Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG sowie des Inhalts eines Verschmelzungsvertrags nach § 5 Abs. 1 Ziff. 9 UmwG („Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen“) erlangt der Begriff Relevanz. Das Vorliegen von Betriebsänderungen wird also oft im Interesse der Betriebsräte sein. Gelegentlich dreht sich dies, etwa, wenn der Arbeitgeber eine Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG zur erleichterten Kündigung von Arbeitnehmern anstrebt oder wenn in bestimmten Bereichen tariflicher Sonderkündigungsschutz beim Vorliegen einer Betriebsänderung entfällt.1
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In anderen Rechtsbereichen taucht der Begriff der Betriebsänderung ebenfalls auf, hat dort aber in der Regel eine andere Bedeutung. Die „eine“ themenübergreifende gesetzliche Definition gibt es nicht und kann es nicht geben. Aber selbst im arbeitsrechtlichen Zusammenhang existiert keine gesetzliche Definition.
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Ob letztlich bei einer Umstrukturierung eine interessenausgleichs- und sozialplanpflichtige Betriebsänderung vorliegt, wird in der Praxis jedoch selten gerichtlich abschließend geklärt. Für die Einsetzung einer Einigungsstelle genügt es nach § 100 ArbGG ja, dass diese nicht offensichtlich unzuständig ist. Wenn also eine Betriebsänderung nicht auszuschließen ist, ist eine Einigungsstelle einzusetzen. Die Einigungsstelle hat dann selbst ihre endgültige Zuständigkeit zu prüfen, was sie wiederum in der Regel im Rahmen einer Endentscheidung in der Sache macht. Das wiederum führt dazu, dass Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Einigungsstelle statistisch gesehen eher selten sind.
II. Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG
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§ 111 Satz 1 spricht von „Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können“, und Satz 3 davon, dass „als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1“ die dort aufgeführten Fälle „gelten“. Dies spricht dafür, dass der allgemeine Begriff der Betriebsänderung hier im Satz 1 vorausgesetzt wird und sich nicht allein aus § 111 BetrVG bzw. dem dortigen Satz 3 alleine ergibt.2 Das ist nicht unumstritten, soll weiter unten vertieft werden.
1. Unternehmensgröße von in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern als Grundvoraussetzung der Anwendung von § 111 BetrVG
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Das Gesetz fordert als Grundvoraussetzung für die Anwendung von § 111 BetrVG seit 2001, dass ein „Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern“ vorliegt. Zuvor war eine entsprechende Betriebsgröße als Voraussetzung normiert gewesen. Auf den Begriff der Betriebsänderung selbst hat das aber keine Auswirkung.3 Hintergrund der Schwelle hier ist der Wille des Gesetzgebers, die wirtschaftliche Belastung kleinerer Unternehmen gering zu halten. Daher wurde folgerichtig hier die Betriebsgröße durch Unternehmensgröße ersetzt.
a) Unternehmen
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Das Unternehmen ist (zunächst) gleichzusetzen mit dem Arbeitgeber im rechtlichen Sinne.4 Das ist in vielen Fällen einfach und schnell zu klären.
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Es gibt aber auch Sonderfälle. Gleichzusetzen mit dem einfachen Grundfall sind auch Fälle, in denen ein Unternehmen an sich die Grenze nicht erreicht, aber an einem Gemeinschaftsbetrieb beteiligt ist, der insgesamt die 21-Personen-Grenze erreicht. Zur Gesetzeslage vor 2001 hatte das BAG dies bereits entschieden. Der jetzige Unternehmensbezug sollte als Verbesserung für die Arbeitnehmerseite dienen, sodass dies auch unter der neuen Rechtslage weiter gelten muss.5 Dies wird auch durch die Auffassung der Rechtsprechung bei § 106 BetrVG (Wirtschaftsausschuss) und § 99 BetrVG (Versetzung) gestützt.6 Falsch hingegen wäre der Umkehrschluss, dass bei zu kleinem Gemeinschaftsbetrieb trotz hinreichender Unternehmensgröße die Anwendung von §§ 111ff. entfallen würde.7 Dies wäre eine Einschränkung entgegen dem Schutzzweck und auch dem Gesetzeswortlaut.
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Im eher seltenen Fall einer unternehmensübergreifenden Vertretungsstruktur nach § 3 Abs. 1 Ziff. 3 BetrVG kann die Vertretungseinheit herangezogen werden.8 Nach hiesiger Auffassung kann dies aber nur hilfsweise erfolgen, wenn die Unternehmensgröße nicht bereits genügt. Es geht ja um eine vom Zweck der Norm her erfolgende Ausweitung