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Eine Darstellung, welche (Aufsichts-)Maßnahmen im Rahmen der Good Corporate Governance unterschiedlicher Unternehmen, die teilweise einem völlig anderen Regelungsregime unterliegen, erforderlich, zulässig und zumutbar und damit „best practice“ sind, würde den Rahmen dieses Beitrages jedoch sprengen, so dass insoweit auf die unterschiedlichen Kapitel dieses Handbuches sowie weiterführend auf die Kommentarliteratur zu § 130 OWiG verwiesen werden muss.
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Umstritten ist auch die Frage, ob § 130 OWiG in einem Konzernsachverhalt im Falle eines Fehlverhaltens der Tochtergesellschaft auch die Verhängung einer Geldbuße gegen die Konzernobergesellschaft ermöglicht. Das Bundeskartellamt bejaht diese Frage, die Rechtsprechung sieht dies allerdings durchaus differenzierter. Das OLG München hat insoweit unlängst befunden, dass eine dahingehende gesellschaftsrechtliche Aufsichtspflicht nur im Falle konkreter Weisungen der Konzernobergesellschaft angenommen werden kann.206
V. Strafrechtliche Risiken der Non-Compliance für das Unternehmen
1. (Unternehmens-)Strafrecht
a) Überblick
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Nach einigen gescheiterten Initiativen zur Schaffung eines echten Unternehmensstrafrechts207 hat die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) am 16.6.2020 den lange erwarteten Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ vorgelegt, das in seinem Art. 1 den Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG-E) enthält. Mittels des VerSanG soll zukünftig die Verhängung empfindlicher – im schlimmsten Fall existenzbedrohender – Sanktionen möglich werden. Je nach Unternehmensgröße und Tat ist es denkbar, dass zukünftig Strafzahlungen in Milliardenhöhe, die bislang eher aus dem europäischen Kartellrecht und ausländischen Rechtsordnungen bekannt sind, auch in deutschen Straf- bzw. Sanktionsverfahren Realität werden. Nach Art. 15 VerSanG-E soll das Gesetz zudem erst zwei Jahre nach Verabschiedung in Kraft treten, um den Behörden und den Unternehmen ausreichend Zeit für die Umsetzung einzuräumen. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war das Gesetz noch nicht verabschiedet. Nach einer kontroversen Diskussion auch im Bundesrat hat die Bundesregierung die Einwände der Verbände und auch des Bundesrates größtenteils verworfen und unter dem 21.10.2020 den finalen Entwurf dem Bundestag zur Beschlussfassung vorgelegt. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war das Gesetz noch nicht verabschiedet.
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Doch auch unabhängig von der Geltung des Verbandssanktionengesetzes existierte bereits zuvor de facto ein effektives „Unternehmensstrafrecht“ i.w.S. über die Vorschriften der Verbandsgeldbuße aus § 30 OWiG sowie der Einziehung aus den §§ 73ff. StGB und § 29a OWiG sowie der Nebenbeteiligung des Unternehmens im Strafverfahren, mit denen Unternehmensgeldbußen verhängt und Umsätze aus strafrechtlich bemakelten Geschäften abgeschöpft werden konnten. Für den Fall einer Straftat als sog. „Bezugstat“ und damit Anknüpfungspunkt einer Sanktionierung des Unternehmens würde das VerSanG nach seinem Inkrafttreten die Regelung der Verbandsgeldbuße aus § 30 OWiG verdrängen, im Falle einer Ordnungswidrigkeit als Bezugstat jedoch bliebe § 30 OWiG weiterhin anwendbar.
b) Verbandssanktionengesetz208
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Das Verbandssanktionengesetz soll die Sanktionierung von Verbänden wegen Straftaten ermöglichen, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte (sog. „Verbandstaten“). Für solche Verbandstaten schafft das Gesetz mit der Verbandssanktion eine eigenständige Sanktionsart, die die bereits vorhandenen Elemente der Verbandsgeldbuße aufgreift und weiterentwickelt. Als Verbandssanktionen sieht § 8 VerSanG die „Verbandsgeldsanktion“ und die „Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt“ vor. Als weitere Folge kann daneben nach § 14 VerSanG die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung angeordnet werden, das sog. „Naming and Shaming“.209
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Nach § 9 Abs. 1 VerSanG kann eine Verbandsgeldsanktion grundsätzlich bis zu einer Höhe von 10 Mio. EUR verhängt werden. Um aber auch große Unternehmen und multinationale Konzerne adäquat treffen zu können, ermöglicht das Gesetz für Unternehmen mit einem Konzernumsatz von mehr als 100 Mio. EUR p.a. die Erhöhung der Geldsanktion bis zu einer Obergrenze von zehn Prozent des Jahresumsatzes. In der Praxis bedeutet das, dass es im Falle der Sanktionierung der deutschen Beteiligungsgesellschaften eines ausländischen Konzerns nicht auf den kleineren Umsatz der deutschen Beteiligung ankommt, sondern – bei Vorliegen der Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit – auf den weltweiten Gesamtumsatz des Konzerns. Für fahrlässige Verbandstaten ist der Bußgeldrahmen jeweils halbiert.
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Die Verbandsgeldsanktion soll jedoch (anders als die Verbandsgeldbuße nach § 30 OWiG) nicht zugleich das aus der Verbandstat erlangte Vermögen abschöpfen; die Abschöpfung des durch die Verbandstat Erlangten erfolgt daher in der Zukunft neben der Sanktionierung nach den Vorschriften über die Einziehung gem. §§ 73ff. StGB. Als reine „Sanktion“ ist die Verbandsgeldsanktion daher, wie die Geldstrafe bei natürlichen Personen, nicht steuermindernd als Betriebsausgabe absetzbar.210
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Voraussetzung der Sanktionierung ist eine sog. „Verbandstat“, also eine betriebsbezogene strafbare Handlung einer Leitungsperson (z.B. Vorstand, Geschäftsführer, Bereichsleiter o.Ä.) oder eine Aufsichtspflichtverletzung, durch die eine Straftat eines Mitarbeiters oder auch eines externen Dritten, der dem Direktions- und Weisungsrecht des Unternehmens unterliegt, ermöglicht oder begünstigt wurde und die durch Aufsicht und angemessene Compliance-Maßnahmen hätte verhindert oder wesentlich erschwert werden können. Solche Verbandstaten können sämtliche unternehmensbezogenen Straftaten sein, insbesondere typische Wirtschaftsstraftaten (etwa Betrug, Geldwäsche, Korruption, Kapitalmarktdelikte), Steuerstraftaten, aber auch Umweltdelikte oder Fahrlässigkeitsverstöße im Zusammenhang mit Betriebsunfällen.
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Schließlich sieht das VerSanG in den §§ 54ff. die Schaffung eines „Verbandssanktionenregisters“ vor, in das jede rechtskräftige Verhängung einer Verbandssanktion sowie zudem jede Verbandsgeldbuße aus § 30 OWiG oberhalb 300,00 EUR eingetragen wird.
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Das VerSanG schafft jedoch auch ganz konkrete Anreize nicht nur für die Selbstreinigung des Unternehmens durch Aufklärung, sondern auch für die Einführung von Compliance-Maßnahmen.211 Führt ein Unternehmen eine „verbandsinterne Untersuchung“ nach den Maßgaben des VerSanG durch, kooperiert mit den Ermittlungsbehörden und legt die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft offen, sind erhebliche Vergünstigungen im weiteren Sanktionsverfahren für das Unternehmen möglich, die Sanktionsobergrenze kann halbiert werden, die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung entfällt und es kommt die Verhängung „nur“ einer sogenannten Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt in Betracht, quasi einer Geldsanktion auf Bewährung. Schließlich kann die Sanktion im schriftlichen Verfahren erfolgen, eine publizitätsträchtige Hauptverhandlung vor Gericht kann vermieden werden.
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Eine weitere Motivation für die Implementierung eines Compliance Managements ist die Möglichkeit, die Verbandsgeldsanktion quasi zur Bewährung auszusetzen (die Erteilung einer sog. „Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt“) und dem Unternehmen – quasi als Bewährungsauflage – die Weisung zu erteilen, „bestimmte Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten zu treffen und diese Vorkehrungen durch Bescheinigung einer sachkundigen Stelle nachzuweisen“ (§ 13 Abs. 2), was nichts anderes bedeutet, als ein Compliance-Management-System einzuführen.212
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