Du weißt doch, Frauen taugen nichts. Berthold Kogge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Berthold Kogge
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844254457
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mit noch mehr Freunden von Carola und Petra. Auch wenn es ein gemütlicher Abend wurde, fühlte ich mich ausgeschlossen. Wenn man einmal davon absah, dass zwei Leute Gitarre spielten und die Leute, zumindest die, die die Lieder kannten, dazu sangen, war es eine reine Klickenfeier. Es war keine große Gruppe, in der jeder jeden kannte, sondern es waren einzelne Klicken, jeweils mit zwei bis vier Leuten, die sich untereinander kannten und sich entsprechend unterhielten. Im Stillen beneidete ich den jungen Mann, der mit seiner Freundin als Erstes hier als Gast erschienen war. Er kannte, wie ich auch, niemanden, hatte aber das Glück, dass sich seine Freundin, selbst wenn sie sich mit anderen unterhielt, ihn mit einbezog und zärtliche Gesten ihm gegenüber zeigte, so wie man es bei frisch verliebten oft sah. Ich dagegen fühlte mich nicht von der Gruppe, auch ich quatschte mit einigen von denen, sondern von Carola ausgeschlossen. Sie beachtete mich fast den ganzen Abend gar nicht. Erst als die Gäste gegangen waren, taute sie wieder etwas auf. Allerdings längst nicht so, wie in Lübeck.

      Es war schon komisch mit ihr. Immer wenn Bekannte und Freunde von ihr in Sichtweite waren, scheute sie sich Gefühle zu zeigen.

      Nach der langen Feier schliefen wir am nächsten Morgen bis in die Puppen, bevor wir aus dem Bett krochen. Während Carola und ich alleine im Badezimmer waren, war Carola wieder so, wie ich sie mochte. Wir duschten gemeinsam seiften und brausten uns gegenseitig ab, trockneten uns ab, putzten nebeneinander vorm Spiegel die Zähne. Erst als wir wieder mit den anderen zusammen am Frühstückstisch saßen, war sie wieder richtig distanziert.

      Es war Sonntag und die Sonne schien. Carola und ich ließen die anderen alleine in der Wohnung zurück, und machten uns auf zu einem Stadtbummel. Obwohl Carola schon fast ein Jahr in Hannover wohnte, hatte sie selbst bis jetzt kaum Gelegenheit gehabt, sich hier umzuschauen. Somit erkundigten wir beide gemeinsam ihre neue Heimatstadt, die auch bald meine werden sollte.

      Das Rathaus, die Altstadt, den Fluss Leine, an dem man wunderbar spazieren gehen konnte, die Grünanlagen. Wir waren mit der Straßenbahn in die Innenstadt gefahren, und bummelten nach der Stadtbesichtigung gemütlich zu Fuß zurück zu ihrer Wohnung. Während dieses Stadtbummels war Carola wieder so, wie ich sie aus Lübeck kannte. Es war ein toller Tag mit ihr.

      Wir kamen an einem Zirkuszelt, einer sehr berühmten Artistengruppe vorbei, der hier gastierte. Britta hatte zum Geburtstag zwei Karten für eine Vorstellung der Gruppe geschenkt bekommen, und wollte mit Carola in den nächsten Tagen in die Show gehen. Ein Plakat hing am Zaun, mit schönen muskulösen Männern, in eng anliegenden Artistenkostümen, die an verschiedenen Geräten durch die Luft flogen.

      „Es gibt zwei Arten von Männern“, kam es auf einmal von Carola, als wir uns das Plakat anschauten. „Welche zum Anschauen und welche zum Heiraten.“

      Dabei grinste sie mich an, gab mir einen Kuss, und ging mit mir Hand in Hand weiter. Ich schaute sie auch grinsend an, und schwenkte voller Übermut ihren Arm.

      Das Leben kann wirklich toll sein.

      Kaum aber waren wir wieder in Carolas Wohnung, war sie so zurückhaltend, wie am Tag zuvor. Am folgenden Tag fuhren wir alle wieder in ihre Praxis, um diese weiter einzurichten. Carola und Britta mussten so schnell wie möglich mit der Einrichtung fertig werden. Sie mussten endlich Geld verdienen. Das ersparte und geliehene Geld zerrann zwischen ihren Fingern. Ich fand es toll, auch wenn Carola wieder sehr zurückhaltend war, mit ihr zusammen zu sein, und kümmerte mich unter anderem um die Telefonanlage, die sich lange weigerte so zu funktionieren, wie sie es laut Beschreibung tun sollte.

      Als ich, weil etwas nicht funktionierte, leise zu mir selbst fluchte, reagierte Carola richtig aggressiv. „Wenn du das nicht machen willst, lass es doch sein“, kam es von ihr sauer.

      „Was ist denn mit dir los“, lachte ich sie an und auch leicht schelmisch aus „Fluchst du nicht vor dich hin, wenn etwas nicht so funktioniert, wie du es willst? Wieso hast du denn schlechte Laune?“

      „Ich hab keine schlechte Laune.“

      Nun wurde sie mal wieder richtig abweisend. Als sie einmal auf den Hof eine Zigarette rauchen ging, das Nichtrauchen hatte sie bereits, während ich noch in Schweden war, wieder aufgegeben, und ich sie durch die offene Tür gebeugt angrinste, verzog sie kein bisschen das Gesicht zu einem Lächeln.

      „Ej, was ist?“

      Sie zuckte nur mit den Schultern. „Bin wohl nur etwas genervt. Wird Zeit, dass die Praxis fertig wird.“

      Als es für mich nichts mehr in der Praxis zu tun gab, verabschiedete ich mich und machte einen Spaziergang zum Hauptbahnhof, um mir schon einmal für Dienstagabend das Ticket für die Heimfahrt zu kaufen. Mittwoch hatte ich ein wichtiges Gespräch bei der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, bei dem ich mich auch noch einmal vergewissern wollte, dass mit der Vermittlung nach Hannover alles klar ging. Auf dem Weg zum Bahnhof fing ich an, über Carola zu grübeln. Es war merkwürdig, wie sie, in Anwesenheit von anderen, sich regelrecht innerlich zurückzog. Normal war das nicht. Es wäre besser gewesen, dachte ich bei mir, wenn das Projekt „Profil 300“ ein paar Monate später gestartet wäre, und Carola und ich mehr Zeit gehabt hätten, uns kennenzulernen, bevor die Frage, wo ich denn hinziehen möchte, zur Entscheidung gestanden hätte. Aber ich musste mich nun einmal jetzt, und nicht erst in zwei oder drei Monaten zwischen Schweden und Hannover entscheiden. Aber irgendwie war das alles Mist. Zuerst hat man eine Ewigkeit gar nichts, und dann gleich zwei Dinge auf einmal, die auch noch geografisch total in verschiedene Richtungen liefen.

      Mit meiner Fahrkarte in der Tasche machte ich mich wieder auf den Weg zurück zu Carolas Wohnung. Auf dem Weg bekam ich eine SMS: „Wo bleibst du?“ Ich schickte nur kurz eine SMS zurück, dass ich die Zeit genutzt hatte, mir schon einmal eine Zugkarte zu kaufen, und gleich bei ihr sein würde.

      Wieder zurück in der Wohnung, war die Stimmung immer noch gespannt. Carola hatte immer noch schlechte Laune, und ich reagierte etwas stinkig darauf und zog mich selbst etwas in mich zurück. Erst als wir im Bett lagen, nahm ich sie in den Arm.

      „Wir haben beide wenig Übung darin, in einer Beziehung klar zu kommen. Wenn es Probleme gibt, müssen wir beide uns bemühen uns zusammen zu reißen, und uns auszusprechen. Ich mach sicher auch nicht alles richtig, aber wenn jemandem etwas nicht passt, muss er es sagen, und sich nicht einfach schmollend in die Ecke verkriechen. Ich möchte, dass das mit uns klappt.“

      Carola schmiegte sich an mich und versprach sich Mühe zu geben.

      Auch am Dienstag mussten die beiden Mädels in ihrer zukünftigen Praxis weiter arbeiten. Für mich gab es dort nichts zu tun, und so bummelte ich noch einmal alleine durch die Innenstadt von Hannover. Bereits gestern war ich mit Carola am niedersächsischen Landesmuseum vorbeigekommen. Dabei hatte ich einen Blick auf die Ausstellungsbeschreibung geworfen. Archäologische Fundstücke aus 500.000 Jahren, von der Steinzeit bis ins Hochmittelalter. Faszinierende Exponate von Fossilien und Dinosauriern und Darstellungen der Tektonik der Erdplatten und Erbeben. Außerdem gab es eine große Kunstsammlung. Unter anderem mit Bildern von Max Liebermann. Und wenn man etwas weiter in die Vergangenheit blickte, von Caspar David Friedrich und anderen, sowie noch weiter in die Vergangenheit zurück, Bilder von Lucas Cranach. Wobei aus der Beschreibung nicht zu ersehen war, ob der Ältere, der Jüngere, oder beide Cranachs gemeint waren. Außerdem sollten Werke des Bildhauers Tilman Riemenschneider ausgestellt sein. Geschichte und Archäologie haben mich schon immer interessiert. Max Liebermann, Caspar David Friedrich, die beiden Cranachs, so wie Riemenschneider waren mir ein Begriff und sagten mir mehr als das, was man heutzutage teilweise als Kunst fabrizierte. Weiter durch die Stadt zu laufen, – na ja, so toll ist Hannover als Stadt nun wirklich nicht, hatte ich keine Lust. Somit beschloss ich, in das Museum zu gehen. Die Hoffnung an dem einen Tag alles zu schaffen, hatte ich nicht. So begann ich in dem Teil, in dem die Künstler ausgestellt waren, die noch mit Naturfarben ihre Jagderfolge an Höhlenwänden verewigt hatten.

      Wie erwartet, war ich lange noch nicht mit allem durch, als ich von Carola eine SMS erhielt:

      „Sehen wir uns noch, bevor du fährst?“, stand da.

      Ich eilte aus dem Museum und rief Carola an. Sie waren mit der heutigen Arbeit fertig, und ich versprach, so schnell wie möglich zu ihrer Wohnung zu kommen. Es war aber