Du weißt doch, Frauen taugen nichts. Berthold Kogge. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Berthold Kogge
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844254457
Скачать книгу
Kochen hatte, von drei Seiten von Gebüsch umgeben war, und an der vierten Seite frei herunter zum Bach ging, der ungefähr fünf Meter entfernt vorbeilief.

      Nachdem ich das Zelt aufgebaut hatte, ging es erst einmal für eine gründliche Wäsche zum Bach. Das Wasser war a… kalt. Also wurde die Körperreinigung schnell durchgezogen, und dann sich in die Sonne gestellt, um wieder warm zu werden. Dann gab es das wohlverdiente „Corned Beef“ mit Reis, in meinem Spiritus-Trangia-Kocher zubereitet.

      Nach diesem exquisiten Essen, mit gefühlten zwei Sternen, stellte ich das Geschirr zum Einweichen mit Wasser gefüllt an den Bach, und legte mich vor dem Zelt, gegen den Rucksack gelehnt, in die Sonne. Ich schaute mich um. Mein Blick schweifte über den Ahkka, dem höchsten Berg hier in der Gegend, der östlich von mir lag und von der Abendsonne angestrahlt wurde. Ich ließ die Seele baumeln. Meine Gedanken wanderten wieder Richtung Carola. Schade, dass sie nicht hier war. So blieb mir nur an sie zu denken, während die Sonne langsam im Westen unterging.

      Mit dem Sonnenuntergang wurde es schnell kühl. Ich packte den Rucksack unter das Außenzelt, kroch ins Zelt und legte mich in meinen Schlafsack. Die erste Nacht seit Langem, die ich in einem Zelt verbrachte. Herrlich. Ich schlafe auf so einer Wanderung im Zelt nie tief, aber trotzdem gut und lange, sodass ich mich am nächsten Morgen richtig gut und ausgeschlafen fühlte, als ich wach wurde. Als ich den Reißverschluss vom Schlafsack öffnete, merkte ich allerdings, dass es während der Nacht saukalt geworden war. Mein Waschlappen, den ich draußen an einer Zeltleine zum trocknen aufgehängt hatte, war sogar steif gefroren. Den Temperaturen angepasst, gab nur eine Katzenwäsche, und dann ging es schnell in die warmen Klamotten. Aber die Sonne strahlte schon wieder vom blauen Himmel. Die Luft wurde schnell wärmer.

      Ich backte mir in der Pfanne meines Kochers, für das Frühstück kleine Brotfladen und schmierte darauf Kaviar bzw. Käse mit Krabbenfleisch, beides typisch schwedischer Brotaufstrich aus der Tube, den ich in Stockholm eingekauft hatte. Dazu trank ich noch eine kleine Kanne heißen Tee und fing danach an, nach einem kurzen Abwasch, meine Sachen zusammenzupacken, und die erste richtige Tagesetappe zu starten.

      Das Wetter blieb so, wie ich es schon die letzten Monate aus Lübeck kannte. Woher das kurze und anscheinend kleine Schlechtwettergebiet hergekommen war, das ich einen Tag vorher, mittags in Gällivare angetroffen hatte, wusste ich nicht. Es schien auch nur ein Ausrutscher gewesen zu sein. Vielleicht wollte Petrus auch nur einmal kurz daran erinnern, dass er durchaus auch anders konnte, wenn er denn wollte.

      Bei mir blieb das Wetter auf jeden Fall auch weiter richtig heiß, sodass ich froh war, wenn ich etwas tiefer, unterhalb der Baumgrenze gehen konnte, um durch die Bäume vor den Sonnenstrahlen geschützt zu werden. Meistens ging der Weg aber oberhalb der Baumgrenze, wo es keinen Schatten gab. Dafür hatte ich dann eine herrliche Aussicht über die Landschaft. Südlich von Staloluokta, einer bewirtschafteten Schutzhütte auf meinem Weg, konnte ich ein Hochtal bewundern, das ich zwar ein paar Jahre vorher schon einmal durchwandert war, allerdings damals in strömendem Regen, von Wolken umgeben, und mit einer Sichtweite, die unter zehn Meter gelegen hatte. Jetzt bei herrlichem Wetter war der Blick fantastisch. Carola wäre sicher beeindruckt gewesen, wenn sie das hätte sehen können.

      Eigentlich wollte ich die Strecke bis zur Fjällstation Kvikkjokk in acht Wandertagen schaffen, den Tag an dem ich mit dem Boot über den Akkajaure gekommen war, nicht mit eingerechnet. Von Kvikkjokk sollte es dann, in weiteren vier Tagen bis Saltoluokta gehen, der Fjällstation, von der ich in den Bus zurück nach Gällivare steigen wollte. Aber irgendwie verlor ich unterwegs einen Tag. Ob ich nun langsamer ging, weil es so warm war, oder die Aussicht so umwerfend, weiß ich nicht. Vielleicht auch beides.

      Da durch den Zeitverlust ein Durchmarsch bis nach Saltoluokta nur Stress bedeuten würde, und dafür war die Wanderung nicht gedacht, beschloss ich in Kvikkjokk die Wanderung zu beenden. Die drei Tage, die ich die Wanderung dadurch früher beenden würde, konnte ich ja versuchen, früher nach Lübeck zu kommen.

      Carola hatte mir, an einem der Tage vor meiner Abfahrt, am Telefon erzählt, dass sie das erste Wochenende im September auf der Insel Rügen verbringen wollte, um dann zum Sonntagabend rechtzeitig in Lübeck einzutreffen, um mich dort vom Bahnhof abzuholen.

      Wenn ich statt am Sonntagabend schon am Donnerstag in Lübeck eintreffen würde, könnte ich ja vielleicht noch bis Rügen weiterfahren, und sie dort treffen. Ich fand die Idee toll, bevor ich in Kvikkjokk zwei Tage herumgammeln würde, könnten wir doch noch auf Rügen anderthalb Tage gemeinsam Urlaub machen.

      Leider verlor ich dann einen weiteren Tag auf meiner Wanderung. In der Fjällhütte Såmmarlappa kaufte ich mir als Wegzehrung zwei Snickers. Ich weiß nicht, ob es an denen lag oder am Wasser, auf jeden Fall, nachdem ich in einer Wanderpause an einem Bach diese beiden Snickers, zusammen mit einem kräftigen Schluck aus dem Bach, als Wegzehrung gegessen hatte, fing mein Magen an zu knurren und regelrechte Knoten zu bilden. Ich kam mit Müh und Not bis zur Fjällhütte Njunjes, wo ich mich, zu schlapp um mein Zelt aufzubauen, einquartierte, und da es mir am nächsten Morgen nicht besser ging, ich den ganzen Tag und noch eine weitere Nacht dort verbrachte. Die Hüttenwirtin, eine alte Frau, sie hieß netterweise Carola (das ist kein Scherz), machte sich richtig Sorgen um mich. Aber nach einem Tag Pause konnte ich mich auf den Weg nach Kvikkjokk aufmachen. Dieser letzte Tag meiner Wanderung war der erste Tag, an dem die Sonne nicht schien, und ich unter Wolken, durch den Regen meinen Weg ging.

      Durch diesen weiteren verlorenen Tag war jede Hoffnung vorbei, früher nach Lübeck zu kommen, und Carola noch auf Rügen zu besuchen.

      Schade.

      Nach einer Übernachtung in der Fjällstation von Kvikkjokk, in dessen Shop ich von meinem letzten überflüssigem Geld einen Knuddelelch kaufte, der einen gestrickten blauen Schwedenpullover trug, und für Carola als kleines Mitbringsel gedacht war, ging es am nächsten Tag mit dem Bus nach Jokkmokk. Die Hauptsaison war schon vorbei, der Busfahrplan schon entsprechend für die Nebensaison ausgedünnt, sodass ich diesen Tag nicht mehr bis Gällivare kam, sondern in Jokkmokk noch eine Übernachtung einlegen musste.

      Somit war noch ein Tag verloren.

      Während der Busfahrt zog die wahnsinnig schöne Landschaft an mir vorbei. Hier zu arbeiten und zu leben musste toll sein. Selbst wenn man hier sicher auch als Physiotherapeutin einen Job finden würde, hatte Carola sich mit ihrer Praxis auf Hannover eingestellt, dort investiert und war Britta gegenüber in die Pflicht gegangen. Sie konnte, selbst wenn sie wollte, dort nicht einfach alles hinschmeißen.

      Nicht sie, sondern ich war derjenige, der, zumindest zurzeit noch, relativ flexibel in Sachen Arbeits- und Wohnort war. – Noch.

      Wie erhofft hatte ich das Gefühl, dass der Müll, der sich in den letzten Jahren in meinem Kopf angesammelt hatte, während der Wanderung in die richtigen Schubladen gelegt, wieder sortiert war. Allerdings gab es jetzt eine Schublade zu viel. Für die beiden Schubladen Schweden und Carola gab es nur ein Schubladenfach. Eine von den beiden Schubladen musste entsorgt werden. Die Frage war nur welche.

      In Jokkmokk angekommen, eilte ich gleich zum Vandrarhem. Das erste Mal seit zwei Wochen, dass ich wieder wegen der Uhrzeit hetzen musste. Der Bus hatte Verspätung gehabt, und die Rezeption im Vandrarhem würde bald schließen. An der Rezeption lagen mehrere Zeitungen, die man kostenlos mitnehmen konnte. Eine Zeitung hieß „Framtid i Jokkmokk“. Übersetzt: „Zukunft in Jokkmokk.

      Während ich in der Küche mein Abendessen verputzte, blätterte ich in der Zeitung. Jokkmokk ist berühmt für sein Samenmuseum und für seinen Wintermarkt, den es seit 1605 gibt, und zu dem die Samen aus ganz Lappland hinkommen, um ihre Waren dort zu verkaufen bzw. die Dinge, die sie fürs Leben im folgenden Jahr benötigen, einzukaufen. Außerdem ist Jokkmokk ein bekannter Touristenort. Im Winter gibt es Möglichkeiten für Ski-Langlauf und für den Sommer ausgewiesene Wanderwege. Gerade im Tourismusbereich wurden Mitarbeiter gesucht. Besonders mit Englischkenntnissen wurden Mitarbeiter benötigt. Das war bei mir mau, müsste also ausgebaut werden. Aber sie suchten auch hier im Ort Mitarbeiter mit Deutschkenntnissen. Und Deutsch geht bei mir ja ganz gut.

      Hier arbeiten, in der Touristenbranche oder in einem Outdoor-Shop, das wäre schon was. Herrliche Gegend, man wäre schnell im Fjäll, um dort die Natur beim Wandern,