„Lebensgefährtin“, unterbrach Leni Overbeck.
„Wie auch immer. Der Soldat und seine … Lebensgefährtin sind tot.“
„Was ist mit der Tochter?“, sinnierte Leni. Sie ist damals als Zwölfjährige von den Nachbarn aufgenommen worden. Als sie achtzehn und damit volljährig wurde, ist sie mit ihnen nach Amerika ausgewandert.“
„Das heißt: Sie kann für die Tat nicht in Frage kommen.“
„Es sei denn, sie befindet sich wieder in Deutschland und vielleicht sogar in Hermeskeil.“
„Na ja, Leni, das ist eine gewagte These. Aber eine, die es zu überprüfen wert ist. Wir werden Interpol bemühen müssen. Aber ich glaube das Ergebnis bereits jetzt zu kennen.“
„Wir müssen herausfinden, was es mit dem Adler auf sich hat.“ Leni trank einen Schluck des Kaffees und setzte die Tasse mit einer ruckartigen Bewegung ab. „Verdammt, ist der heiß!“
Overbeck grinste. Es machte Leni in seinen Augen sympathisch, wenn sie fluchte. Ihr Blick jedoch ließ ihn sich wieder zu den eigentlichen Aufgaben zuwenden.
„Also gut, Leni. Fassen wir einmal zusammen. Ein Mann wurde ermordet. Dabei handelt es sich um einen Mann, der selbst als Mörder oder Mordgehilfe in Erscheinung getreten war.“
„Und deswegen verurteilt wurde.“
„Natürlich. Er wurde an dem Haus erschlagen aufgefunden, in dem dieser von ihm begangene oder unterstützte Mord vor 18 Jahren geschehen war.“
„Er wurde auf brutale Art und Weise sozusagen hingerichtet, was auf einen Racheakt oder eine Tat voller Hass schließen lässt.“ Leni trank vorsichtig einen Schluck.
„Und nicht zuletzt die Zeichnung des Adlers, vielleicht ein Hinweis für uns, für die Polizei. Was hat es nur mit diesem Adler auf sich?“
„Was sagt Peters? Irgendwelche Spuren, von denen wir nichts wissen?“
Overbeck telefonierte kurz und wenige Minuten später stand Peters in der Tür.
„Keine Fingerspuren auf dem Baseballschläger“, berichtete Peters. Das Gleiche gilt für den Zettel mit der Zeichnung.“
„Dem Adler?“
„Ja, Leni, dem Adler. Was soll das eigentlich mit dieser Zeichnung? Habt ihr da schon einen Hinweis?“
Er sah zu Leni, dann zu Overbeck. „Also nichts, dacht` ich mir` s doch.“
„Was dachtest du?“ Overbeck schien verärgert. „Habt ihr irgendwelche Reifenspuren gefunden dort oben? Zu Fuß wird weder der Täter noch das Opfer dorthin gekommen sein.“
„Keine verwertbaren Reifenspuren“, gab Peters kleinlaut zu.
„Dacht` ich mir` s doch.“ Overbeck sah Peters von der Seite an. Seine Bemerkung tat ihm plötzlich leid. Vor ihm stand ein Kollege, der sein Vater hätte sein können. Er sah unter sich. „Nichts für ungut, Heinz, aber mit unseren Ermittlungen … es ist zum Kotzen. Wir treten auf der Stelle.“
„Was hat Dellmann denn so getrieben in den letzten Jahren, nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis? “
„Hartz vier“, antwortete Leni. „Jedenfalls die meiste Zeit. Vielleicht hatte er Probleme, eine Arbeitsstelle zu bekommen, was ja verständlich wäre.“
„Es wird ein weiterer Mord geschehen.“
Overbeck und Leni sahen Peters erstaunt an.
„Was meinst du mit einem weiteren Mord?“
„Ihr wisst es genauso gut wie ich. Der Vorfall vor 18 Jahren. Einer der Täter war Dellmann. Der Baseballschläger. Die Zeichnung: der Adler. Das alles ist kein Zufall. Das ist der Beginn eines Horrortrips, ihr werdet sehen.“
Kapitel 15
„Habe ich Sie lange warten lassen? Tut mir leid, aber ich hatte Sie vorgewarnt. Was sind schon zwei Stunden für einen Einkaufsbummel?“
Satorius drehte sich um. Etwa eine halbe Stunde stand er nun vor dem Restaurant am Hunsrück-Steig. Die verstreichende Zeit hatte er kaum wahrgenommen, so sehr war er im Geiste mit den Recherchen zu seinem künftigen Artikel beschäftigt.
„Frau Kollinger.“ Satorius war erstaunt ob der Erscheinung, die ihm gegenüberstand. Als er sie vor rund drei Stunden vor dem seltsamen Lokal ansprach, hatte vor ihm eine ansehnliche, aber mehr oder weniger trist gekleidete junge Frau gestanden. Was seine Augen nun von oben bis unten abtasteten, war das Erscheinungsbild einer jungen Dame, gekleidet in eine enge blaue Jeans mit einer zartblauen gerafften Bluse. Warum sie nun größer wirkte als vorhin, daran waren die beigen High Heels Schuld, die ihre Augen auf die Höhe seiner eigenen brachte.
„Zum Frisör hat es leider nicht mehr gereicht“, lachte Maggie. Ich denke, Sie werden auch so mit mir Vorlieb nehmen. Wollen wir?“
„Die Frisur ist doch toll, ich …“ murmelte er, doch Maggie hatte sich schon umgedreht und er beeilte sich, vor ihr die Gaststätte zu betreten und ihr die Tür aufzuhalten.
„Sie sind also Reporter?“, begann Maggie die Konversation, als der Ober die Vorspeise, einen Sommersalat mit Mozzarella, vor ihnen abgestellt hatte.
„Ich arbeite für den Trierischer Volksfreund, ja.“
„Um diese Zeit ist doch sicher schon Dienstschluss. Aber ich kann mir vorstellen, dass ein guter Reporter Tag und Nacht arbeitet.“
„Da mögen Sie wohl Recht haben. Wissen Sie, wenn Sie erst einmal an einer Sache dran sind, werden Sie von ihr derart in ihren Bann gezogen, dass Sie kaum noch loslassen können.“
„Und solch eine Sache zieht Sie nun in Ihren Bann?“, fragte Maggie interessiert, während sie sich wenig später an dem Hauptgang zu schaffen machte, einem gefüllten Kalbsfilet im Kokosmantel.
„Ja, aber es will mir nicht so recht gelingen, zu den Ursprüngen meiner zukünftigen Geschichte zu gelangen. Es ist eine Geschichte, die schon einige Jahre zurückliegt, verstehen Sie?“
„Über eine Begebenheit aus der Vergangenheit wollen Sie berichten? Meinen Sie, der Leser interessiert sich für so etwas? Also, ich für meinen Teil bin da eher am aktuellen Geschehen interessiert.“
Der Ober brachte den Nachtisch, frischen Obstsalat mit Mascarpone-Creme. Nachdem sie einige Löffel der Köstlichkeit zu sich genommen hatten, antwortete Satorius.
„Wenn der Stoff gut ist, kann man den Leser auch für längst vergangene Dinge erneut erwärmen.“
„Das bedeutet, Sie haben eine Sache ausgegraben, von der Sie überzeugt sind, dass sie die den Leser erneut in ihren Bann ziehen wird. Sie machen mich neugierig. Darf man erfahren, worum es geht, Herr Satorius?“
„Hans bitte.“
„Also gut, Hans. Sagen Sie es mir oder handelt es sich um eine geheime Kommandosache?“ Maggie lachte leise vor sich hin.
„Nein, nein, Frau …“
„Nennen Sie mich Gretel. Wie im Märchen der Gebrüder Grimm. Einfach Gretel. Margarethe klingt mir zu altbacken.
„Gretel!“ Satorius lachte laut und hielt sich die Serviette vor den Mund.
„Was gibt es da zu lachen?“ Maggies Augenbrauen zogen sich zusammen und ihre Augen verengten sich. „Haben Sie etwas auszusetzen an meinem Namen?“
„Nein, nein.“ Satorius lachte immer noch leise vor sich hin. „Aber Gretel und die Gebrüder Grimm und jetzt noch mein Vorname …“
„Hans … Hänsel, ach so.“ Nun musste auch Maggie lachen.
„Das scheint