Sarah Boils Bluterbe. Nicole Laue`. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nicole Laue`
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844261509
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in die andere Dimension. Sie nennen dich selbst die „Erlöser“, sie glauben, sie seien die einzig wahren Diener und treu Ergebenen des Bösen.“

      Ja wunderbar, das wird ja immer mysteriöser.

      Lionel war mir so nah gekommen, dass seine Worte wie das Flüstern des Windes in mein Ohr hauchten. Dieser kalte Atem war faszinierend. Ein Wesen, dass existierte, nicht lebendig und dennoch einen eisigen und fröstelnden Atem ausstieß. So ein Wesen dürfte es in der Natur bisher noch nicht gegeben haben. Seine Lippen berührten kaum spürbar meinen Hals.

      Langsam nervt mich seine Affinität zu meinem Hals.

      Ich wollte ihn von mir stoßen, doch irgendetwas hielt mich zurück. Die Hand die nur flüchtig auf meiner Hüfte lag, bemerkte ich erst, als Lionel wieder im Bruchteil einer Sekunde drei Meter vor mir ging.

      Wie machte er das bloß?

      Sein Gang war elegant und aufrecht. Und der Rhythmus seines Körpers war animalischer, als alles, was mir je begegnet war. Er deutete mir weiter zu gehen und ich folgte ihm, so leise ich konnte. An einer großen Hecke machte er Halt und bog die Äste ohne jegliche Anstrengung beiseite. Auf dem Boden befand sich zwischen weiteren Zweigen ein großes Loch, dass wie ein tiefer Krater eines Vulkans wirkte. Ich beugte mich leicht vor und blickte in das Innere hinein. Es gingen kleine Trassen in die Tiefe und ich suchte fragend Blickkontakt zu Lionel. Er antwortete und diskutiere nicht lange, sondern griff blitzschnell nach meiner Hand. Ein strafender Blick dabei ließ mich wissen, dass ich ihm zu folgen hatte.

      Oh nein, da hinein werde ich Dir nicht folgen, da kannst du schön allein hinunter klettern. Ich bin doch kein Maulwurf.

      Er zog die Augenbrauen hoch und ehe ich mich versah, legte er seinen rechten Arm um meine Hüften und riss mich über die Stufen in die Tiefe. Meine Füße hoben für Sekunden vom Boden ab und ich glitt schwebend neben ihm her, bis ich wieder festen Halt unter mir spürte. Es war dunkel, man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Ich verließ mich also auf seine Führung und tapste mit ihm die Treppen hinunter. Es roch feucht und modrig. Um mich herum lag undefinierbare Schwärze. Die Luft war stickig. Je tiefer er schritt, desto schwerer fiel es mir zu atmen.

      Klettern wir jetzt in eine Hölle hinunter? Oder ist das schon der Höllenschlund?

      Lionel flüsterte: „Keine Sorge, die Hölle sieht anders aus, das hier ist dagegen noch ein Ort des Himmels.“

      Ich schluckte. Na prima. Soviel zu meiner Theorie, der Himmel wäre hell und klar.

      Hatte ich nicht gesagt, er solle das lassen, meine Gedanken zu lesen? Ich war versucht, ihm noch einmal zu drohen, er möge sich meinen Gedanken fernhalten, aber was hätte es genutzt? Er war mir allemal überlegen. Also beschloss ich, ihn auf eine freundliche Weise zu bitten, mich wieder nach oben zu geleiten.

      „Können wir das ein andermal machen? Ich kriege kaum Luft hier unten. Es ist außerdem verdammt dunkel hier unten und ehrlich gesagt, fühle ich mich überhaupt nicht…hmmmmpf.“

      Lionel presste mit einer nicht mehr wahrnehmenden Geschwindigkeit seine Hand auf meinen Mund. Vor mir tat sich eine kleine, schwache Lichterquelle auf. Wir hatten das Ende des Abstieges erreicht und mussten uns in einer Art Gewölbekeller befinden. Der schwache Strahl, der durch den Mauerschlitz ein wenig Licht spendete, fiel auf Lionels markante Gesichtszüge. Er legte seinen Finger auf die Lippen um mir zu zeigen, ganz still zu sein. Mit der anderen Hand deutete er auf die Mauer. Ich hatte verstanden, blinzelte durch eine enge Spalte, durch die das Licht flutete und traute meinen Augen nicht. Mir stand nur ein kleiner Ausschnitt zur Verfügung, aber ich konnte genug sehen, um zu erkennen, dass mehrere Menschen um eine Art Altar standen und ein merkwürdiges Raunen von sich gaben. Der besagte Altar bestand aus einer großen Steinplatte, auf dessen Oberfläche sich von hier aus nicht lesbare Inschriften befanden. Die Männer, die im Kreis um ihn herum verteilt standen, trugen schwarze Hosen und dazu weiße Hemden, die an den Knöpfen mit Rüschen verziert waren. Die Frauen waren in lange, schwarze gotische und altmodische Kleidern gekleidet. Ihr Dekolleté war mit sich überkreuzenden Lederbändern eng zusammengeschnürt, dass ihre Brüste hervorgehoben wurden. Es war eine schräge seltsame Kulisse, die ich beobachten durfte. Ich versuchte genauer hinzuhören, konnte ihr seltsames Gemurmel jedoch nicht verstehen. Lionel tippte mir auf die Schulter und nickte mir zu. Er griff nach meinem Arm und zog mich einige Schritte weiter zu einer weiteren, heller werdenden Lichterquelle. Ein schwach beleuchteter Gang tat sich vor uns auf.

      Was ist das hier? Sind das noch Katakomben aus dem Mittelalter?

      Auch hier hingen an den Wänden vereinzelt Kerzen. Die Geräuschkulisse wurde immer lauter und wir mussten uns an einem zweiten Eingang zu diesem seltsamen Kellergewölbe befinden, dass man auch durch die braune Holztür erreichen konnte, wenn man den kleinen Pfad zum Rosengarten hinauf stieg. Als wir einem Knick nach links folgten, blieben Lionel abrupt stehen. Er beugte sich vorsichtig um die Ecke und hielt mich einen Moment zurück. Dann deutete er vor sich und flüsterte kaum hörbar: „Schau es dir gut an.“

      Ich blickte ganz langsam, so wie er es mir vorgemacht hatte, um die Ecke. Die Wände waren mit schwarzen Tüchern verhangen. Mehrere Kreuze befanden sich verkehrt herum an dem alten Gemäuer und wie es schien, waren sie mit frischen Blut beschmiert worden, denn es glitzerte noch im Kerzenschein und ein rostiger Geruch kam mir entgegen. Ich schluckte. Es erinnerte mich an eine zurückliegende Mandeloperation. Der Geruch und der Geschmack frischen Blutes lag plötzlich auf meiner Zunge, als wäre es gestern gewesen. Hier roch es unwiderruflich nach Blut. Allerdings hatte es einen merkwürdigen, süßlichen Beigeschmack. Entweder war es ranzig oder es lag an dem dunklen Gemäuer, dass uns umgab. Einer der Frauen trat just in diesem Moment aus dem Kreis heraus, bewegte sich grazil auf eine hölzerne Kiste zu und kam mit einer Fledermaus in ihren Händen zurück. Das Tier piepste und versuchte mit den Flügeln zu schlagen. Sie stellte sich zurück in den Kreis und säuselte irgendetwas, in einer mir unbekannten Sprache. Ein Kerl mit roten, kurz geschnitten Haaren griff nach dem kleinen Tier und schlug es mit aller Kraft auf den Tisch. Er zog ein Messer aus der Gürtelscheide und die silberne Klinge blitze kurz auf, bevor er der armen Fledermaus mit einem kräftigen Schnitt den Kopf abtrennte. Ich schluckte! Er nahm sie in seine Hand, oder das, was noch von ihr übrig war, legte das zweischneidige Messer vor sich auf den Altar und griff nach einem Kelch. Der abgetrennte Kopf blieb auf dem Tisch liegen, den restlichen Torso hielt er über das Trinkgefäß und ließ das wenige Blut hinein tropfen. Ich würgte!

      Ich muss mich übergeben…ich kotze gleich…scheiße, ich muss hier raus…

      Lionels Hand, die sacht auf meine Schulter ruhte, beruhigte mich keineswegs. Es machte mich nur noch nervöser und ein spürbar brennender Stich fuhr durch meinen Magen. Ich kniff die Augen kurz zusammen, befahl mir selbst, ruhig durchzuatmen und beobachtete dann wieder das merkwürdige Treiben vor mir. Einige der Gestalten begannen zu fauchen und ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Goldgelb blitzen ihre Augen auf und ihre Eckzähne schnellten begierig aus ihren Kiefern. Der Geruch des Blutes musste ihren Durst geweckt haben. Eine der Vampirinnen giftete: „So kommen wir nicht weiter. Wir wollen nicht ewig warten.“

      Ein großer, schlanker Mann, mit dunklen Haaren, kräftigen Schultern und einem Piercing in der Unterlippe, warf ihr einen warnenden Blick zu. Seine Augen blitzten eiskalt auf. Dann sagte er mit dunkler und baritonartiger Stimme: „ Wir werden einen Weg finden, die Pforte zu öffnen. Habt Geduld meine Freunde. Wenn wir herausgefunden haben, welche Zutat wir benötigen, um den Bann zu brechen, dann steht euch nichts mehr im Wege. Solange müsst ihr euch gedulden. Wir tun, was in unserer Macht steht.“

      Er sprach noch etwas in einer anderen, mir befremdlichen Sprache und schmiss dabei den ausgebluteten Kadaver der Fledermaus achtlos in die Ecke. Dann brüllte er: „Bringt mir die verdammte Ratte.“

      Zwei weitere Männer näherten sich plötzlich dem Altar und schleppten