19 Tage. Andy Klein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andy Klein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741811227
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tätschelte liebevoll seine Hand. Lucas grinste verlegen, während Miss Keane ihn mit einem verschmitzten Lächeln anschaute.

       »Na sie sind mir ja vielleicht Eine.«

      Er mochte diese alte Dame sehr. Sie erinnerte ihn in diesem Moment wirklich an seine Großmutter, denn sie hatte auch so eine gütige und liebevolle Ausstrahlung.

       »Ich habe das von ihrer Großmutter gehört, Lucas. Es tut mir wirklich sehr leid.«

      Miss Keane nahm seine Hand und schaute ihm tief in die Augen.

       »Der Tod gehört zum Leben dazu, mein Junge und jeder Abschied bedeutet auch ein Wiedersehen. Trauer ist nur

      die Geduldsprobe der Lebenden.«

      Er nickte, denn er wusste aus früheren Gesprächen mit ihr, dass sie keine Angehörigen hatte. Einzelkind einer Einzel-Kind-Ehe, sagte sie immer dazu. Schon mehrfach in der Vergangenheit, sprach sie voller Freude davon, ihre Eltern und ihre ganzen verstorbenen Tiere im Jenseits wieder zu treffen. Bei jedem ihrer Aufenthalte im Krankenhaus sprach sie von einem besseren Leben nach dem Tod.

       »Ich werde ihre Großmutter von ihnen grüßen, wenn meine Zeit gekommen ist.«, sagte sie.

      Lucas tätschelte ihre Hand.

       »So, jetzt gibt es gleich erstmal ein leckeres Frühstück...«, wechselte er schnell das Thema. »…wir sehen uns gleich wieder.«

      Lucas verließ das Zimmer und begann zusammen mit Jenny und Laura das Frühstück zu verteilen. Während er die Essen servierte, dachte er immer wieder an das Tagebuch. Die ganzen restlichen Zweifel an seinem Verstand waren nun ausgeräumt, oder doch nicht? Er war wach und alles was er bisher über die Zukunft gelesen hatte war Realität geworden. Plötzlich durchzuckte ihn ein Gefühl der Unbesiegbarkeit, denn wenn er wusste, was am nächsten Tag passieren würde, dann wäre er stets in allen Situationen Herr der Lage.

       »Lucas, gut dass du wieder da bist!«, unterbrach Schwester Jenny seine Gedanken.

      Jenny war schon seit langer Zeit heimlich in Lucas verliebt, was dieser aber nicht bemerkte. Sie war aber auch ein Typ Frau, der den Männern nicht gerade besonders ins Auge stach. Unscheinbar und schüchtern war sie. Ihre kastanienbraunen Haare stets streng nach hinten zum Zopf gebunden und die etwas größere Hornbrille ließen sie wie das klassische Mauerblümchen aussehen. Sie sprach nie besonders viel mit ihm, oder den anderen Kollegen, aber mit den Patienten ging sie unglaublich liebevoll um.

       »Ja, ich bin auch froh wieder hier zu sein.«

      Lucas schaute ihr in die Augen, doch ihr Blick senkte sich schnell verschüchtert zu Boden.

       »Shawn hat mich wahnsinnig gemacht, wo steckt der Idiot eigentlich wieder?«, rief Laura, die gerade kam und ein neues Tablett aus dem Transportwagen nahm. Lucas zuckte mit den Schultern.

       »Übrigens, heute wird auch ein neuer Dienstplan gemacht. Ich kann und will mit diesem Bekloppten nicht mehr zusammen arbeiten!«

      Bei Shawn gab es auch nur zwei Möglichkeiten. Entweder man liebte ihn oder man hasste ihn. Es ist auch nicht jedermanns Sache einen Kollegen zu haben, der sich singend und tanzend auf der Station bewegt, was allerdings bei den meisten Patienten sehr gut ankam. Auch die Frauenwelt im Allgemeinen war ihm äußerst schnell verfallen, denn er wechselte die Frauen wie andere Leute ihre Socken. Das lag nicht nur an seinem durchtrainierten Körper, seinen grünen Augen und seinen langen braunen Haaren, nein, er besaß eine gewisse Art von Charme, dem fast alle Frauenherzen erlagen. Die Chemie stimmte bei Laura und Shawn einfach nicht. Ein Lebemann und eine Frau, bei der Lucas in der letzten Zeit üble Eigenschaften entdeckte, die ihn stark an seine Mutter erinnerten. Laura war ja schließlich auch seit einiger Zeit mit Doktor Brown liiert, was ein offenes Geheimnis war. Vielleicht war sie deshalb in den vergangenen Monaten noch ein wenig mehr zur Spießerin geworden. Ob Mrs. Doktor Brown etwas davon wusste, das wusste keiner so recht. Lucas freute sich innerlich, denn vielleicht würde er nach längerer Zeit mal wieder mit Shawn zusammen in einer Schicht arbeiten, statt sich immer nur beim Schichtwechsel zu treffen, oder auf eines der seltenen Biere in Jims Bar.

      Lucas war ziemlich schnell wieder im alltäglichen Krankenhausrhythmus eingebunden und der Tag verging im Rausch der Arbeit sehr schnell. Viele legten an diesem Tag ihre Hände auf seine Schultern, sogar der Klinikchef Ian Ward zeigte seine Anteilnahme. Seine Schicht ging trotz seiner stetig ansteigenden Müdigkeit schnell herum. Schließlich stand er im Aufenthaltsraum und schlüpfte wieder in seine Straßenkleidung, als die Tür aufsprang.

       »Hey Baby, ab Mittwoch lassen wir es so richtig krachen in der Nachtschicht!«

      Shawn stand in Siegerpose mit hochgerissenen Armen im Türrahmen. Lucas musste grinsen und sie klatschen sich ab, wie zwei Footballer nach dem entscheidenden Touchdown.

       »Laura, der alte Besen hat uns Beiden einen großen Gefallen getan!«

       »Der neue Dienstplan ist also schon raus?«

       »Du weißt doch, wenn man mit den richtigen Leuten schläft, dann geht alles ein bisschen schneller!«

       »Na du musst es ja wissen….«, sagte Lucas und lächelte.

       »…Ich muss jetzt los, ein Auto kaufen.«

      Er zog seine Jacke über.

       »Hey Alter, wir sehen uns spätestens übermorgen und kauf nichts, was ich nicht auch kaufen würde.«

       »Bleib sauber!« sagte Lucas grinsend und verließ darauf das Krankenhaus.

      Ungefähr drei Meilen entfernt war ein großer Gebrauchtwagenhändler. Lucas entschied sich dafür ein Taxi zu

      nehmen, denn er war doch sehr erschöpft nach dem ersten Arbeitstag und der Bus, der in diese Richtung fuhr, war ihm sowieso gerade vor der Nase weggefahren. Außerdem konnte er sich das jetzt ja leisten. Dort angekommen war seine Müdigkeit vor Aufregung aber wieder verflogen. Zielstrebig ging er durch die unglaublich vielen Reihen mit Gebrauchtwagen, denn schließlich wusste er ja ganz genau, wonach er suchte. Dann stand er vor dem Wagen. Ein schwarzer Dodge Pickup Ram. Das Einzige, was nicht so ganz zum Eintrag passte, aber dem Eintrag am nächsten kam, war das Preisschild: 3000 Dollar.

       »Der Wagen ist einwandfrei und aus erster Hand. Das Baby hat allerdings schon 195.000 Meilen auf dem Buckel, ist dafür aber erst sieben Jahre alt…« Lucas hatte nicht bemerkt, dass sich ihm ein Verkäufer näherte und zuckte leicht zusammen. »…Das Baby steht schon länger hier und wenn sie Cash bezahlen, dann gehe ich noch mal 500 Dollar runter.«

      Lucas drehte sich um und gab dem Verkäufer die Hand.

       »Okay, gekauft.«

      Der Verkäufer schaute etwas ungläubig. Er machte den Eindruck, als hätte er bisher noch nie in seiner Karriere so schnell einen Wagen verkauft, was sehr wahrscheinlich auch der Fall war. Schließlich hatte Lucas sich den Wagen noch nicht einmal von innen angesehen, geschweige denn auf eine Probefahrt bestanden. Aber das erstaunte Gesicht des Verkäufers schlug schnell in ein Zufriedenes um. Sie gingen in sein Büro und erledigten sämtliche Formalitäten, so dass Lucas den Wagen sogar direkt mitnehmen konnte. Der Wagen ließ sich phantastisch fahren und war sehr bequem. Er hatte sogar ein Autoradio mit CD-Player. Die Armatur wies zwar so einige Gebrauchsspuren auf, aber das störte ihn nicht, denn ansonsten war der Wagen wirklich erstklassig gepflegt. Er schaltete das Radio ein und selbst sein Lieblingsradiosender war eingestellt.

      »100% Classic Rock.«, hörte er den Moderator sagen und gleich darauf ertönte Highway to Hell von AC/DC. Lucas freute sich und dankte seiner Großmutter mindestens 1000 Mal auf der Fahrt nach Hause.

       »Hey, schickes Auto!«, rief Gab ihm entgegen, als er gerade vor seinem Haus ausstieg.

      Gab war damit beschäftigt den Rasen seines Vorgarten zu mähen.

       »Hier Lucas, meine Karte, da draußen fahren ein paar irre Typen durch die Gegend.«

      Gab streckte ihm seine Visitenkarte entgegen und betrachtete das Auto von allen Seiten. Es war schon seltsam, dass ein Mann, der in der Dämmerung