19 Tage. Andy Klein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andy Klein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741811227
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Er nahm die Visitenkarte und steckte sie in seine Brieftasche. Gab stellte erst jetzt seinen Rasenmäher aus und holte von seiner Veranda zwei Flaschen Bier.

      Er streckte Lucas eine Flasche entgegen.

       »Hier, trinken wir auf dein neues Auto.«

      Da sagte Lucas nicht nein und sie setzten sich beide auf die Stufen der Veranda.

       »Die Gartenarbeit ist mal was anderes. Ich merke richtig, wie der Großstadtmief aus allen meinen Poren entweicht.«

      Sie stießen ihre Flaschen aneinander und nahmen zeitgleich

      einen kräftigen Schluck. Lucas starrte die ganze Zeit auf seinen neuen Wagen.

       »Wer ist das denn da drüben?«

      Gab zeigte mit dem Finger auf Mimis Haus gegenüber.

      Lucas sah allerdings nur noch, dass sich die Gardinen vom großen Wohnzimmerfenster im Untergeschoss bewegten.

       »Oh, das war Mimi, eine sehr liebe alte Dame. Sie wohnt dort mit ihrem Mann Hank, aber den wirst du wohl nicht zu Gesicht bekommen. Der geht seit Jahren nicht mehr aus dem Haus.«

       »Ist er krank?«

       »Eigentlich nicht, glaub ich zumindest. Sagen wir mal, er ist eher etwas bequem.«

       »Hey ihr zwei, bekomme ich auch ein Bier?«

      Sarah stand plötzlich völlig unbemerkt vor den Beiden.

       »Tante Betty schickt mich…« Sarah streckte ihm ein Tuppertöpfchen mit Lasagne entgegen. »…Hier, damit du nicht verhungerst.«

      Lucas nahm das Töpfchen entgegen, während Sarah sich bereits umdrehte und den Wagen begutachtete.

       »Ist das etwa deiner?«

       »Ja, heute erstanden.«

      Sarah lief um den Wagen herum und blieb dann vor der Motorhaube stehen.

       »Schlüssel!«, sprach sie fordernd und Lucas warf ihr sogleich den Zündschlüssel zu. Sie stieg ein und fuhr davon.

       »Das ist eine tolle Frau, die würde ich an deiner Stelle sofort heiraten.«

       »Oh nein, wir sind nur befreundet.«, antwortete Lucas schnell und ärgerte sich in diesem Moment, dass er nicht seinen Mund gehalten hatte. Sollte er doch ruhig glauben sie wären ein Paar. Jetzt hatte Gab den Freifahrtschein zum “baggern“.

       »Oh, ich dachte ihr wärt ein Paar.«, sagte Gab erstaunt und Lucas schwieg einen Moment lang.

       »Ich glaube, ich werde jetzt mal essen gehen, bevor das

      Zeug hier ganz kalt ist. Danke für das Bier.«

       »Jederzeit mein Freund - Jederzeit.«, antwortete Gab und prostete ihm noch einmal zu.

      Lucas stellte die leere Flasche auf der Veranda ab und ging hinüber in sein Haus. Zuerst legte er seine Jacke ab und ging dann in die Küche. Er nahm eine Gabel aus der Schublade, setzte sich an den Tisch und begann damit die Lasagne zu verspeisen. Lauwarm war sie und gerade noch essbar. Er hatte bereits die Hälfte aufgegessen, als Sarah zur Tür herein kam.

       »Super Schlitten!«, sagte sie begeistert und setzte sich zu ihm an den Tisch.

       »Super Lasagne…«, entgegnete ihr Lucas mit vollem Mund. »…bestell‘ Tante Betty einen schönen Gruß von mir, ich werde mich dafür noch bei ihr revanchieren.«

       »Puh, ich bin hundemüde, ich hab heute 2 Kälber und 8 Ferkel auf die Welt gebracht, nicht schlecht was.«

      Sarah legte ihren Kopf auf den Tisch.

       »Ja, das kann man riechen!«

      Beide lachten.

       »Ich werde jetzt gehen, ich muss dringend duschen.«, sagte Sarah und boxte Lucas mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf dessen Oberarm.

       »Autsch.«, Lucas lachte.

       »Ich glaube das ist für uns beide das Beste.«, sagte er grinsend, brachte sie zur Tür und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

       »Sehen wir uns morgen Abend? Ich hab nämlich ab Mittwoch Nachtdienst…«, fragte er. »…Ich lade dich auch auf einen Hamburger bei Sally ein.«

       »Geht klar, hol mich um 19.00 Uhr ab.«, antwortete Sarah und verschwand in der Dunkelheit. Lucas hatte nun das Gefühl, als wäre Sarah nie wirklich fort gewesen. Diese alte Vertrautheit würde wohl niemals verschwinden. Mit Lasagne gut gefüllt, übermannte ihn plötzlich wieder die Müdigkeit und als er auf die Uhr sah, war es gerade erst kurz nach halb acht. Der Tag war aber für ihn definitiv gelaufen. Doch so müde er auch war, die Neugier auf den morgigen Tag zog ihn nach oben in sein Zimmer. Da lag es vor ihm auf dem Nachtschränkchen. Er nahm es und ging hinunter in die Küche. Doch bevor er es öffnete holte er ein Bier aus dem Kühlschrank und die Zigaretten aus der Jackentasche. Er setzte sich, zündete eine Zigarette an und nahm einen tiefen Schluck aus der Dose. Er atmete tief durch und schließlich öffnete er es.

      Liebes Tagebuch!

      Heute habe ich die alte Frau aus dem Bus wieder gesehen. Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Der Tag verlief ansonsten ruhig. Ein tolles Auto habe ich da gekauft! Ich war mit Sarah bei Sally und Gab tauchte auch auf einmal wieder auf. Der Typ versucht sich ganz schön einzuschleimen.

      Ich weiß noch immer nicht, was ich von ihm halten soll.

      Nana fehlt mir doch sehr. Ich denke oft an sie.

      Moonville, 20. März 2007

      Lucas schlug das Tagebuch zu und lehnte sich zurück. Die Frau aus dem Bus! Die hatte er schon längst aus seinem Gedächtnis gestrichen. Der Gedanke an den letzten Gesichtsausdruck von ihr an der Bushaltestelle holte ihn ein und ließ ihn ein klein wenig erschaudern. Aber vielleicht wirkte sie auch nur so, weil es doch dunkel war und schließlich war sie ja so nett ihm ein Taschentuch zu reichen. Außerdem hat sich keiner selbst gemacht. Und das er sie nicht kannte war ebenso bedeutungslos. Schließlich kann man ja nicht jeden kennen. Er trank die Dose Bier auf, ging nach oben und legte sich ins Bett. Jetzt war er so dermaßen müde, dass er sich noch nicht einmal über Gab aufregte. Er schloss die Augen und war auf der Stelle eingeschlafen.

      TAG 4

       »Hallo, mein Junge, wach auf…«, er hörte die Stimme seiner Großmutter, doch seine Augenlider waren einfach viel zu schwer. Er konnte sie nicht öffnen. »…Du musst vorsichtig sein, sie wollen…!«

      Der Radiowecker schaltete sich lautstark ein und er schreckte sofort hoch. Hatte er doch glatt vergessen den Radiowecker neu zu stellen. Es war erst kurz nach halb fünf. Er brauchte ja nicht mehr mit dem Bus zu fahren, also wurde er mindestens eine halbe Stunde zu früh geweckt. Aber da er ja gestern sehr früh eingeschlafen war, verzichtete er darauf die Schlummertaste zu drücken und sich an diesem Morgen mal nicht unter Zeitdruck zu setzen. Er fühlte sich in diesem Moment zudem auch recht ausgeschlafen, darum stand er auf und ging direkt duschen. Anschließend kochte er Kaffee und aß eine große Schüssel mit Cornflakes.

      „Eigentlich gar nicht so schlecht“, dachte er.

      Doch er wusste, dass ihm das in Zukunft nicht immer gelingen würde. Einmal ein Langschläfer, immer ein Langschläfer und bei dem Schichtdienst war das ja sowieso nicht immer möglich. Er nahm das Tagebuch wieder in die Hand. Da war aber noch kein Eintrag für den morgigen Tag. Er klappte es wieder zu und legte es diesmal in den Wohnzimmerschrank. Jetzt wurde es auch langsam Zeit sich auf den Weg zu machen und er freute sich schon auf die Fahrt in seinem neuen Wagen.

      Zuerst war wieder jede Menge los auf der Station und allem Stress zum Trotz, nahm er sich einfach die Zeit und schaute zuerst bei Miss Keane vorbei. Schließlich musste er ihr ja auch sagen, dass sie sich in den nächsten vier Wochen wohl nicht so häufig sehen würden.

       »Ich werde dann so lange wach bleiben, bis ihre Schicht beginnt und sie mir eine Gute Nacht gewünscht haben.«, sagte Miss