Drunter und Drüber. Erich Sedlak. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Erich Sedlak
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844264968
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Frau! Drittens: Wir fahren übers Wochenende nach Venedig. Viertens…

      Ewald: Dürfte ich einmal unterbrechen, Frau Magister?

      Ilona: Nein! Ich möchte auch einmal ausreden!

      Ewald: Aber die von Ihnen angeführten Punkte sind für uns völlig unannehmbar! Sie würden damit unser Unternehmen in den Konkurs treiben…

      Ilona: Dann will ich jetzt mit deiner Frau sprechen!

      Ewald: Der Herr Direktor ist zurzeit leider unabkömmlich und für niemanden zu erreichen. Ich danke für Ihren Anruf, Frau Magister.

      Ilona: Weißt du, was du bist?

      Ewald: Das will ich gar nicht wissen! Bis zum nächsten Mal…adieu!

      Ewald beendet das Gespräch. Gleich darauf läutet sein Handy erneut.

      Ewald: Ja! Hallo?

      Ilona: Nix Hallo! Gib mir sofort deine Frau!

      Ewald: Wie bitte? Wer spricht? Tut mir Leid … Da sind Sie falsch verbunden!

      Ein Tisch für acht Personen

      An einem sonnigen Nachmittag betritt eine Gruppe von acht Personen, angeführt von Frau Doktor Anita Wildfeuer, den lauschigen Gasthausgarten des Restaurants Schnötzinger, wo die Frühpensionierung eines Kollegen gefeiert werden soll. Da sich im Garten ausschließlich Tische mit zwei bzw. vier Sesseln befinden, beginnt man kurzerhand zwei der Tische zusammen zu schieben und zusätzliche Sessel dazuzustellen. Von der offenen Schanktheke aus beobachtet der Kellner Georg Tomsich einige Zeit lang das Geschehen, ehe er sich seufzend in Richtung der Gruppe in Bewegung setzt.

      Kellner: (grantig) Was soll denn das da?

      Wildfeuer: Das sehen Sie ja …

      Kellner: Aber nicht gern!

      Wildfeuer: Nachdem es sich bei uns um acht Personen handelt…

      Kellner: … spielen wir ein bisserl Architekt…

      Wildfeuer: Sie könnten uns gern behilflich sein, Herr Ober!

      Kellner: Haben Sie gefragt, ob Sie das auch dürfen: „Tischerlrucken“?

      Wildfeuer: Ist eh nichts reserviert.

      Kellner: (laut) Das ist wurscht, ob was reserviert ist oder nicht! Mit Ihrer unbedachten Vorgangsweise bringen Sie meine gesamte Ordnung in Unordnung.

      Wildfeuer: Welche Ordnung meinen Sie?

      Kellner: Aus einem Zweiertisch und einem Vierertisch haben Sie mutwillig einen Achtertisch gemacht.

      Wildfeuer: Genau! Weil wir nämlich einen Tisch für acht Personen benötigen.

      Kellner: Da fragt man aber zuerst einmal den zuständigen Ober, oder?

      Wildfeuer: (frech) Wo steht denn das geschrieben?

      Kellner: Und noch dazu haben Sie von einem meiner Vierertische zwei Sessel weggenommen.

      Wildfeuer: Na und? Wir sind zu acht!

      Kellner: Mit anderen Worten: Ein früherer Vierertisch ist jetzt zu einem Zweiertisch zusammen geschrumpft.

      Wildfeuer: Vierer- oder Zweiertisch. Ist das nicht völlig egal?

      Kellner: (belehrend) Das ist nicht egal. Das ist nämlich genau eingeteilt nach den Tischnummern. Nach diesen wird die Konsumation boniert und wenn ich einen Vierertisch boniere, den Sie jetzt mutwillig zu einem Zweiertisch gemacht haben, oder wenn plötzlich ein Achtertisch, den es vorher nicht gegeben hat, auf einmal ohne Tischnummer auftaucht, dann stimmt mir nachher die ganze Abrechnung nicht.

      Wildfeuer: So sind Sie doch nicht so penibel, Herr Ober! Das wird man doch irgendwie regeln können…

      Kellner: Das kann man nicht irgendwie regeln! Oder waren Sie schon irgendwann einmal in Ihrem Leben gastronomisch tätig?

      Wildfeuer: Das nicht. Ich bin Ärztin.

      Kellner: Aha … Ärztin! Das ist auch keine Ausrede! Ich darf Sie daher ersuchen, die vorherige Tischordnung umgehend wieder herzustellen.

      Wildfeuer: (mit Nachdruck) Na so weit kommt´s noch! Ich möchte sofort den Geschäftsführer sprechen!

      Kellner: Der ist derzeit im Urlaub.

      Wildfeuer: Oder jemand anderen Kompetenten.

      Kellner: (stolz in Positur) Den sehen Sie leibhaftig vor sich!

      Wildfeuer: (übergibt dem Kellner einen Fünfeuroschein) Ist jetzt Ihre (ironisch) vorherige Tischordnung wieder einigermaßen hergestellt?

      Kellner: Noch nicht ganz, gnädige Frau…

      Wildfeuer: Jetzt vielleicht? (sie übergibt dem Kellner einen weiteren Fünfeuroschein, den dieser achselzuckend einsteckt)

      Kellner: Jetzt ist schon besser! Was darf´s denn sein, die Herrschaften?

      Wildfeuer: Wer trinkt von Euch ein Bier? (zählt ab) Drei Krügel… und dann… dann noch vier Seiterln … und mir bringen Sie bitte einen Pfiff.

      Kellner: (verächtlich) Einen Pfiff? Kommen Sie wieder zu uns, wenn Sie einen Durst haben.

      Wildfeuer: Dann nehme ich als Getränk ein Glas Leitungswasser.

      Kellner: Ein Glas Leitungswasser? Das gilt bei uns als kein Getränk. Das servieren wir nur zum Kaffee.

      Wildfeuer: Dann bitte einen Kaffee mit Wasser. Und was gibt es bei Ihnen zu essen?

      Kellner: Wenig. Unsere Küche öffnet erst wieder um achtzehn Uhr.

      Wildfeuer: Was heißt: Wenig?

      Kellner: Kleine Imbisse: Saure Presswurst, Frankfurter, Schnittlauchbrot, Rollmöpse…

      Wildfeuer: Aber das kann doch nicht wahr sein! Und so was nennt sich Restaurant?

      Kellner: Entspannen Sie sich, meine Gnädigste. Was darf ich bringen?

      Wildfeuer: Gar nichts dürfen Sie bringen, Sie, Sie Monster von einem Ober!

      Kellner: Ohne Bestellung dürfen Sie aber da nicht länger sitzenbleiben.

      Wildfeuer: (springt auf) Das haben wir auch nicht vor!

      Kellner: Sondern?

      Wildfeuer: Wir verlassen diese ungastliche Spelunke.

      Kellner: Bitte sehr! Bitte gleich!

      Wildfeuer: (laut) Uns sehen Sie hier niemals wieder!

      Kellner: (nachrufend) Na hallo, und wer schiebt jetzt die Tische wieder auseinander?

      Drei Wochen später: Georg Tomsich, bekleidet mit einem dunkelblauen Anzug und weißer Margarite im Knopfloch, betritt ein Kaffeehaus. Er blickt suchend um sich, bis er eine Dame entdeckt, die am Revers ihrer Kostümjacke ebenfalls eine weiße Margarite befestigt hat. Zögernd tritt er näher.

      Tomsich: Darf ich vielleicht stören, gnädige Frau?

      Wildfeuer: