Love is pain. Donom Maska. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Donom Maska
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742779311
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schöneres Büro. Ich weiss, dass alle neuen Verträge nur befristet sind, Sparmassnahmen. Liv sagt, für mich gilt das nicht, ich werde selbstverständlich einen unbefristeten erhalten. Gut, klingt doch ganz gut, ich werde ihm noch ein offizielles Bewerbungsschreiben zukommen lassen. Das schreibe ich dann auch gleich nach unserem Gespräch und schicke es per Mail, ich muss mich ja nicht lang und breit erklären, die kennen mich alle seit Jahren und mein Dossier haben sie ja auch. Meine Bewerbung ist in fünf Minuten erledigt.

      Ich freue mich. Klar weiss ich, dass ich als Mitarbeiterin, als Führungsperson sowohl gefürchtet, wie auch geschätzt werde. Es ehrt mich, dass sie mich haben wollen. Ich hab keine leichte Zeit hinter mir.

      Nach meiner dreijährigen Ausbildung zur Kauffrau habe ich hier als Arbeitslose im Programm angefangen, damit ich ein bisschen Erfahrung sammle. Immerhin sammle ich seit meinem vierzehnten Lebensjahr Berufserfahrung, aber nicht im Büro. Ich hab in der Teppichfabrik Musterkataloge geklebt, hab in Restaurants und Bars Neben- wie Hauptberuflich gearbeitet, als Lagermitarbeiterin Kisten geschleppt, als Kassiererin im Einkaufszentrum gearbeitet und anderer Leute Büros und Wohnungen geputzt bis ich meinen Abschluss hatte. Hochverschuldet und 100 Bewerbungen später, kam ich ins Programm, weil mich keiner einstellen wollte, ich hatte keine Berufserfahrung.

      Nach fünf Monaten bekam ich da eine Stelle in einem Projekt, zwar befristet, aber immerhin mit Bezahlung. Der Lohn war gut, ich hab nur leider nichts davon gehabt, da ich drei Jahre Schuldenanhäufung abstottern musste. Aber ich konnte gleich ans nächste Projekt als Gruppenchefin anknüpfen, noch bessere Bezahlung, aber brachte mir weiterhin nicht viel. Auch diese Stelle war befristet, doch ich konnte wieder zum nächsten Projekt als Gruppenchefin anschliessen. Dann bot mir Bjarne eine Festanstellung als Leiterin an. Noch bessere Bezahlung und nun konnte ich davon auch profitieren. Meine Schulden waren mittlerweile getilgt. Er liess mir freie Hand obwohl ich überhaupt keine Erfahrung hatte, aber er traute mir diese Aufgabe zu. Es war ein neues Projekt, wir starten mal und schauen wohin es führt.

      Der Anfang war hart, ich musste kämpfen, ich musste mich beweisen, ich musste viel einstecken. Aber ich gab nicht auf. Ich lernte, ich entwickelte mich, ich wurde immer besser.

      Ich hab Bjarne versprochen, ganz sicher 4 Jahre zu bleiben. Hab mein Versprechen erfüllt und nun? Dieses Projekt war mein Baby und es sass noch nicht fest im Sattel, ich konnte es noch nicht verlassen. Mein Gefühl sagte mir, es ist noch nicht soweit. Aber mein Baby füllte mich nicht mehr aus. Ich war zeitlich und organisatorisch im Stress und unter Druck, immerhin hatte ich zwischen 10 bis 30 Leute zu führen, aber meine grauen Zellen kamen kaum noch auf Touren. Ich stöberte nach Weiterbildungen, um mein Hirn wieder zu aktivieren. Alle möglichen Kurse hab ich mir angeschaut, sogar einen Strickkurs liess ich mir durch den Kopf gehen, aber nichts fühlte sich richtig an. Bis ich auf die Idee mit der Matur kam und sofort meldete sich mein Gefühl „Das ist es!“ Also meldete ich mich sofort an und zog das Ding nebenbei durch. Sehr erfolgreich.

      Nun kommt dieses Angebot zur rechten Zeit. Ich bin soweit. Ich hab alles für mein Baby gegeben, jetzt steht es auf eigenen Füssen, ich bin stolz darauf, aber es ist Zeit, dass wir uns trennen und ich mich einer neuen Herausforderung widme. Ich habe fertig.

      Auf dem Nachhauseweg kommen mir plötzlich Zweifel auf. Will ich das wirklich auch weiterhin machen? Auch wenn es ein anderes Projekt ist, die Materie kenne ich und die fordert mich schon lange nicht mehr, ich kann längst alles auswendig. Will ich weiterhin pendeln und drei Stunden täglich für den Arbeitsweg aufwenden, nach 9 Jahren habe ich schon zu viele Stunden nur im Zug verbracht. Will ich überhaupt weiterhin die Chefin sein, weiterhin Verantwortung für andere tragen? Verantwortung trage ich schon seit ich existiere, immer ist irgendjemand da, um den ich mich kümmern muss. Ich wünsche mir, einfach mal nur noch für mich selbst verantwortlich zu sein.

      Je länger der Abend fortschreitet desto klarer sehe ich. Ich bin nicht nur mit meinem Baby fertig, ich bin auch mit diesem Arbeitgeber, mit diesem Arbeitsort, mit Chef spielen fertig. Ich bin einfach fertig damit. Mein Gefühl ist sich sicher. Ich scanne alle Bewerbungsunterlagen ein und schicke sie mir ins Büro.

      Nach vielen Jahren öffne ich am nächsten Morgen wieder mal den Stellenanzeiger. Ich sehe eine ausgeschriebene Stelle als Projektleiterin. „Die suchen mich“ schiesst mir durch den Kopf. Ich ändere das Bewerbungsschreiben für Liv kurz ab und sende die Bewerbung elektronisch ab, noch ein Ausdruck der Stellenbeschreibung und das war’s, nach ein paar Minuten ist meine Bewerbung unterwegs.

      Zwei Tage später such ich mein Handy und ziehe den Ausdruck aus meiner Handtasche, lese mal richtig, worauf ich mich da beworben habe und lache laut auf „Ja, man kann’s ja mal versuchen.“ Ich bin für diese Stelle überhaupt nicht qualifiziert, hab wohl ein bisschen nach den Sternen gegriffen. Ich schmeiss den Ausdruck weg.

      Intern lädt man mich zu einem Vorstellungsgespräch ein und kurz vor dem Gespräch, bekomme ich eine Einladung zu diesem Vorstellungsgespräch als Projektleiterin. Ich falle aus allen Wolken, damit hab ich nicht gerechnet, vor allem ist mir meine schlechte Bewerbung so peinlich. Leider weiss ich nicht mal mehr genau, worum es überhaupt geht, den Ausdruck hab ich weggeworfen und online ist es bereits überall zurückgezogen. Ich bin verzweifelt die Suchmaschinen am Abklappern, da taucht Phil, ein Arbeitskollege, auf. Ich erkläre ihm panisch mein Dilemma, ich hab ein Vorstellungsgespräch und weiss gar nicht mehr, um was es geht. Fünf Minuten später schickt er mir eine Mail mit der Stellenbeschreibung. Wie klein die Welt ist, werde ich später herausfinden.

      Beim Vorstellungsgespräch mit Liv und Maurizio heisst es plötzlich, der unbefristete Vertrag ist nicht möglich. Maurizio sagt, er hätte alles versucht, aber es geht nicht. Er fragt mich, ob ich noch was offen habe und ich sage, ich habe noch ein Vorstellungsgespräch in der Stadt am Fluss. Maurizio grinst frech, ich kann seine Gedanken hören „Ja, ja das wollen einige hier schon seit Jahren.“ Allein seines frechen Grinsens wegen, wünsche ich mir die neue Stelle. Ich überlege kurz und sage Liv, einen befristeten Vertrag kann ich nicht annehmen.

      Ich hab eine Woche frei und in dieser Zeit ist auch mein Vorstellungsgespräch. Ich bin unglaublich aufgeregt, alles zureden hilft nichts. Ich sitze in meiner Küche, rauche eine nach der anderen und kann mich einfach nicht beruhigen. Für einen Moment halte ich inne und höre auf mein Gefühl. „Du wirst beide Stellen erhalten“. Das beruhigt mich, aber schon pfuscht der Kopf wieder rein und ich bin wieder mit den Nerven am Ende. Immer dieser Kampf zwischen Verstand und Gefühl.

      Endlich ist es soweit. Ich werde von Caro herzlich begrüsst, in einen Raum mit vielen Tischen geführt. Zwischen mir, Caro links, Franz rechts und Robert gegenüber, sind etliche Meter, ich muss fast schreien. Robert erzählt, ich seh ihn an, ich schaue Franz an und denke, hier will ich nicht arbeiten. Mit so vertrockneten Pflaumen halte ich es auf gar keinen Fall aus. Ich lass ihn reden, nicke hier und da, hoffe es ist bald vorbei. Im Kopf formuliere ich schon meine Absage. Gleich morgen oder soll ich so tun als hätte ich darüber nachgedacht und erst nächste Woche absagen?

      Dann bin ich an der Reihe mit erzählen. Ja das kann ich. Sie stellen Fragen, ich antworte gewissenhaft, aber auch mit einer Prise Humor. Die beiden tauen auf, sogar der verstockte Franz lacht. Die Stimmung hebt sich und ich denke, geht doch. Sie können tatsächlich auch anders. Robert war von meinem Maturzeugnis so beeindruckt und wollte die Person, die das hingekriegt hat, mal kennenlernen. Nach dem Gespräch weiss ich, die Stelle gehört mir. Ich bin mir so sicher. Ich bin mir auch sicher, dass ich sie annehmen muss, es ist sehr wichtig für mich. Warum, weiss ich nicht, nur dass mein Instinkt mir sagt, ich muss.

      Am Montag geh ich wieder zur Arbeit. Bjarne ruft mich in sein Büro, er ist ganz aufgeregt und zappelt herum. Ich verstehe nicht, was los ist. Wir haben uns nur ein paar Tage nicht gesehen und nicht Jahre, ich schaue ihn ausdruckslos an. Er schaut mich verwirrt an, weil ich ihn ausdruckslos anschaue. So stehen wir beide einen Moment verwirrt da bis er ruft „Du gehst!“ Verwirrt frage ich „Wohin?“ „Du hast doch die Stelle bei Liv bekommen“ ruft er aus. „Hab ich das? Davon weiss ich nichts.“ Er ist überrascht, denn er war ja auch im Urlaub. Ich erzähle ihm von dem befristeten Vertrag, dass ich abgelehnt habe und seitdem nichts mehr gehört habe und auch von meinem Vorstellungsgespräch, von dem ich denke, dass ich die Stelle bekomme. Er meint, für meine Stelle sei schon ein Vorstellungsgespräch für 10 Uhr