Love is pain. Donom Maska. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Donom Maska
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742779311
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       Das Ende einer Geschichte

       Dank

      Für O., meine verlorene Liebe

      Meine Inspiration

      Ich öffne die Tür, stelle die Einkäufe ab, ziehe Jacke, Schuhe und Uhr aus. Sobald ich zur Tür reinkomme, muss die Uhr weg. Den ganzen Tag bin ich mir gar nicht bewusst, dass ich eine anhabe, aber sobald ich meine Wohnung betrete, stört mich das Band um das Handgelenk, sie muss sofort weg. Ich renne auf die Toilette, meine Blase hat die Grösse einer Haselnuss, ständig muss ich auf die Toilette rennen. Erst dann bringe ich die Einkäufe in die Küche, räume alles ein, setz mich hin.

      Feierabend. Genüsslich eine Rauchen. Wobei, genüsslich ist es schon seit einiger Zeit nicht mehr, ich kann kaum noch atmen, der Husten erinnert an einen Minenarbeiter und Lust hab ich auch keine mehr, aber ich zünde mir schon fast alle halbe Stunde eine an, weil ich nicht weiss, was ich sonst tun könnte.

      Ich öffne den Laptop, der immer auf dem Küchentisch steht und nur für Updates runtergefahren wird, suche erst mal nach Jack. Eine Gewohnheit. Nachsehen, ob er neue Platten zum Verkauf hochgeladen hat. Nicht, dass ich etwas kaufen will, ich schaue nur nach, ob er in der Zwischenzeit drauf war, das würde mir zeigen, wie er ein paar Minuten seines Tages verbracht hat.

      Nein, seit heute Morgen und dann wieder am Nachmittag als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, hat sich bei seinen Angeboten oder Kommentaren nichts verändert, er ist ja schliesslich am Arbeiten. Das hält mich nicht davon ab, mehrmals täglich draufzuschauen. Dann spiele ich eine Weile mein Früchtchenspiel, verbrauche die fünf Leben. Nicht, dass ich es noch gerne spiele, es langweilt mich schon lange, aber es beschäftigt mich eine Weile.

      Ich logg mich in die Quatschbox ein, schaue nach, ob Mike, Adi, Alain oder Chatana online waren oder sind. Nein, keine Veränderung in den letzten zwei Stunden. Nicht, dass es mich wirklich noch interessiert, aber auch das beschäftig mich für einen Moment. Ich kann kurz mal an etwas anderes denken als an meinen Schmerz. Noch kurz Partnerbörse checken, ob jemand geschrieben hat. Ich schreibe sowieso niemandem zurück, lese und lösche alle Anfragen. Das Abo ist herausgeschmissenes Geld, aber immerhin sind wieder ein paar Minuten um.

      Die zweite Zigarette ist auch schon verraucht. Heute muss ich nicht kochen, Matteo geht ins Training. Da er vorher nicht essen kann, koche ich montags und mittwochs nicht. Ich hab mir vorgenommen, heute Abend auch ins Fitnessstudio zu gehen, montags und mittwochs ist praktisch, da ich ja eh nicht kochen muss, aber dann frag ich mich, wozu noch? Ich muss nicht mehr schlank und straff aussehen, in nächster Zeit wird mich sowieso kein Mann nackt sehen.

      Ich hab die letzten Wochen drei bis vier Mal die Woche trainiert, die Aussicht auf Sex mit Jack, war der beste Motivator, den ich je hatte. Aber Jack will mich nicht mehr. Es ist vorbei. Momentan kann ich mir gar nicht vorstellen, einen anderen Mann zu küssen, geschweige denn, scharf auf ihn zu werden und Sex zu haben. Ich verschiebe das Training auf Mittwoch, heute bin ich eh etwas verschnupft und müde.

      Steh seufzend auf, schlürfe ins Wohnzimmer, setzte mich auf mein geliebtes, breites, braunes Sofa mit den vielen beigen Kissen. Ich liebe mein Sofa, aber das sieht man dem leider auch an. Schon lange möchte ich ein Neues, wenn auch am liebsten das gleiche Modell, in der gleichen Farbe.

      Ich setz mich in den Schneidersitz und dann lasse ich die Tränen fliessen, die sich schon den ganzen Tag in meinen Augen gesammelt haben. Als hätte ich auf einen Knopf gedrückt und es sprudelt alles aus mir raus. Innerlich jauchze und schreie ich „Ich vermisse dich so sehr. Ich halt‘s nicht mehr aus!“ Nach ein paar Minuten versiegt der Tränenfluss. Der Tank ist leer. Das ist meine neuste Methode, abends die Wimperntusche abzuschminken, sehr effektiv, es bleiben keine Reste übrig.

      Ich wisch das Gesicht, putz die Nase, schalte den Fernseher ein und starre meine neue Wohnwand an. Sie ist gross, hässlich, passt nicht in meine Wohnung, passt nicht zum restlichen Mobiliar, passt nicht zu mir. Was für ein Fehlkauf.

      Die letzte war schon alt und leider dunkelbraun. Furchtbar, die sah nie abgestaubt aus. Auf dunkler Fläche ist der Staub immer da, das hat mich all die Jahre genervt, trotzdem hat sie zum Rest der Wohnung gepasst. Aber bei der hier hab ich ordentlich danebengegriffen.

      Zu meiner Verteidigung kann ich nur anbringen, ich war verliebt und die Hormone spielten verrückt. Die Welt war voller bunter Schmetterlinge, die meinen Blick getrübt haben. Ich sass im Büro und stellte mir vor, wie ich Jack zu mir nach Hause einlade, dafür brauche ich natürlich unbedingt eine neue Wohnwand, ich schämte mich für die Alte. Vor sieben Jahren habe ich das Wohnzimmer neu möbliert, nun ist es höchste Zeit, alles zu ersetzen, moderner zu gestalten. So hab ich rumgesurft, eine gefunden, gleich online bestellt, ich hab ja kein Auto, um hinzufahren. Dummer Fehler, unglaublich dummer Fehler, ich weiss. Die wurde auch gleich drei Tage später geliefert und aufgebaut. Ich hab Geld, das ich eigentlich gar nicht habe, für so was zum Fenster rausgeschmissen. Nicht nur, dass sie nicht passt, Jack wird sie nun auch nie sehen, weil er nie zu mir nach Hause kommen wird. Genauso wenig, wie die neue Kaffeemaschine. Die alte war schon ziemlich verbraucht und ich hab eine neue bestellt, damit ich mich wegen der Alten nicht schämen muss, wenn ich Jack einen Kaffee mache. Die Neue steht seit Tagen, immer noch ungeöffnet, auf dem Küchenfussboden. Wozu auspacken, ich werd für Jack nie Kaffee kochen.

      Ich zappe rum, schaue, ohne etwas zu sehen. Für Nachrichten hab ich kein Gehör, ich weiss nicht, was in den letzten Tagen auf der Welt geschehen ist, meine eigene ist wieder mal zusammengebrochen. Da morgens in der Küche und tagsüber im Büro immer das Radio läuft, hab ich mit halben Ohr mitbekommen, dass es Anschläge in Brüssel gegeben hat. Aber die Information ging durch mich hindurch. Sonst war ich immer gut informiert, hab tagsüber die Zeitungen gelesen, Kommentare, Bücher, viel gesurft. Jetzt ist da kein Platz mehr für den Rest der Welt. Wozu all dieses Wissen? Was nützt es schon?

      Was ändert es an der Tatsache, dass ich kurz geglaubt hab, endlich auch mal richtig Glück zu haben, nur um dann festzustellen, dass ich wie gewöhnlich auf die Schnauze falle. Für Glück bin ich nicht gemacht. Ich hab keine Lust mehr aufzustehen, mich erholen, Staub abklopfen und weitergehen.

      Liegen bleiben. Wozu aufstehen, ich fall ja doch wieder hin. Wozu wissen, wozu lernen, wozu bilden? Hat doch eh alles keinen Sinn.

      Ich beschliesse, ein bisschen spazieren zu gehen. Kopfhörer rein, Musik an, laufen. Da kann ich in meine Fantasiewelt eintauchen. Da kann ich die sein, die ich will. Dort kann ich ihn noch küssen, seine Nähe spüren, mit ihm reden und lachen. In dieser Traumwelt ist er noch da und liebt mich. In der Realität ist nichts.

      Aber ich kann nicht mehr abtauchen, so wie ich es früher immer konnte. Dieses Mal scheint die Flucht in den Tagtraum nicht zu gelingen, da ist diese Traurigkeit. Dieses Mal sitzt sie zu tief, um ignoriert oder überspielt zu werden.

      Traurig war ich schon sehr oft in meinem Leben. Diesmal ist es wohl einfach einmal zu viel. Diesmal seh ich keinen Sinn mehr, aufzustehen. Matteo wird bald 20 Jahre alt, er braucht mich nicht mehr. Wie soll ich mich noch motivieren, zu funktionieren?

      Daraus besteht mein ganzes Leben, aus funktionieren. Nur stellt sich nun die Frage, wofür denn? Vor mir ist nichts. Nichts worauf ich mich freue, nichts was ich noch erreichen möchte, nichts was mich interessiert, nichts wofür es sich noch zu kämpfen lohnt. Nichts. Nichts. Nichts.

      Ich nehme die Hörer raus, laufe ohne Musik weiter. Das konnte ich früher nie, nicht mal ein paar Meter. Jetzt kann ich die Scheinwelt nicht mehr ertragen. Sie spendet mir keinen Trost, weil ich weiss, ich muss aus ihr in das Nichts der Realität zurückkehren. Ich laufe in den Wald. Ich hab vor kurzem einen Baum zuoberst entdeckt. Man kann sich gut hinsetzen, an ihn anlehnen, die Aussicht über die Felder geniessen und der Sonne abends beim Untergehen zusehen. Ich muss sowieso mal ein ernstes Wörtchen mit Gott reden,