Zeit der Könige. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738038316
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bin ein erwachsener Mann, kein grüner Junge. Was soll ich mit einem Kind im Bett?“ Dietrich verzog das Gesicht.

      „Nun, auch Jutta wird älter“, meinte Isbert gelassen.

      „Ja, aber ich auch“, konterte der Graf. „Doch ob sie schöner wird, das weiß Gott allein. Außerdem braucht der Landgraf mich“, fuhr er ernsthaft fort. „Als sein Bruder Ludwig vor einiger Zeit starb, wollte der Kaiser bekanntlich auch das Thüringer Lehen einziehen und natürlich der Krone einverleiben, raffgierig, wie er ist. Zu vielversprechend sind die Einkünfte der ausgedehnten Ländereien und Wälder. Doch mein zukünftiger Schwiegervater hat sich sein Erbe nicht streitig machen lassen. Also, eine Hand wäscht die andere, oder wie meine Mutter immer sagt: ‚Hilfst du mir, so helf ich dir’.“

      Der Bruder des Thüringer Landgrafen Ludwig, Hermann, konnte sich mit Hilfe mächtiger Verbündeter, zu denen auch Dietrich von Wettin gehörte, seine Nachfolgeansprüche sichern und die Landgrafenkrone behalten. Sehr zum Verdruss Kaiser Heinrichs. Ein willensstarker Mann wie Dietrich war diesem deshalb ein Dorn im Auge und so musste er sich wohl oder übel zu Albrecht bekennen.

      Nicolas war bereits zur Anlegestelle geeilt, um seinen Vater zu begrüßen. Die Strahlen der Abendsonne fielen auf sein lockiges dunkelbraunes Haar und ließ es rotgolden aufleuchten. Isbert sprang als erster von der Fähre. Nicolas warf sich ihm stürmisch in die Arme.

      „So schlimm, mein Sohn?“, fragte Isbert lächelnd. Der Junge nickte stumm.

      „Nun, nun. Jetzt bin ich ja wieder zu Hause“, versuchte ihn sein Vater zu beruhigen.

      „Bleibt Ihr jetzt in Meißen?“, wagte Nicolas zu fragen.

      „Das kommt darauf an, ob es Albrecht gefällt, dass ein Ritter seines Bruders auf der Burg bleibt.“ Er schaute bedeutsam zu Dietrich.

      „Ich glaube, ich werde in der Stadt Quartier nehmen, bevor ich Albrecht in die Arme laufe“, sagte der Graf und zog bedauernd die Schultern hoch.

      „Das wird der edlen Frau Hedwig aber nicht gefallen“, meinte Isbert schmunzelnd.

      „Sie wird sich damit abfinden müssen, dass Albrecht im Moment das Sagen in der Markgrafschaft hat. Mit Sicherheit würde er es nicht begrüßen, wenn ich an seinem Hofe weilte.“ Dietrich verzog schmerzlich das Gesicht. „Doch solltet Ihr zu Eurer Frau gehen, Isbert. Gewiss erwartet sie Euch schon sehnsüchtig.“

      „Da bin ich mir nicht so sicher. Sie grollt mir bestimmt noch, dass ich sie vor Monaten wieder verlassen habe, um an der Seite des Kaisers ins Heilige Land zu ziehen.“ Er schaute zu seinem Sohn, der den Blick gesenkt hielt.

      „Oder, Nico? Was hat deine Mutter gesagt?“

      „Nichts“, meinte der Junge kleinlaut.

      „Trefft mich am Abend im „Schwarzen Schwan““, forderte der Graf Isbert auf. „Ich erwarte Euch pünktlich zum Abendläuten. Aber gebt Acht, dass Euch keiner sieht, wenn Ihr auf dem Weg von der Burg in die Stadt seid. Wir wollen doch nicht, dass irgendeiner eine neue Verschwörung wittert.“ Dietrich lachte leise. Dann schwang er sich auf den Rücken seines Pferdes und verschwand mit seinen Männern in Richtung der untergehenden Sonne.

      Isbert bedeutete seinem Knappen, ihm zu folgen und nahm die Zügel des Rosses auf. Er legte den Arm um die schmächtigen Schultern seines Sohnes. „Komm, mein Junge, lass uns zur Burg gehen. Deine Mutter vermisst dich bestimmt bereits.“

      „Nein, ich glaube nicht, dass sie mich vermisst“, meinte Nicolas etwas verdrießlich. Isbert zog verwundert die Augenbrauen nach oben.

      „Ich habe sie seit Tagen nicht gesehen“, fuhr sein Sohn fort. „Immer ist sie bei der alten Markgräfin. Und wenn sie mich sieht, fängt sie an zu schluchzen, so dass Frau Hedwig sie trösten muss. Ich schlafe jetzt schon lange im Saal mit den anderen Jungen, die von Herrn von Hohnberg betreut werden.“

      „So, so. Nun, wir werden sie zusammen aufsuchen. Bestimmt freut sie sich heute, dich zu sehen“, tröstete Isbert den Jungen.

      Die Begegnung der Eheleute verlief unterdessen sehr unterkühlt. Hedwig versuchte zwar, zu vermitteln. Aber Lioba war zu verzweifelt, um Isbert in die Augen sehen zu können. Nicolas schlief weiterhin mit den anderen Pagen und Knappen, und Isbert ging nach der ersten Begrüßung in die Stadt, um sich Dietrich wieder anzuschließen. Auch er konnte seiner Frau nicht entgegentreten, als wäre nichts geschehen, denn natürlich waren ihm die Gerüchte über ihre Untreue zu Ohren gekommen. Ihr seltsames Verhalten sah er als Schuldeingeständnis. Doch wollte er sie jetzt um seines Sohnes willen nicht zur Rede stellen. Der Junge hatte schwer genug unter der ständigen Abwesenheit seines Vaters zu leiden. Auch hörte dieser mit Sicherheit die Sticheleien der Hofleute, die darüber spekulierten, ob der Sohn des edlen Ritters Heidenreich Verrat beging und sich gegen seinen Markgrafen stellte.

      Allerdings war er gezwungen, am nächsten Tag wieder auf die Burg zurückzukehren, denn Albrecht ließ ihn zu sich rufen.

      Isbert verlangsamte seinen Schritt. Er verspürte wenig Lust, dem Bruder Dietrichs gegenüberzutreten. Seine Gedanken überschlugen sich. Was würde er von ihm wollen? Ob es um Lioba ging? Doch was interessierte den Markgrafen Klatsch und Tratsch? Isbert erklomm die steinerne Treppe, die vom Saal des Palas` in das obere Stockwerk führte, in dem Albrecht seine Gemächer hatte. Düsternis umfing ihn, nur hier und da rußte eine Fackel in ihrer Halterung an der Wand vor sich hin, mehr Rauch denn Licht spendend. Isbert stolperte über ein Holzscheit, dass jemand im Gang hatte liegenlassen. Um ein Haar wäre er gegen die Tür zu Albrechts Kammer gefallen, konnte sich im letzten Moment noch fangen. Zögernd klopfte er an. Als ein barsches „Herein“ ertönte, drückte er mit schwerem Herzen den Riegel herunter und trat ein.

      „Da seid Ihr ja endlich“, empfing ihn Albrecht unfreundlich. „Was hat Euch solange aufgehalten? Habt Ihr wieder mit meinem Bruder zusammengesteckt? Dieser Nichtsnutz heckt doch mit Sicherheit irgendwelche Pläne aus, um doch noch die Markgrafenkrone an sich zu reißen.“

      Isbert verbeugte sich halbherzig. „Durchlaucht“, sagte er leise. „Ich bin so schnell herbeigeeilt...“

      „Doch es wird ihm nichts nützen, da der Kaiser hinter mir steht“, schnitt Albrecht dem Ritter das Wort ab. „Zum Glück hat Barbarossa seinen Sohn als Verwalter im Reich zurückgelassen, als er auf den Kreuzzug ging. Sein Tod hat natürlich die Fürsten des Reiches schwer bestürzt. Doch Heinrich ist ja unerwartet schnell nach Rom gezogen, um sich zum neuen Kaiser ausrufen zu lassen.“ Albrecht hörte auf zu sprechen.

      Isbert hütete sich, das Wort zu ergreifen und verharrte in scheinbarer Demut, dass der Markgraf ihn zu einer Antwort aufforderte.

      „Sagt Isbert, habt Ihr Heinrich bei Eurer Rückkehr von Italien angetroffen? Ist mein Bruder ihm begegnet?“ Albrecht fixierte Isbert mit einem lauernden Blick.

      Endlich ist die Katze aus dem Sack. Er will nur wissen, ob es Dietrich gelungen ist, den Kaiser von seinem Erbanspruch zu überzeugen, dachte er.

      „Nein, wir sind direkt aus Antiochia hierher zurückgekommen, ohne dass wir die Route des Kaisers gekreuzt haben“, antwortete Isbert unverbindlich. „Ein kleiner Teil der Fürsten ist mit Barbarossas Sohn Friedrich weiter nach Jerusalem gezogen, doch die meisten hielten es für klüger, zurückzukehren.“

      Albrecht nickte. Längst war ihm bekannt, was Isbert ihm erzählte. Doch brauchte er einen Grund, den Ritter nach seinen weiteren Plänen zu fragen.

      „Ihr habt lang gebraucht, zurück nach Meißen zu kommen. Ich weiß, dass Ihr mit meinem Bruder durch die Lande gezogen seid.“ Albrecht trommelte mit seinen Fingern ungeduldig auf die Platte seines Schreibpultes, hinter dem er stand und schaute Isbert wissend an.

      „Was habt Ihr vor, Isbert? Ich weiß, dass Euch der Sinn wenig danach steht, mit Euren Männern für mich zu kämpfen. Denn das hieße ja, dass Ihr gegen Dietrich zieht.“ Der Markgraf machte eine bedeutungsvolle Pause. Doch Isbert ließ sich nicht provozieren. Nicht im Traum dachte er daran, für Albrecht in die Schlacht zu ziehen, schon gar nicht gegen seinen Freund Dietrich, mit dem ihm mehr verband, als mit jedem Ritter am Hofe