Miramahelia. Laryssa I. Bieling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Laryssa I. Bieling
Издательство: Bookwire
Серия: Miramahelia
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847673279
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las er und blickte erstaunt auf.

      >>Das ist es!<<, rief er. Seine Frau sah ihn ungläubig an.

      >>Das ist was?<<, fragte sie nach.

      >>Ach nichts, ich habe nur eben laut gedacht<<, murmelte er und drehte sein Gesicht aus ihrem Blickfeld, denn sie hätte sofort gemerkt, dass das eine glatte Lüge war. Nur in genau zwei Tagen hatte Larris Ferien, dann könnte er für zwei Wochen weg. Nervös und angespannt räusperte er sich.

      >>Ähm - Roisin Schatz, hat meine Mutter sich eigentlich mal wieder gemeldet?<< Wie er befürchtet hatte, schaute Roisin ihn erstaunt an und setzte sich an den Wohnzimmertisch. So etwas hatte er schon lange nicht mehr gefragt. Eigentlich war der Kontakt in den letzten Monaten fast eingeschlafen und nur selten kam es dazu, dass sie sich mal meldete.

      >>Nein<<, sagte sie, zündete das Stövchen für den Tee an und goss das heiße Wasser über den Teebeutel in der Kanne.

      >>Warum?<<

      >>Ach, nur so<<, druckste er herum. Mrs. Prittel stutzte und schaute ihren Mann mit einem skeptisch durchdringenden Blick an, sodass er sich nervös auf dem Sofa hin und her zu räkeln begann.

      >>Nur so, aha<<, sagte sie misstrauisch.

      >>Sag schon endlich! Was ist los?<< Nun fixierte sie ihn so, dass er am liebsten alles erzählt hätte, wäre da nicht plötzlich wieder diese Stimme gewesen. Es war fast so, als würde im Kopf ein Fernseher eingeschaltet werden und dann wieder aus. In seinem Innersten ertönten die Worte von Sistan, dem Geist der Niederkunft! Es waren genau die Worte und Bilder, die ihm zum Zeitpunkt der Geburt von Larris mitgeteilt wurden und das genauso eindringlich wie damals, sodass er ohne zu zögern log, dass sich die Balken bogen.

      >>Äh, na ja, ich mache mir eben halt so meine Gedanken. Meine Mutter ist ja schließlich auch nicht mehr die Jüngste und ich finde es sehr schade, dass wir so wenig Kontakt zu ihr haben.<<

      >>Und?<<, sagte sie gespannt.

      >>Nun, ich dachte nur ... vielleicht ... wäre es wirklich schön für sie und auch Larris ... und natürlich auch für uns ... na, du weißt schon ... den Kontakt zu ihr wieder zu intensivieren.<< Erwartungsvoll stand er vom Sofa auf und setzte sich zu ihr an den Tisch. Mrs. Prittel nippte derweil mit geschürzten Lippen an ihrem Tee herum.

      >>Ich schlage vor, dass wir meine Mutter anrufen und fragen, ob Larris für die nächsten zwei Wochen bei ihr sein dürfte. Immerhin sind Ferien und bei meiner Mutter ist es für einen Jungen in seinem Alter spannend. Du weißt doch, wie schön das alte Haus ist. Sie wird sich unheimlich freuen und wir können uns nach dem Besuch endlich auch mal wieder etwas Zeit für uns nehmen.<<

      Das hatte ihr Mann schon wirklich lange nicht mehr zu ihr gesagt und deshalb war ihre Freude umso größer. Beherzt biss sie in ihr Himbeermarmeladenbrötchen und plinkerte mit den Augen.

      >>Einverstanden!<<, sagte sie schmatzend und sprang fröhlich von ihrem Sessel hoch. Sie umarmte ihren Mann so kräftig, dass sein Kopf vor lauter Luftmangel puterrot wurde und der Himbeermarmeladenkuss, dem sie ihm auf seine Wange drückte, gar nicht auffiel.

      Sein Plan ging also auf. Nun war die Sache gebongt und zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Larris konnte aus der Gefahrenzone weggebracht werden, ohne dass jemand auch nur im Geringsten ahnte, dass irgendeine Gefahr lauerte und seine Frau war glücklich!

      >>Lass uns Larris aber nichts verraten, es soll eine Überraschung werden!<<, fügte er beiläufig hinzu und grinste frech. Insgeheim dachte er sich natürlich, dass er das alles wirklich sehr gut eingefädelt hatte. Jetzt musste nur noch irgendwie verhindert werden, dass Larris nach draußen gehen würde, denn schließlich war ja Halloween.

      Die vom Wetterdienst angekündigten Nebelschwaden hatten etwas sehr Beunruhigendes. Es waren einfach zu viele Merkwürdigkeiten auf einmal und so manches Mal sollte man sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Es musste also eine gute Idee her, damit Larris gar nicht in Versuchung geraten würde nach draußen gehen zu wollen. An Halloween war das recht schwierig, außer man würde ihm anbieten zu Hause „Pit - the crack“, eine Art Verstecken im Dunklen, spielen zu können. Das Haus der Prittels war ideal dafür, denn es hatte viele Winkel und finstere Ecken. Das wäre für Larris wohl eine willkommene Alternative gewesen, die er bei Nebel wohl kaum abschlagen konnte.

      >>Roisin Schatz, dass ich es nicht vergesse, für heute Abend habe ich mir noch etwas Schönes überlegt. Wir machen einen Spieleabend!<<

      >>Einen Spieleabend an Halloween? Nein, wir sind doch eingeladen! Wie kommst du denn jetzt auf so etwas?<< sagte sie empört.

      >>Hast du denn kein Radio gehört? Wir können heute nirgendwo hin. Es werden sich dichte Nebelschwaden über das gesamte Gebiet legen! Außerdem sollen die Leute in ihren Wohnungen bleiben und wichtige Einkäufe in den Mittagsstunden erledigen! Wenn du mir nicht glaubst, dann mach doch eben einfach die Nachrichten um 12 Uhr an!<< Ungläubig ging sie zum Radio und stellte den örtlichen Sender ein. Sie konnte einfach nicht ernst nehmen, was ihr Mann da sagte.

      >>Achtung, Achtung und hier nochmals eine Meldung für die Einwohner von London. Bitte bleiben sie schon vor Beginn der Dämmerung in ihren Häusern und Wohnungen! Heute fällt Halloween aus, denn Schlagnebel tritt auf! Diese Art von Nebel ist so dicht, dass man die Hand nicht einmal fünf Zentimeter vor den eigenen Augen erkennen kann. Lichtpegel werden komplett verschluckt. Autofahren ist nicht möglich! Bleiben sie bitte zu ihrer eigenen Sicherheit bis morgen früh drin!<<

      >>Das klingt ja unheimlich<<, sagte sie und überlegte nicht lange, >>dann muss ich wohl unsere Einladung absagen.<< >>Schlagnebel!<<, wiederholte sie irritiert und schüttelte ungläubig den Kopf. So etwas hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gehört. Ein völlig neues Wort.

      >>Das gibt es wirklich und ist kein Halloweenscherz! Meine Mutter hat, wenn ich mich recht entsinne, vor ungefähr 30 Jahren ein ähnliches Szenario erlebt. Ich weiß, wovon ich spreche und genau deshalb sollten wir zusehen, dass wir uns hier drinnen die Zeit vertreiben. Alles andere wäre lebensgefährlich!<<, sprach er mit Nachdruck.

      Bis es Zeit zum Mittagessen war, wurde weiterhin kein Wort mehr über den Schlagnebel gesprochen. Während Mrs. Prittel in der Küche an ihrem Mittagessen werkelte, begab sich Mr. Prittel in die Bibliothek, ins oberste Stockwerk des Hauses. Hier stopfte er sich genüsslich eine Pfeife mit Vanilletabak und öffnete das Fenster, um nicht die komplette Bibliothek einzuräuchern. Das hatte seine Frau nämlich nicht gerne. Doch was war das? Als er in den Vorgarten hinunter spähte, saß der Rabe immer noch auf dem Briefkasten. Das Ungetüm bemerkte ihn und starrte in seine Augen, dass ihm vor Unbehagen fast die Rauchröhre aus den Mundwinkeln fiel. Plötzlich jedoch drehte es sich und richtete den Blick auf die Square Stone Gasse, als würde es auf jemanden warten.

      >>Ein riesen Vieh, das ist mir vorhin gar nicht so aufgefallen<<, dachte er laut. Er war sich sicher, dass die Flügelspannweite bestimmt über einen Meter betrug. Ein ganz besonders großes Exemplar seiner Gattung, das ihm bislang in dieser Größenordnung noch nie ins Auge gefallen war. Sein Vater hatte ihm damals, als er noch ein kleiner Junge war, erzählt, dass es eine besonders große Rabenart, die Kolkraben, gäbe. Vielleicht war das ja einer. Das musste er doch unbedingt einmal nachschlagen. Flink zog er eine alte Enzyklopädie aus dem Regal und wurde prompt fündig.

      >>Hier steht es, der Kolkrabe. Mit einer Körperlänge von bis zu 64 cm, einer Flügelspannweite von 1,20 m und einem Gewicht bis zu 1,5 kg, ist der Kolkrabe deutlich größer als alle anderen Rabenvögel Europas. Sein Gefieder ist pechschwarz und die Flügeldecken glänzen metallisch. Der Kolkrabe hat einen großen klobigen, schwarzen Schnabel. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gilt er als ausgestorben. Was um Himmelswillen macht dann dieses ausgestorbene Vieh in meinem Vorgarten?<<, las er und schüttelte den Kopf.

      >>Nein, das ist kein Kolkrabe, der ist ja noch um einiges größer, als das, was es sonst gibt<<, sprach er entsetzt zu sich. So etwas Ähnliches hatte er aber noch irgendwo anders