Alpha & Omega. R. R. Alval. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R. R. Alval
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738072808
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Wenn du wüsstest, wie sehnlichst ich mir gerade wünsche, dass ich Blitze schleudern könnte! Ihre Wangenmuskeln arbeiteten angestrengt, während sie sich darum bemühte, ihm das Gedachte nicht entgegen zu spucken.

      Ryan trat dicht hinter sie. So nah, dass sie seinen Atem auf ihren Haaren spüren konnte. „Ich kann dich wirklich mitnehmen. Wir haben den gleichen Weg.“ Wieder überkam Regina eine Gänsehaut. Was war nur mit seiner Stimme los? Sie vibrierte in ihrem Inneren und löste die verrücktesten Vorstellungen in ihr aus. Es war kaum verwunderlich, dass sie einen Moment brauchte, um sich zu fassen. „Hör mal, Ryan. Machen wir uns nichts vor: Du wolltest mein Geld, nicht mich. Ich war so blöd und bin darauf reingefallen. Also hör auf, dich wie ein verlassener Liebhaber zu benehmen. Wir fahren in völlig unterschiedliche Richtungen, und das weißt du auch.“

      „Ich dachte, du willst es dir nochmal überlegen?“ Sein Raunen klang verheißungsvoll. „Du hast mir vorgeschlagen, dass ich das tun soll. Habe ich getan. Fakt ist, ich ändere meine Entscheidung nicht.“

      „Wann hast du darüber nachgedacht? Da drinnen?“ Verächtlich schwenkte er mit dem Kopf zum Eingang des Le Nuit. „Ich brauche dich, Regina. Es fällt mir ziemlich schwer, dass zuzugeben.“

      Regina konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Hältst du mich für so blöd, dass ich dir ernsthaft abnehme, dass du dich ganz plötzlich in mich verliebt hast?“ Wütend, ungläubig und frustriert lachend, schüttelte sie ihren Kopf. „Ich habe nicht gesagt, dass ich dich liebe. Ich sagte, ich brauche dich.“ Regina ballte ihre Hände zu Fäusten und schluckte schwer. „Ok Ryan, wie viel muss ich dir zahlen, damit du mich in Ruhe lässt?“ Er hatte ihr Herz bereits zu einem einzigen Scherbenhaufen zerfallen lassen. Weshalb konnte er es nicht darauf beruhen lassen? Es war schwer genug für sie gewesen, die Trennung durchzuziehen. Immerhin hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Nie im Leben wäre sie durch ihre rosarote Brille auf die Idee gekommen, dass er nur ihr Konto wollte.

      Er stand so dicht bei ihr, dass er ihr Herz laut klopfen hören musste. Du bist stark. Du bist stark. Du bist stark, redete sie sich ein. Sie versuchte mit zusammengebissenen Zähnen seinen Geruch, seinen warmen Atem, seine Nähe und seine Stimme zu ignorieren. Solange sie nicht in seine smaragdfarbenen Augen sah, würde ihr das vielleicht auch gelingen.

      Er umfasste von hinten ihre Schulter und zog sie an sich. Beinah hätte ihr Herz vergessen zu schlagen. Erschrocken schnappte sie nach Luft. „Ich fahre dich heim.“, beteuerte er mit seiner samtweichen Stimme, die es Regina unmöglich machte, sich von ihm loszureißen. Energisch schüttelte sie den Kopf. „Ich brauche dich nicht.“, sagte sie mit der eisigsten Stimme, die sie selbst zu bieten hatte. Leider machte das Taxi, was eben an ihr vorbeifuhr, keinerlei Anstalten anzuhalten. Ebenso wie die nächsten drei, obwohl sie wie eine Irre mit der Hand wedelte. „Mein Angebot steht immer noch.“, hauchte er ihr ins Ohr. Sie entschied sich zähneknirschend, anzunehmen, bevor sie sich weiterhin zum Deppen machte. Beinah hatte sie den Eindruck, dass er die Taxifahrer… nun ja, irgendwie… bestochen hatte.

      Wie nah ihre Annahme der Wahrheit kam, ahnte sie nicht.

      Sobald sie in Ryans Auto saß, überkam sie eine bleierne Müdigkeit. Sie war kaum noch imstande ihre Augen offen zu halten. Schläfrig unterdrückte sie ein Gähnen und erhaschte einen letzten Blick auf ihren Ex-Verlobten. Mit einem siegessicheren Lächeln, aber einer ansonsten undeutbaren Mimik, steuerte er das Auto in die für sie offensichtlich falsche Richtung.

      Doch bevor sie ihre Bedenken äußern konnte, schlief sie ein.

      3

      Als Regina erwachte und erkannte, dass es weit nach Mittag sein musste, wäre sie vor Schreck fast lauthals quiekend aus dem Bett gesprungen. Aber eben nur fast. Viel schockierender war es festzustellen, dass sie in einem fremden Bett lag, in einem fremden Zimmer und sie keine Ahnung hatte, wie sie hierhergekommen war. Jetzt fehlt nur noch, dass ich nichts anhabe. Auf das Schlimmste gefasst tastete sie mit ihren Händen unter das rote Satin, das ihren Körper bedeckte. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass lediglich ihre Hosen und ihre Schuhe fehlten. Suchend schaute sie sich um. Das Zimmer war riesig. Fast so groß wie Ryans Salon.

      Ryan! War sie nicht in sein Auto gestiegen?

      Eine böse Vorahnung wuchs in ihr, doch die schob sie Kopf schüttelnd beiseite und ließ ihre Augen weiter durch den Raum gleiten, der auffallend exquisit eingerichtet war. Eine wundervoll geschwungene Chaiselongue befand sich direkt am Fußende des Bettes. Farblich passend zu den in Beige- und Brauntönen gehaltenen Barockmöbeln, die mit feinstem Gold verziert waren. An den Fenstern hingen lange weiße Schals, die an den Seiten gerafft waren und einen Blick auf einen strahlend blauen Oktoberhimmel gestatteten. Das Bett selbst war sicher doppelt so groß wie ihr eigenes. Umrahmt von hölzernen Säulen und einem weiß-goldenen Himmel. Die Wände waren hell, mit wunderschönen Mustern in einem warmen Braunton verziert. Regina war überwältigt.

      Seltsam gerührt, als wäre sie das Aschenputtel, das in den Palast des Prinzen gebracht worden war, setzte sie ihre Füße auf den weichen Teppich. Der erstreckte sich über den gesamten Boden. Wenigstens brauchte sie sich keine Sorgen darüber machen, dass sie irgendwelche Geräusche verursachte. Trotzdem bewegte sie sich langsam und bedacht auf die hohe Mahagonitür zu. Erleichtert atmete Regina aus, als ihre Finger über das kühle Metall der Klinke glitten. Sie hielt den Atem an, als sie diese herunter drückte. Hoffentlich knarrte die Tür nicht!

      Nun, sie konnte beruhigt sein: Sie knarrte nicht.

      Allerdings öffnete sie sich auch nicht.

      Irritiert versuchte sie es erneut. Vielleicht klemmt sie nur? Nach mehreren sinnlosen Versuchen musste Regina freilich feststellen, dass sie schlicht und einfach abgeschlossen war. Sie war eine Gefangene in einem Schlafzimmer. Wenn auch in einem sehr luxuriösen.

      Niedergeschlagen sank sie an der Wand nach unten auf den Boden und starrte nach oben. Die Decke kam ihr verdächtig bekannt vor. Sie war ebenso wunderschön mit Stuck verziert wie die in ihrem bisherigen Zimmer. Ihrem Zimmer in Ryans Haus. Sie kniff ihre Augen fest zusammen und öffnete sie wieder. Doch die Decke veränderte sich nicht. Ein Gefühl begann sich in ihren Fußzehen zu bilden, was durch eines in ihrer Bauchgegend noch verstärkt wurde. Kriechend, wie ein bösartiger, stacheliger Wurm, vereinnahmte es ihren gesamten Körper.

      Wut!

      Verärgert ballte sie ihre Hände zusammen und bemerkte erst jetzt, dass an ihrem Finger ein Ring prangte. Der Ring. Der, den sie ihm zurückgegeben hatte. Der, mit dem sie die Verlobung gelöst hatte. „Ryaaaaaan!“, schrie sie mit zorniger Stimme. So laut, dass sie beinah befürchtete, die Wände würden einstürzen. Keine Antwort. Aufgebracht rappelte sie sich auf und hämmerte mit ihren Fäusten gegen die riesige Tür. Allerdings hätte sie auch genauso gut eine Rumba tanzen können. Es hätte den gleichen Erfolg gehabt. Hinter der Tür regte sich absolut nichts. Entmutigt schritt sie durch das Zimmer und sah sich weiter um. Kein Staubkrümelchen war auf den Möbeln zu finden.

      Neugierig öffnete sie einen der Schränke. Darin hing Ryans Kleidung, die er oft bei Geschäftstreffen trug. Oder wenn er sich mit seiner Sekretärin traf. Ok, sie war also tatsächlich in seinem Haus. Aber war sie auch in seinem Schlafzimmer? Falls ja, warum? Und wo war Ryan? Hoffend, dass sie auf den Rest ihrer Kleidung und ihre Handtasche stieß, schaute sie in den anderen Schränken und Kommoden nach. Leider erfolglos. Grübelnd ging sie ans Fenster und starrte hinaus. Irgendetwas war nicht so, wie sie es erwartet hatte. Sie konnte nur nicht sagen, was es war. Abgesehen davon, dass sie nicht hier sein wollte.

      Mürrisch und mit zusammengeballten Händen lief sie zurück zum Bett, legte den Ring auf den Nachttisch und setzte sich. Vielleicht sollte sie sich einfach wieder hinlegen, die Decke über den Kopf ziehen und hoffen, dass sie aus diesem Alptraum wieder aufwachte. Resigniert schaute sie nach oben und runzelte fasziniert die Stirn. In dem dunklen Holz des Betthimmels, der nur von außen mit Stoff verkleidet war, funkelten winzige Kristalle wie Sterne. Vor Staunen klappte Regina ihren Mund weit auf und ließ sich für einen Moment verzaubern. War das hier wirklich Ryans Haus? Er hatte sich in ihrer Gegenwart nie sehr romantisch