Alpha & Omega. R. R. Alval. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R. R. Alval
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738072808
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sie die Tür.

      Niemand zu sehen.

      Weder auf der Treppe, noch in der riesigen Vorhalle. Das Parkett war auf Hochglanz poliert. Wenn man wollte, konnte man sich in dessen spiegelnder Oberfläche schminken, Pickel ausquetschen, Grimassen schneiden oder kontrollieren, ob die Unterwäsche vorzeigbar war – sofern man einen Rock trug.

      Darauf bedacht, keine Geräusche zu machen, ging sie hinunter, schnappte sich eine ihrer Jacken von der Garderobe, griff nach ihrem Schlüssel sowie ihrer Handtasche und schlüpfte unauffällig zur Tür hinaus.

      Kalter Wind schlug ihr entgegen.

      Obwohl es erst früher Nachmittag war, war es auffallend dunkel. Fast hatte es den Anschein, als hätte das Wetter vor, sie aufzuhalten. Schnaubend schüttelte sie den Kopf. Ihre Haare wehten in ihr Gesicht und ihren Mund, was sie noch mehr verärgerte. Scheiß Wind. Scheiß Ryan! Zielstrebig lief sie zur Garage. Kurzerhand entschied sie sich dagegen. Sollten doch alle denken, sie wäre noch daheim. Wahrscheinlich würde es Ryan gar nicht auffallen, dass sie unterwegs war. Würde das Auto fehlen – nun, das stach ihm gewiss ins Auge.

      Stolz erhobenen Hauptes schritt sie die kreisrunde Einfahrt hinab zum Ausgang des Anwesens. Die hohen Bäume, die die Straße säumten, schwankten bedrohlich. Die Zweige ächzten und knackten. Regina klappte den Kragen ihrer Jacke hoch und vergrub ihre Hände in den Jackentaschen. Schon lange hatte es keinen so kalten September mehr gegeben.

      Wo war nur der Altweibersommer mit seinen goldenen Spinnfäden? Die lauen Abende, die den Sommer ausklingen ließen?

      Fröstelnd bog Regina um die nächste Ecke, überquerte die Straße und erreichte gerade noch die vor ihr auftauchende Haltestelle, ehe ein feucht-fröhlicher Wolkenbruch über sie hereinbrach. „Toll.“ Sofort wünschte sie sich, doch das Auto genommen zu haben. Sie hatte zwar einen Schirm in ihrer Tasche, doch der würde bei diesem Wind keine Minute standhalten. Wenigstens hatte sie ein Haargummi dabei, mit dem sie ihre zerzauste Mähne bändigte. Augenrollend sah sie an den Fahrplan, was sich jedoch im selben Moment erübrigte. Der Bus bog soeben um die Ecke.

      Sie beeilte sich einzusteigen, ohne nass zu werden, kaufte sich einen Fahrschein und setzte sich. Der Fahrer fuhr langsam. Konnte daran liegen, dass die Sichtweite bei einem geschätzten halben Meter lag. Innerhalb weniger Minuten stand die Straße fast fünf Zentimeter unter Wasser; eine dicke Nebelwand behinderte die Sicht. Regina wischte über die Fensterscheibe, doch das nützte nicht viel. Ihre Brille war ebenso nass und beschlagen. Hoffentlich stieg sie an der richtigen Haltestelle aus.

      Ihre Sorge war unbegründet. Die Ansage im Bus verkündete kurze Zeit später ihr Ziel. Hastig zog sie die Kapuze über den Kopf und beeilte sich, in das mäßig gefüllte All-Inn zu gelangen. Erik, der bereits wartete, begrüßte sie mit einer herzlichen Umarmung.

      „Na Kleines, was ist los?“, fragte er, nachdem er für sie beide einen Irish Coffee bestellt hatte, der nun herrlich warm und dampfend vor ihnen stand. An ihrem Getränk nippend, erzählte sie ihm ohne Umschweife, was sie vorhin im Haus gehört hatte. Erik reagierte genauso, wie sie erwartet hatte. „Mein Gott, dieses arrogante Arschloch!“ Theatralisch winkte er mit beiden Händen ab. „Ich hoffe doch, dass du dich von ihm trennst.“, stellte er mit Nachdruck fest. „Und ob. Darauf kannst du Gift nehmen.“

      „Kleines, ich sage dir, Männer, die so ausschauen wie er, mit denen kann man nichts anfangen. Gut zur Deko, aber zu sonst nichts nütze. Nicht, dass ich dir dein Glück nicht gegönnt hätte, aber irgendwie passt ihr nicht zusammen.“

      „Glaub mir, ich weiß das, Erik.“

      „Schatzilein, sei nicht so geknickt. Ich meine nicht das Optische. An ihm ist irgendetwas, dass ich mit etwas Düsterem, Unergründlichen verbinde, wohingegen du die reinste und pure Lebensfreude bist.“

      „Ach so? Ich dachte, du magst ihn!“ Erik zog eine Augenbraue in die Höhe und funkelte Regina herausfordernd an. „Ja, ich mag ihn. Er ist ein – hach – toller Hecht. Nur einmal… du verstehst schon, was ich meine. Dieser Kerl weiß einfach noch nicht, wie gut es mit einem Mann ist.“

      „Woher willst du das wissen?“

      „Schatzi, wenn das so wäre, wäre er längst bei mir.“, zwinkerte er ihr gewitzt zu. „Gott Erik, du bist unverbesserlich! Warst du letzte Woche nicht noch mit Antonie glücklich?“

      „Adrian.“

      „Oder so. Ich wusste, es war etwas mit A.“

      „Ja, das war vorige Woche. Aber er ist kaum das, was ich meinen Traumprinzen nenne.“

      „Wie sollte der denn sein?“ Erik ließ gekonnt seine zurecht gezupften Augenbrauen hüpfen. „So wie du, Schatzilein. Nur eben mit dem nötigen Extra zwischen den Beinen. Witzig, charmant, intelligent, sinnliche Lippen, lange Finger, gepflegte Fingernägel, eine angenehme Stimme… eben wie du.“ Also auch pummelig, klein und langweilig. „Du hast echt einen beschissenen Geschmack.“ Regina musste lachen. Erik begann ebenfalls zu kichern. „Kleines, ich habe nichts dagegen, wenn mein Lover ein paar Pfund zu viel hat. Weißt du, das ist bei manchen Dingen ganz angenehm. Pikende Hüftknochen gibt es da unter Garantie keine. Sehr unangenehmes Gefühl. Ich kenne dich. Du hast dir eben sicher auch eingeredet, du wärst langweilig. Dabei schaffst du es immer, mich zum Lachen zu bringen.“ Hmhm… und er kann meine Gedanken lesen. Ganz bestimmt!

      Regina genoss die Unterhaltungen mit Erik. Er war fast so groß wie Ryan, hatte ebenfalls dunkle, allerdings kurze Haare. Seine klugen blauen Augen strahlten sie verschmitzt durch seine Designerbrille an. Er war ein Bild von einem Mann, in den sich keine Frau verlieben sollte. Doch viele taten es. Schon allein wegen seines Aussehens. Allerdings war Erik vom Kopf bis zur großen Fußzehe auf Männer eingestellt, was man erst auf den zweiten Blick erkannte.

      Oder den zehnten.

      Wer die beiden so sitzen sah, konnte sie durchaus für ein Paar halten. Selbst Ryan hatte keine Ahnung von Eriks Neigung. Regina musste sich allerdings eingestehen, dass er ihre Freunde sowieso kaum kannte. Es interessierte ihn nicht. Zugegeben: Erik war ihr einziger Freund. Sie hatte noch ein paar Bekannte. Doch es war schon eine Ewigkeit her, dass sie sich mit jemanden aus ihrem früheren Freundeskreis getroffen hatte. „Und? Wann willst du es ihm sagen?“, fragte Erik drängend. „Was denn?“

      „Na das mit uns, Dummerchen.“, grinste er und ergriff ihre Hand.

      „Charmebolzen.“ Regina lächelte und ließ sich von ihm zärtlich mit dem Daumen über ihren Handrücken streicheln. Es war eine Geste unter Freunden, die manche falsch verstehen könnten. „Ich hatte mir überlegt, noch eine Weile gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Aber ich denke, es ist besser, wenn ich es sofort hinter mich bringe. Oder?“ Erik nickte zustimmend. „Ich bin ganz deiner Meinung. Und vergiss nicht, ihm den Ring wieder zu geben. Es ist ein Familienerbstück, nicht wahr?“

      „Hm, ist er. Aber er ist so schön. Als ob er für meine Hand entworfen wäre.“

      „Das ist wahr.“, stimmte Erik ihr mit ehrfürchtiger Stimme zu. Ein grüner Smaragd funkelte in einer goldenen Fassung, in der Ryans Familienname eingraviert war. Hatte er behauptet. Die Schriftzeichen konnte sie nicht lesen. „Beinahe hätte ich ihn geheiratet, Erik.“

      „Hey, Kopf hoch Kleines! Du kannst noch aussteigen. Freu dich darüber. Es ist schade um dieses einmalige Schmuckstück. Aber du hast so viel Geld, du könntest dir einen machen lassen. Mit deinem Namen.“ Prustend verschluckte sich Regina an ihrem Irish Coffee und lief prompt rot an. „Wo wir schon dabei sind. Du kannst sein Anwesen kaufen. Dann hat er wenigstens wieder ein bisschen Kohle.“, grinste Erik, fügte aber bedenkend hinzu, dass Ryan dann wohl obdachlos wäre. „Das würde ihm ganz recht geschehen.“, zerstreute sie seine Bedenken.

      „Wie weit bist du eigentlich mit deinem Buch?“, lenkte Erik sie vom Thema ab. „Och, noch nicht soweit. Ich hab zwar schon etwas im Hinterkopf, doch das muss erst zu Papier gebracht und ausformuliert werden. Ein wenig Zeit hab ich ja noch, bevor mein Agent rot sieht.“

      „Stimmt. Außerdem ist es für dich mehr ein