Das Suchen kommt vor dem Finden. Nadja Hoffmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nadja Hoffmann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738031690
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Erwischt.

      „Florian David Fitz!“- „Sicher?“ Nein okay, aber er sollte wenigstens etwas männlich sein.

      „Such mir einfach jemand normalen!“, seufzte ich auf. Was eigentlich hier in München schier unmöglich war. Gut für mich, so hatte ich immer etwas zu schreiben.

      „Ich schau mal, wen ich finden kann!“, nickte er.

      Während ich mich Bettgehfertig machte, überlegte ich intensiv, warum ich eigentlich zugesagt hatte, diese Kolumne zu schreiben? Ach ja, meine Chefredakteurin von der wöchentlich erscheinenden Frauenzeitschrift InsideStyle hatte es ganz hinterhältig gemacht, erst redete sie bei unserem Meeting eine halbe Stunde über Zahlen, Zahlen und Zahlen und dann in einem Satz erwähnte sie diese Idee und schob sie mir zu. Da ich gerade darüber nachdachte, wann ich mir endlich die Reise nach LA leisten konnte, die ich schon immer machen wollte, hatte ich auch bereits den Job.

      „Betty, du bist die Einzige, die Single ist und wer weiß, vielleicht findest du während des Experiments deinen Traummann!“ Und schon hatte sie mich am Haken und ich durfte dieses Experiment machen, welches mich sicherlich an den Rande des Wahnsinns treiben würde. Das waren die Momente in meinem Leben, bei denen ich nachdachte, warum ich mein Geld mit Kolumnen schreiben verdiente und wann ich von meinem Traum die nächste Christiane Amanpour zu sein, abgesprungen bin, um Kolumnen für Frauen zwischen 18 und 40 zu schreiben. Vermutlich war es der Moment, als ich feststellte, dass man als Kriegsreporterin sich eher in einem richtigen Kriegsgebiet befand und nicht in dem Kriegsgebiet, was ich mir bei Supersales vorstellte.

      Speed Dating für Anfänger?

       Nachdem ich mit der Internetdatingsache doch nicht ganz so zufrieden war, probierte ich das allseits bekannte „Speed Dating“ aus. Wer hatte es erfunden? Nein nicht die Schweizer, nicht dieses Mal, sondern, die Amerikaner. Na ja besser gesagt die Jüdische Gemeinde um die Ehen mit Gleichgesinnten zu fördern. Ein ganz großer Trend hier in München, den ich natürlich sofort ausprobieren muss. Das Kennen lernen für Menschen mit wenig Zeit.

       Es saßen ungefähr 10 Männer und genauso viele Frauen in einer kleinen Bar in Schwabing West. Eine Reihe mit Tischen und Stühlen standen aufgestellt in einem Raum und ich musste einen Zettel ausfüllen. Alter, Größe, Beruf und E-mail Adresse. Dann wurde mir von einer wirklich sehr, drücken wir es nett aus, energiegeladenen Frau, erklärt, dass mein potenzieller Traummann zu 100% dabei sei, aber im gleichen Atemzug mir versicherte, dass sie nicht dafür haften würde, wenn es nicht klappt. Ich glaube Otto- Normal Verbraucher stand auf Prozentsätze oder warum wurde dieses Mittel immer wieder genommen um sich anzupreisen? Es waren 10 potentielle Kandidaten in Aussicht, die mein Traummann sein könnten. Und ich hatte 3 Minuten Zeit um diese Männer kennen zu lernen. Um wahrscheinlich die Schuhe der Frauen nicht zu belasten wechselten die Männer die Stühle, während wir sitzen bleiben durften, eindeutig Frauengerecht, gab schon mal auf der Liste ein großes Plus. Auf den Zettel, den wir vorher von Miss Energie bekommen hatten, sollten wir neben der Nummer entweder ankreuzen „nein, möchte ich nicht kennen lernen“ „ja würde ich gerne näher kennen lernen“ und „noch unsicher“, wenn uns der Gegenüber gefiel. Ich fühlte mich leicht in die Schulzeit versetzt, als wir noch Zettel bekamen mit der Frage „Willst du mit mir gehen? Kreuze an: ja, nein oder vielleicht!“ Ich habe übrigens nur zweimal in meinem Leben so einen Zettel bekommen. Das lag wohl daran, dass ich in eine reine Mädchenschule ging und das einer dieser Zettel von Jennifer kam und der andere war von meinem Nachbarsjungen. Und das mit dem Nachbarsjungen hatte sich schnell erledigt, als ich erfuhr, dass er diesen Zettel noch 4 anderen Mädchen aus meiner Klasse geschrieben hatte. Na ja jetzt war meine Gelegenheit. Die Glocke wurde geläutet und der erste Kandidat hieß Gerhard und war ungefähr 55. Glattes Nein! Er fragte mich, was ich mache, wo ich herkäme und erklärte mir, dass er schon immer mal nach England wollte. 3 Minuten können wirklich schnell vorbei sein. Glück für mich. Danach folgte Tony, 28, Fitnesstrainer, ihm standen übrigens die Schweißtropfen auf der Stirn und ich war erst seine zweite Frau. Er erzählte mir von seinen Plänen mit einer eigenen Fitnesskette und ich sollte dringend darauf achten, etwas für meinen Bauch zu tun. Crosstrainer wäre die perfekte Lösung. Hatte ich es nicht gesagt. Nein mit drei Ausrufezeichen. 3 Minuten später folgte Daniel, 40, Informatiker, und sonst konnte ich nichts herausfinden, er starrte die ganze Zeit konsequent auf meinen Busen und bei jedem Räuspern meinerseits lief er knallrot an. Ich glaube er hatte zuvor noch nie eine Frau leibhaftig vor sich gesehen, geschweige denn mit einer überhaupt geredet. Ich erfuhr von Chris, dass seine Ex-Frau ihm das ganze Geld abgeknöpft hätte und er sie am liebsten umbringen würde. Sigfried spielte gerne mit seinem kleinen Hund und ging in Musicals. Ich steckte ihm unauffällig einen Zettel mit der Nummer von meinem schwulen Freund zu. Und von meiner Nachbarin Hausfrau, Klara, 42, erfuhr ich, dass sie das schon zum fünften Mal mache und jedes Mal hoffe sie auf die große Liebe.

       Am Ende mussten wir die Zettel abgeben, wer an uns Interesse hätte und wenn es auf Gegenseitigkeit beruhen würde, bekämen wir eine Email. Also ich war mir sicher, dass ich keine Email bekommen würde. Es stellte sich heraus, dass ich zehnmal nein angekreuzt hatte.

       Das Fazit meines Speed Datings: Am Besten für Menschen geeignet, die zu schüchtern sind um andere anzusprechen. Doch 3 Minuten sind einfach viel zu wenig Zeit um sich einander kennen zu lernen. Ich glaube auch, dass hier noch niemand seine große Liebe gefunden hat, aber es macht wirklich Spaß und man lernt interessante Menschen kennen. Wobei Interessant hier eine Auslegungssache ist.

      Ich sah zu Tanja, die sich lebhaft mit Tom, 34, Elektriker unterhielt. Er war wirklich der Einzige von den 10 Männern gewesen, den ich unter „würde ich gerne näher kennen lernen“ angekreuzt hätte, wäre nicht Tanja gewesen, die mir mit Handzeichen klar gemacht hatte, wenn ich auch nur in Erwägung ziehen würde „ja“ anzukreuzen, würde sie mich töten, oder so ähnlich. Tanja winkte mir aufgeregt zu und mit einem Seufzen trabte ich zu den Beiden.

      „Das ist meine Freundin…“- „Betty, 28, Journalistin!“, nahm Tom Tanja die Antwort ab.

      „Tom, 34, Elektriker!“, lächelte ich.

      „Genau, hey Betty, Tom will noch in die 089 Bar, hast du Lust mitzukommen?“, fragte sie mich aufgeregt. Mit zwei flirtwilligen Personen in einen Club gehen oder nach Hause vor den Computer sitzen und hoffen, dass mich durch Zufall jemand über meinen Blog entdeckt? Eine schwere Entscheidung.

      „Wir treffen dort einen Freund von mir!“, erklärte mir Tom sofort, als hätte er meine Gedanken lesen können. Na ja war ja auch nicht ganz so schwer, mein Blick sprach wohl einige Romane. Doch der bettelnde Blick Tanjas, den ich versuchte auszuweichen, ließ mich zu einem Nicken animieren. Auf der Fahrt rief ich Moritz an.

      „Moritz wo bist du?“

      „Im Babys! Warum?“

      „Komm sofort in die 089 Bar biiiiitte!“, flehte ich ihn leise an, während Tanja im Auto vorne mit Tom flirtete.

      „Keine Lust!“

      „Moritz! Biiittte, ich bettele dich an, nur dieses eine Mal oder soll ich deinen Vater anrufen und ihm von der Leidenschaft zum Gärtner berichten?“, zog ich alle Register.

      „Ich bin schon unterwegs, du bist ein Biest.“

      „Danke Schatz!“, lächelte ich selig und legte auf. Wie sollte ich es sonst ertragen, wenn nicht Moritz dabei wäre.

      „Übrigens Moritz kommt auch!“, flötete ich zufrieden nach vorne.

      „War ja klar, dass du es nicht einmal ohne deine schwule Hälfte aushältst!“, zischte es von vorne. Ja und, jede Frau braucht mindestens einen schwulen Freund, vor allem wenn es darum ging, sich womöglich irgendwelche Spinner vom Hals zu halten.

      Moritz war schneller als wir und wartete schon ungeduldig auf uns. Als wir näher kamen und er sah, warum ich ihn unbedingt dabei haben wollte, flüsterte er nur: „Schwul, eindeutig!“

      „Nicht jeder ist gleich schwul, der manikürte Hände hat!“, zischte es von