Eolanee. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688563
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Männern zu. „Vorwärts, Krieger der Blauhand. Bringen wir unsere Beute heim. Tirana-Valkar wird sich freuen, wenn wir ihr so viele Köpfe bringen.“

      Han konnte sehen, dass zwei der Reiter zum Hang herauf spähten. Vielleicht hatte ihnen die Blutspur die Richtung gezeigt. Er erhob sich und zeigte sich ihnen, wandte ihnen den Rücken zu und entblößte sein Gesäß. Die Menschen waren empfänglich für solche Gesten. Dann bedeckte er sich wieder und folgte Lutrus mit fröhlichem Lachen zwischen die Felsen.

      Über den verborgenen Pfad würden sie wieder in die Heimat gelangen und sie kamen nicht mit leeren Händen.

      Fast achtzig Schädel würden sie präsentieren können, viele davon hatten Kindern gehört. Für die Leichtgläubigen unter den Berengar der beste Beweis, wie mühelos sich die Menschen besiegen ließen. Man hatte in den vergangenen Jahren noch immer keine neue Oberherrin gewählt. Tirana-Valkar hatte es geschickt verstanden, Uneinigkeit zu erzeugen und keine der Kandidatinnen konnte bislang genug Stimmen auf sich vereinigen. Sie und Han-Keltor hatten die Zeit gut genutzt. Einige der Thaan neigten sich nun, aufgrund heimlicher Versprechungen oder Drohungen, Tirana zu und Han hatte immer mehr Anhänger in den anderen Clans. Die schöne Geliebte Han-Keltors würde sehr zufrieden sein, wenn der Kriegsherr der Blauhand ihr die blutigen Säcke zu Füßen legte. Sie drängte zum Krieg gegen die Menschen und wenn die abgeschlagenen Köpfe vor die Füße der anderen Ratsmitglieder rollten, würde das Tirana-Valkars Position stärken. Damit stiegen ihre Chancen, zur Hohen Thaanit gewählt zu werden.

      Han-Keltor hatte keinen Zweifel, dass die Clans zum Krieg gegen die Menschen bereit waren und er war es, der sie als oberster Kriegsherr in den Kampf führen würde.

      Kapitel 9

      Wenn sich Paras zum Nordende des Tals von Ayan begab, war er meist von zwiespältigen Gefühlen erfüllt. Der junge Enoderi liebte das Tal und seine Bewohner, doch zugleich verspürte er Neugier auf das, was sich jenseits der unsichtbaren Grenze befinden mochte. Jener Grenze, welche das Gebiet der Enoderi von dem der anderen Menschen trennte. Das Unbekannte reizte ihn und wenn ein paar Angehörige des Volkes den fernen Handelsposten im Norden besucht hatten, lauschte er fasziniert ihren Erzählungen, wenn man am Abend auf dem Versammlungsplatz zusammen saß.

      Dann hörte er Schilderungen von fremden Menschen und dem Reich Menteva, und von den seltsamen Gebräuchen, die sie dort pflegten. Er hörte von Pferden und anderen wunderlichen Tieren und fragte sich immer wieder, wie es sein mochte, sie leibhaftig vor sich zu sehen. Aber diese Wissbegier wurde gedämpft, wenn er zugleich von der Gewalttätigkeit der anderen Menschen hörte. Von den Waffen, die sie trugen und die sie bereitwillig benutzten. Nicht nur um Wild zu jagen, sondern auch um sich gegenseitig zu töten. So erfüllte das Land jenseits der Grenze Paras gleichermaßen mit Faszination und mit Schrecken und immer wenn er am Nordende des Tals anlangte, verharrte er und sah zweifelnd nach Norden, dorthin, wo die Straße zum Handelsposten und tiefer in das Reich Menteva hinein führte.

      Paras war oft im Norden Ayans. Obwohl sich das Volk seine Arbeiten teilte, hatte jeder seine eigenen Vorlieben und die von Paras war es, nach Norden zu gehen und sich dort um die Bewässerungsgräben zu kümmern. Er liebte diese Gräben mit denen die Felder bewässert wurden. Nicht wegen der Arbeit, die es machte, sie frei zu halten. Nein, es war das Spiel des Wassers, wenn es an den Steinen vorbei strich. Manchmal warf Paras kleine Holzstückchen hinein und sah zu, wie sie mit dem Wasser dahin trieben. Dann dachte er an die Gerüchte, dass es große Holzstücke geben sollte, mit denen sogar Menschen auf dem Wasser fahren konnten. Natürlich waren das nur Legenden, aber Paras liebte solche Geschichten.

      Auch an diesem Tag war Paras wieder in den Norden des Tals von Ayan gegangen. Aber er hatte sich nicht an den Bewässerungsgräben aufgehalten, sondern war den Hang hinauf gestiegen. Dort gab es einen Punkt, von dem man eine wundervolle Aussicht über das Tal und die Handelsstraße hatte. Man konnte weit bis nach Norden sehen, wenn auch nicht bis zum Handelsposten. Paras saß gerne hier und hing seinen Träumen nach. Fast so gerne, wie er Holzstücke im Bewässerungsgraben schwimmen ließ.

      Wieder einmal glitt sein Blick nach Norden.

      Die Handelsstraße war eigentlich nicht mehr als ein gut ausgebauter Pfad. Das Volk der Enoderi nutzte keine Handelswagen, die von Pferden oder Rindern gezogen wurden und die einzigen Reittiere waren die Hornlöwen der Auraträger. Die Menschen des Volkes handelten nur wenig mit den Menschen des Nordens. Es gab dort kaum Güter, die sie ernsthaft interessierten. Meist waren es Gebrauchsgegenstände aus Metall. Messer, Scheren und Nadeln, auch Töpfe oder Pfannen, obwohl die Enoderi solche bevorzugten, die aus Lehm gebrannt werden konnten. Sie tauschten die Waren des Handelspostens gegen Getreide, Feldfrüchte und Pflanzenfasern, welche die Menschen Mentevas benötigten. Doch alles nur in geringen Mengen, so dass ein paar Männer die Lasten bequem auf dem Rücken tragen oder mit einem kleinen Handkarren ziehen konnten. Kein Händler aus Menteva versuchte in die Täler der Enoderi vorzudringen. Es gab zu wenig zu handeln und der Weg war zu beschwerlich, als dass sich die Mühsal gelohnt hätte. So war die Handelsstraße nie mehr als ein breiter Pfad geworden, der stellenweise von den Pflanzen zurückerobert und wieder überwuchert wurde, bis die nächste Gruppe sich auf den Weg zum Handelsposten begab.

      Von Paras Aussichtspunkt konnte man ein gutes Stück des Gebirges sehen, welches das Land der Enoderi von dem Mentevas trennte. Eigentlich war es kein wirkliches Gebirge und schon gar nicht mit dem mächtigen Ostgebirge zu vergleichen, welches das Land von Süden nach Norden teilte. Nein, die Nordberge bestanden eher aus einer Abfolge von kleineren und größeren Hügeln, dicht bewachsen mit Bäumen. Die Handelsstraße zog sich wie ein schmaler Faden hindurch und war an einigen Stellen so gut einzusehen, dass man jede Bewegung erkennen konnte. Zumindest, wenn man gute Augen hatte und Paras hatte sehr gute Augen. Meist gab es dort nichts zu sehen. Allenfalls ein paar wilde Tiere, die über den Pfad huschten.

      An diesem Tag jedoch huschte weit mehr über den Pfad, als ein paar wilde Tiere.

      Paras glaubte zunächst seine Sinne täuschten ihn. Dann schirmte er die Augen gegen das helle Sonnenlicht ab und konzentrierte sich auf die Stelle, an der er die Bewegung gesehen hatte. Dort verbreiterte sich der Pfad der Handelsstraße zu einer kleinen Lichtung, auf der sich eine Wasserstelle befand. Paras hatte dort immer wieder Tiere beobachten können, welche die Tränke nutzten. Die Lichtung war recht weit entfernt, aber Paras gute Augen ermöglichten es ihm zu erkennen, was dort vor sich ging.

      Jegliche Neugier auf ferne Länder erlosch schlagartig.

      Dort bewegten sich Männer.

      Sehr viele Männer.

      Sie alle waren dunkel gekleidet und ihre Herkunft war schwer zu bestimmen. Was Paras jedoch unzweifelhaft erkannte, das waren die sechsbeinigen Kreaturen, die sich dort, tief im Schatten, zwischen den Bäumen bewegten. Paras hatte solche Wesen schon tot gesehen, nachdem ein Rudel von ihnen Ayan überfallen hatte. Es gab keinen Zweifel, dass es sich um Schattenwölfe handelte.

      Bewaffnete Männer und Schattenwölfe hatten nichts Gutes zu bedeuten. Paras war sich sicher, dass die Auraträger hiervon erfahren mussten und so verließ er seinen Aussichtspunkt und rannte nach Ayan, so schnell er nur laufen konnte.

      Seine Worte riefen mehr als nur Unruhe hervor.

      Der Älteste, Osenas, verbot den Bewohnern Ayans, sich von den Bäumen zu entfernen und schickte nach Ayanteal, damit weitere Auraträger ins Tal kamen.

      Noch am selben Abend trat der Rat der Auraträger zusammen.

      Die Männer waren hastig benachrichtigt worden und konnten sich erst zu später Stunde versammeln. Acht von ihnen waren sofort nach Ayan geritten, so dass die dortige Gemeinschaft nun unter dem Schutz von zehn Auraträgern stand. Die Übrigen mussten ausreichen, um die notwendige Beratung durchzuführen. So waren es sechsundzwanzig Männer, die auf dem hufeisenförmigen Rund der steinernen Bank Platz nahmen. Unter ihnen befand sich auch Bergos.

      Merius Ma´ara´than hatte den jungen Paras herein gerufen und so schilderte dieser den Auraträgern mit eigenen Worten, was er gesehen hatte. Keine Zwischenfrage unterbrach seine Schilderung und nachdem Paras endete, herrschte bedrücktes Schweigen.