Eolanee. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688563
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blauen Stein von besonderer magischer Kraft. Wenn ihre Kinder einst in große Not gerieten, so sollten diese Steine zur Säule des Lichtes gebracht und dort vereint werden. Dann werde die Göttin vom Himmel herab steigen und ihren Kindern beistehen.“ Neredia nickte nachdenklich. „Das besagt die Legende.“

      „Ich habe noch nie davon gehört“, brummte Rolos. „Und ich kenne keine blauen Steine oder eine Säule des Lichtes.“

      „Es gibt sie“, versicherte Neredia. „Zumindest die blauen Steine gibt es, denn einen von ihnen kenne ich. Oder wenigstens, wo er sich befindet.“ Sie sah die überraschten Blicke der Auraträger und nickte. „In einem Tal, weit im Norden, steht ein besonderer Kegelbaum. Nur die jeweilige Ma´ededat´than kennt seinen Standort. Er wird von ihr an die Nachfolgerin weitergegeben und ist ein gut gehütetes Geheimnis.“

      „Warum ist er ein Geheimnis?“ Merius runzelte die Stirn. „Die Träger der Aura sind die Beschützer des Volkes. Wenn der Baum und dieser Stein zu seinem Schutz beitragen können, so müssen die Auraträger das wissen.“

      „Kein gewöhnlicher Enoderi darf diesen Kegelbaum berührten.“ Neredia biss sich auf die Unterlippe, denn sie war sich der Bedeutung der folgenden Worte bewusst. „Der Baum hütet den blauen Stein der Göttin und er fügt sich nur dem, der Aura und Baumgabe in sich vereinigt.“

      „Der Aura und Baumgabe in sich vereint?“ Ensar Ma´ara lachte auf. „Einen solchen Mann gibt es nicht.“

      „Einst hat es sie gegeben“, sagte Neredia leise. „Die Legende besagt es.“

      „Schön, selbst wenn das einst der Fall gewesen ist, so nützt uns das heute wohl nur wenig.“

      Bergos räusperte sich. „Dennoch gibt es ein Wesen unter uns, welches die Gabe der Aura und die Gabe des Hütens gleichermaßen in sich trägt. Eolanee Ma´ededat.“

      „So ein Unsinn.“ Kender sprang erregt auf. „Niemand vereint die Gabe. Und kein weibliches Wesen verfügt über die Fähigkeit der Aura.“

      „Wir sprachen schon darüber“, wandte Rolos ein. „Und ich denke, Nador ist anderer Meinung. Nicht wahr, Nador?“

      Nador Ma´ara errötete verlegen. Nervös strich er über sein Kinn und nickte zögernd. „Ich sah, wie die Schattenwölfe Ayan angriffen. Und ich sah, wie Eolanee den Wölfen widerstand. Wenigstens einen von ihnen bezwang sie mit der Aura.“

      „Niemals!“ Kender stampfte mit einem Fuß auf. „Sie verfügt nicht über die Gabe.“

      „Ich habe gesehen, was ich gesehen habe“, entgegnete Nador erregt. „Ich kann es bezeugen und mein Begleiter kann dies ebenfalls. Wenigstens ein Schattenwolf wich vor ihrer Aura, noch bevor wir Auraträger heran wahren.“

      Bergos nickte zufrieden. „Sie hat die Gabe. Eolanee verfügt über beide Gaben.“

      Nador nickte. „Davon bin ich überzeugt.“

      „Selbst wenn sie darüber verfügt“, stieß Kender heiser hervor, „dann bedenkt die Prophezeiung, die wir einst hörten. Von einer Aura, die Leben gibt und Leben nimmt. Dann kann diese Weissagung nur für Eolanee gelten und dann hat sie die Gabe zu töten. Sie wird töten! Das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind die Hüter des…“

      „…die Hüter des Volkes“, donnerte Bergos. „Und unsere Aufgabe ist es, das Volk zu schützen! Du sprichst von der Weissagung der Prophetin? Na schön, Kender Ma´ara, dann bedenke die Worte, die sie heute zu uns sprach. Die drei blauen Steine müssen in der Säule des Lichtes vereint werden! Wenn die Ma´ededat´than sagt, dass nur Eolanee den Stein aus dem Baum holen kann, dann ist es so. Willst du ihr Wort oder das von Nador bezweifeln? Willst du dich den Worten der Prophezeiung verweigern?“

      Kender errötete und sah sich um. „Ihr seid Narren, wenn ihr euch einem Weib anvertraut.“

      Rolos seufzte unbehaglich. „Auch wenn Eolanee in der Lage sein sollte, den Stein zu holen, so bringt uns das nicht weiter. Wir kennen die Säule des Lichtes nicht und es müssen DREI Steine sein, die dort vereint werden. Die oberste Baumhüterin kennt jedoch nur den Ort des Einen.“

      „Dem stimme ich zu“, knurrte Kender. „Es macht keinen Sinn, Eolanee auszuschicken.“

      „Ich glaube, dass du eine heftige Abneigung gegen Eolanee hast“, brüllte Bergos auf. „Ich weiß nicht, warum das so ist, aber seit Jahren versuchst du schon, sie in ein schlechtes Licht zu rücken. Was treibt dich dazu? Verfluchter Kerl, hast du Angst vor ihr?“

      Für einen Moment schien es, als wollten Bergos und Kender sich aufeinander stürzen, aber andere Männer erhoben sich und traten zwischen sie.

      Nador sah Kender forschend an. „Vielleicht fürchtet er sie wirklich. Wenn Eolanee über beide Gaben verfügt, wird sie zu einer großen Macht.“ Er lächelte hintergründig. „Vielleicht wird sie eines Tages die Auraträger führen und nicht Kender, der doch sehr danach zu streben scheint.“

      „Ruhe, Träger der Aura.“ Merius schüttelte erbost den Kopf. „Euer Verhalten ist dem eines Auraträgers nicht würdig. Beruhigt euch, ihr Männer. Wir haben zu beraten, wie wir unser Volk beschützen können und die Prophezeiung ist eindeutig. Die drei blauen Steine müssen in der Säule des Lichtes vereint werden. Wagt es einer von euch, die Prophezeiung anzuzweifeln? Schön, dann sollten wir nun darüber beraten, wie das zu bewerkstelligen ist.“

      Bergos und Kender starrten sich wütend an, aber dann setzten sie sich wieder. Merius zupfte an seiner Toga und sah Neredia an, die betroffen neben ihm stand. „Weißt du etwas über den Verbleib der anderen beiden Steine und wo sich die Säule des Lichtes befindet?“

      „Drei Kinder gebar die Göttin“, sagte die Führerin der Baumhüterinnen nachdenklich. „Drei Völker. Die Enoderi, die Mentever und ein weiteres Volk, das hoch im Norden leben soll. Dort, so sagt die Legende, befindet sich auch die Säule des Lichtes. Sie soll sehr weit entfernt sein. Die Legende besagt, sie erhebe sich an der Grenze des Eises.“

      „Das ist wirklich weit“, murmelte Rolos. „Auch auf dem schnellsten Hornlöwen bräuchte man viele Wochen, um die Grenzen des Eises zu erreichen.“

      „Selbst wenn Eolanee in den Besitz unseres blauen Steins gelangt, so müssten auch die beiden anderen Völker ihre Steine zur Säule des Lichtes bringen. Davon abgesehen, ist der Weg nach Norden sehr gefährlich. Eolanee würde durch das Land der Mentever reisen und noch weiter nach Norden gehen. Unterwegs lauern viele Gefahren. Gefährliche Räuber. Solche mit vier Beinen und solche mit zwei Beinen.“

      „Und zuvor lauern schon jene mit sechs Beinen“, warf Bergos ein. „Vergesst nicht, dass sich Berengar und Schattenwölfe zwischen uns und dem Reich Menteva befinden. Ich denke nicht, dass sie Eolanee einfach passieren lassen würden.“

      „Es gibt Pfade durch die Wälder, welche die Berengar nicht kennen“, meinte Neredia. „Zumindest glaube ich, dass sie nicht jeden Weg erkundet haben.“ Sie seufzte. „Wir müssen es wenigstens versuchen.“

      Merius wies zur offen stehenden Tür der Ratshalle. „Die Prophezeiung lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Kräfte der Auraträger nicht ausreichen werden, der Bedrohung durch die Berengar und die Schattenwölfe zu begegnen. Also, müssen wir versuchen die Prophezeiung zu erfüllen.“ Er leckte sich über die Lippen und zuckte dann die Schultern. „Eolanee scheint über beide Gaben zu verfügen. Ich weiß nicht, wie weit ihre Fähigkeit der Aura ausgebildet ist und es bleibt auch keine Zeit, diese zu vervollkommnen. Wir müssen nehmen, was uns zur Verfügung steht. Ich bin dafür, dass Eolanee nach Norden geht, den blauen Stein holt und ihn zur Säule des Lichtes bringt.“

      „Aber nicht alleine.“ Bergos erhob sich. „Der Weg ist zu gefährlich. Jemand muss ihr beistehen und sie schützen.“

      „Ah, sie schützen? Willst du ein Schwert nehmen und dich für sie schlagen? Dürstet es dich nach Blut?“, fragte Kender ironisch.

      Auch wenn Bergos nicht mehr der Jüngste war, sein Sprung war eines jungen Mannes würdig. Kender wurde nach hinten geworfen