Eolanee. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847688563
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Ma´ara´than nickte und erhob sich. „Dem stimme ich zu und zugleich bringt mich dies zu einem Punkt, der mich sehr beschäftigt. Als die Bestien vor zwei Tagen Ayan überfielen gab es dort nur zwei Überlebende. Die Baumhüterin Neredia und ein kleines Mädchen mit Namen Eolanee.“

      „Das ist wahr“, brummte der Hagere. „Worauf willst du hinaus? Die Baumhüterin vermag uns nicht zu helfen. Ihre Kräfte stehen außer Frage, doch wir benötigen Männer welche die Aura anwenden können. Keine Frau vermag das zu tun. Die Aura ist nicht ihre Gabe, so wie das Baumhüten nicht die Gabe der Männer ist.“

      „Dem hätte ich vor zwei Tagen noch zugestimmt.“ Bergos sah die anderen nachdenklich an. „Doch nun bin ich mir nicht mehr so sicher. Kender, Rolos, Ensar und du, Nador, ihr wart dabei, als wir Ayan erreichten. Ihr wisst, dass außer uns kein Auraträger im Tal war und dennoch floh eine Gruppe der Bestien in wilder Flucht.“

      „Weil sie uns kommen hörten“, brummte Kender.

      „Sie wendeten sich zur Flucht, noch bevor die Hornlöwen in ihrer Trauer brüllten“, entgegnete Bergos. „Etwas anderes hat sie so erschreckt, dass sie flohen. Es waren nicht die Bäume, das wisst ihr. Die Baumhüterin war zu diesem Zeitpunkt bewusstlos und konnte sie nicht um Beistand bitten.“

      Rolos schürzte die Lippen. „Du glaubst, dieses Mädchen hat das bewirkt?“

      „Ja, das glaube ich. Es kann nicht anders sein.“

      „Niemand hat Angst vor einem fünfjährigen Mädchen“, erwiderte Kender verächtlich.

      „So ist es.“ Bergos sah den jüngeren Mann ernst an.

      Kender stutzte, dann begriff er, was der Führer andeuten wollte und schüttelte den Kopf. „Unsinn. Verzeih, Bergos, aber was du andeutest, ist unmöglich.“

      „Ist es das?“ Bergos erhob sich und schritt nachdenklich umher. „Ich denke an die Umstände, unter denen wir Eolanee fanden. Schützend umgeben von einem Dornengebüsch und feindliche Krieger in wilder Flucht.“

      „Das eine spricht für eine Baumhüterin, das andere für einen Auraträger.“ Rolos kratzte sich unbehaglich im Nacken. „Es war aber nur das Mädchen da.“

      „Nun, immerhin, es wäre möglich“, seufzte ein anderer, „dass sie die Gabe einer Baumhüterin hat.“

      Kender nickte. „Das will ich ihr zugestehen. Aber nicht die Gabe der Aura. Nur Männer verfügen über diese Macht und diese Eolanee ist ja nun unzweifelhaft ein Mädchen.“

      „Aber wenn, und ich sage nur wenn, Eolanee über beide Kräfte verfügt?“ Bergos sah die Auraträger eindringlich an. „Könnten wir ermessen, welche Macht das in einem einzelnen Wesen vereinen würde? Die Kräfte der Aura sind stark. Aber sie sind nicht unerschöpflich. Wir werden müde, müssen uns erholen. Wenn der Feind in großer Zahl kommt und uns lange angreift, dann wird unsere Kraft schwinden. Bis sie schließlich versagt. Je mehr Aura-Kräfte wir aufbieten können, desto besser sind wir vorbereitet.“

      Ensar erhob sich nun ebenfalls und er war ungewöhnlich blass. „Eine Aura, die Leben nimmt, um Leben zu gewähren… Bergos, wenn es stimmt, dass dieses Kind über solche Kräfte verfügt, dann darf Eolanee niemals einer Schulung ihrer Macht unterzogen werden.“

      „Nicht nur das“, ächzte ein anderer. „Dann sollten wir sie aus der Gemeinschaft verbannen. Wir können kein Wesen unter uns dulden, das fähig wäre, ein anderes zu töten.“

      Bergos machte eine beschwichtigende Geste. „Eine Aura, die Leben nimmt, um Leben zu gewähren… Das hört sich für mich nicht nach einem blutrünstigen Wesen an.“

      „Leben zu nehmen heißt, den Kreislauf des Lebens zu unterbrechen“, protestierte Kender und einige der anderen Männer stimmten erregt zu.

      „Dennoch wird es diese Aura geben“, mahnte Bergos. „Ihr alle habt die Prophezeiung gehört und sie steht außer Zweifel.“ Er sah Kender auffordernd an. „Gleichgültig, wie wir uns entscheiden, die Weissagung wird sich erfüllen und diese mächtige Aura wird es geben.“

      Der nickte widerwillig. „Nein, daran besteht kein Zweifel.“

      „Wir wissen nicht, ob Eolanee die Kräfte beider Gaben in sich birgt“, räumte Bergos in versöhnlichem Tonfall ein. „Aber wir sollten weise genug sein, diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Wenn ein solch machtvolles Aurawesen entsteht, so wäre es besser, wir würden es schulen und seine Schritte lenken. Vielleicht hat das Kind wirklich die Gabe. Es gibt nur einen Weg, Gewissheit zu erlangen.“

      „Niemals.“ Kender stampfte entschlossen mit seinem Fuß auf. „Du kannst, du darfst dieses Kind nicht unterweisen!“

      Ensar erhob sich und trat neben Kender. „Ihr wisst, ich bin nicht immer einer Meinung mit Kender, doch in diesem Fall muss ich ihm zustimmen. Es ist ein Mädchen!“

      „Auch Baumhüterinnen sind Frauen“, warf der Hagere ein. „Und sie sind wertvoll für das Volk.“

      „Das ist etwas vollkommen anderes“, zischte Kender.

      „Die Bedrohung durch die Berengar ist neu für uns.“ Ein Auraträger, der fast das Alter von Bergos erreicht hatte, erhob sich. Merius Ma´ara war ein hoch geachteter Mann im Volk und das nicht nur wegen seiner Fähigkeiten als Auraträger. Sein dichter grauer Bart war von weißen Strähnen durchzogen und er hinkte ein wenig, als Folge eines Reitunfalls. „Nie zuvor wurde eine Gemeinde des Volkes auf solche Weise abgeschlachtet. Es ist etwas Neues und vielleicht müssen wir neue Wege gehen, um dem zu begegnen. Ich stimme Bergos zu, dass wir alles versuchen müssen, den Kreislauf des Lebens zu erhalten.“ Er sah die Anwesenden eindringlich an. „Auch wenn dies bedeutet, ein weibliches Wesen in der Aura auszubilden. Sofern diese Eolanee überhaupt über die entsprechenden Veranlagungen verfügt.“

      Seine Worte machten viele Nachdenklich, aber Kender stapfte erneut mit dem Fuß auf. „Es ist verboten. Es ist gegen die Tradition. Es ist…“

      „Unsinn.“ Merius lachte spöttisch. „Es ist nur noch niemals vorgekommen.“

      Kender erwiderte den Blick des Alten wütend. Der Respekt vor einem anderen Auraträger verbot eine beleidigende Erwiderung, die dem Jüngeren auf der Zunge lag. „Ich, Kender Ma´ara, Träger der Aura, verweigere in jedem Fall die Zustimmung.“

      „Und ich, Bergos Ma´ara´than, Träger und Führer der Aura, sage, dass wir es tun müssen.“

      Aufgeregte Stimmen schwirrten durcheinander. Ensar trat neben Kender. „Ich, Ensar Ma´ara, verweigere ebenfalls meine Zustimmung.“

      Merius trat nun neben Bergos. „Und ich, Merius Ma´ara, gebe sie.“

      Bergos hob beschwichtigend die Hände. „Lasst keinen Streit aufkommen, Träger der Aura. Wir sollten Eolanee prüfen und beobachten. Behutsam erkunden, ob sie die Fähigkeit überhaupt in sich trägt.“

      Rolos erhob sich. „Und Bergos sollte dies tun. Er ist unser Anführer und hat die größte Erfahrung. Seinem Urteil kann man vertrauen.“

      Kender leckte sich über die Lippen. Neben Bergos verfügte er über die größten Kräfte der Auraträger und der Führer hatte bislang keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Kender sein Nachfolger werden könnte. Der jüngere Mann hatte durchaus den Ehrgeiz, einmal den Stirnreif mit dem größten Kristall zu tragen. Aber Bergos konnte seinen Nachfolger nur vorschlagen, er konnte ihn nicht bestimmen. Kender brauchte die Mehrheit im Rat, wenn es so weit war. Der Rat schätzte überlegtes und abwägendes Handeln. Es mochte angemessen sein, jetzt einzulenken und seine Befürchtungen für sich zu behalten. „Ich, Kender Ma´ara, stimme dem zu.“

      Bergos nickte sichtlich erleichtert. „Damit ist es beschlossen.“

      Merius seufzte leise. „Dann lasst uns nun überlegen, was weiter zu tun ist. Ayan muss neu belebt werden. Dann müssen wir Späher an den Grenzen postieren, die uns vor einem erneuten Überfall der Bestien warnen. In jeder unserer Gemeinschaften sollten sich Auraträger bereithalten. Das ist meine Meinung. Nun,