Werwolfsgeheul. Melanie Ruschmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Ruschmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847650645
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Schlimmsten gewesen war, an der Platte festgehalten. Natürlich war meine körperliche Anspannung viel zu ruckartig gewesen, als mich eine dieser genüsslichen Düfte durch die Luft erreicht hatte und mit einem gewaltigen Knacken war die Fensterbank ein Teil der Geschichte des Hauses gewesen. Es war schon ziemlich makaber, dass ich immer wieder meine Gefühle an diesen teuren Marmorplatten auslassen musste. Die Packer vor allem hatten große Augen bekommen und Alexander, der ihnen geholfen hatte, mich aus entsetzten Augen angeschaut.

      ››Huch‹‹, hatte ich versucht mich rauszureden, ››die hatte schon immer einen Knacks gehabt!‹‹

      Heute konnte ich darüber lachen, Alex jedoch überhaupt nicht. Er hatte mir riesengroße Vorwürfe gemacht und tat es immer noch.

      Kurz darauf saßen wir im Auto und fuhren die Golden Gate Bridge von San Francisco entlang. Es gab noch eine Menge für die morgige Geburtstagsfeier einzukaufen und Josy in die Einkaufsmetropole zu schicken war reine Zeitverschwendung. Vermutlich hätte sie sämtliche Bekleidungsläden abgeklappert, aber sicherlich nicht die Sachen auf der Liste eingekauft, die dringend benötigt wurden!

      Ich öffnete das Fenster der Beifahrerseite und ließ mir den Fahrtwind ins blonde Haar wehen. Die rote Brücke zog sich unendlich weit in die Ferne. Früher, als ich noch ein Mensch gewesen war, hatte ich sie nur aus dem Fernsehen oder von Bildern gekannt. Selbst da war sie schon ein atemberaubendes Kunstwerk gewesen. Hier und jetzt bot sie einen Anblick von unglaublicher Werksarbeit.

      Meine Mundwinkel verzogen sich genervt. Der Verkehr wurde Meter um Meter dichter und das Gemüt der Fahrer schien darunter sehr zu leiden. Viele waren hektisch, brutal oder einfach nur dreist. Jeder war sich selbst der Nächste und die Fahrt glich eher einem Kampf, als einem Spaziergang.

      Alex blieb erstaunlicher Weise sehr ruhig. Vermutlich wäre ich schon an meine Grenzen gekommen und hätte wilde Flüche ausgesprochen. Doch er blieb regungslos und lässig, als wenn er dies zum hundertsten Mal erlebte.

      Am liebsten wäre ich dem ganzen Tumult aus dem Wege gegangen und auf den geschwungenen Halteseilen bis zur anderen Seite gerannt. Wenn ich eine Maske und Lederklamotten gehabt hätte, wäre ich vielleicht sogar als Catwoman durchgegangen. Bei der bloßen Vorstellung musste ich grinsen, war sie doch so süß wie Honig und so real!

      Neben uns schlängelte sich ein Motorrad vorbei und ich fixierte den frechen Fahrer. In wilden Linien drängelte er sich durch die Fahrzeuge und gewann stetig mehr an Distanz.

      ››Mit meinem zu fahren, hätte uns nicht viel gebracht. Wir brauchen ja leider Stauraum‹‹, sagte Alex, als er meinem Blick bemerkte.

      Als ich erneut einatmete und meinem Frust in einem tiefen Seufzer verwandelte, gewann etwas meine Aufmerksamkeit. Eine Begierde brodelte in mir empor wie Lava aus einem Vulkan. Klebrig und heiß griff sie nach allem, was sich ihr bot und ich stutzte. Nein! Nicht gerade jetzt! Der Motorradfahrer zog einen duftenden Faden hinter sich hier. Widerwillig stemmte ich mich wie ein Fels in der Brandung dagegen und kämpft um meine Fassung. Ich schluckte den Speichel hinunter und verbarg meine Verwirrung vor Alex. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen heute zum Einkauf mitzukommen. Ich hätte ihm eine Liste machen und zu Hause bleiben sollen. Aber nein, ich dachte – nein, ich war davon überzeugt – mich nicht von menschlichem Blut beeinträchtigen zu lassen.

      Meine rechte Hand ballte sich zur Faust und ich biss die Zähne zusammen. Auf keinen Fall durfte ich aufgeben! Dann glaubte ich von etwas sanftem berührt zu werden. Ein Streicheln ganz tief aus meinem Inneren, was an mich herantrat und mir Ruhe vorgaukelte. Meine Spannung verpuffte und ich dankte ihr.

      Doch leider blieb mein Vorfall nicht ohne Folgen. Mehrere Male blinzelte ich und wollte ihn vertreiben; nichts half. Der rote Schleier hatte die Oberhand über meine Augen wieder erlangt und würde so lange Standhaft sein, bis ich mich dem Durst ergab. Leicht verärgert war ich doch stolz auf mich, so lange durchgehalten zu haben. Ich wusste, dass ich morgen nachgeben musste und somit war es nicht allzu schlimm im Sehvermögen eingeschränkt zu sein. Ich hoffte sehr, dass Alexander von all dem nichts mitbekommen hatte, denn er war seit dem Packervorfall nicht wirklich gut darauf zu sprechen.

      Gelangweilt begann ich zu seufzten, als er abermals abbremsen musste und legte abwesend, als wäre nichts gewesen, den Kopf auf meinen Arm, der im offenen Fenster der Autotür ruhte. Dies würde wohl ein sehr langer Einkaufsbummel werden, so dachte ich jedenfalls in diesem Augenblick. Denn der Verkehr verdichtete sich stetig mehr und der Qualm der Abgase verpestete nicht nur die Luft und zog eine dicke, klebrige Suppe durch die Straßen, er kitzelte auch meine empfindliche Nase.

      Dann war es schließlich so weit, der Samstagmorgen war angebrochen und Flora war mit Marie zum Shoppen in der Stadt verabredetet gewesen.

      Wir hatten Marie vor ein paar Tagen abgefangen als Flora auf die Toilette gegangen war. Sie wurde zu unserer Komplizin und sollte dafür sorgen, dass ihre Freundin nicht an dem besagten Tag zu Hause war.

      Anfangs war sie total erstaunt warum Flora ihr nichts von ihrem Geburtstag gesagt hatte, doch gelang sie schnell zu einer falschen Schlussfolgerung, die wir ihr auch nicht ausreden wollten.

      Als Flora neu in ihre Klasse kam und sich die beiden angefreundet hatten, hatte Marie sie gelöchert, warum sie mitten im Schuljahr begonnen hatte und natürlich wo sie herkam. Ihr war ziemlich schnell aufgefallen, dass ihr Englisch nicht einwandfrei klang. Anstatt sich etwas Einfallsreiches auszudenken, war Flora nichts besseres eingefallen, als zu behaupten, dass ihre eigentliche Familie verarmt war und ihr aus diesem Grund auch keine großen Perspektiven offen standen. So hatten sie sie dann angeblich zu ihrer entfernten Verwandten Celest geschickt.

      Es hätte so viele andere Möglichkeiten geben können: Wir wären zum Beispiel einfach umgezogen. Da uns in dieser großen Stadt schließlich niemand wirklich kannte, mal abgesehen von den ortsgebundenen Vampiren. Oder vielleicht, dass sie eine Waise gewesen wäre und wurde adoptiert. Aber nein! War ihr sicher alles zu einfach gewesen. Wobei man gestehen muss, dass wir uns alle keinen Kopf darum gemacht hatten. Diese Fragen waren uns in keinster Weise in den Sinn gekommen… Warum Flora also Vorwürfe machen?

      Marie schlussfolgerte also, dass Flora sich nie etwas aus ihrem Geburtstag gemacht hatte, weil ihre richtige Familie wahrscheinlich nicht das nötige Kleingeld aufbot. Sollte sie das für ihren Teil glauben. So brauchten wir uns nicht rechtfertigen, dass der heutige Tag der Inbegriff von Zufall war. Auch wenn dieses Datum auf ihrem Personalausweis vermerkt war, schenkte Flora ihm keine Beachtung. Das Einzige, was ich hoffte war jedoch, dass Flora richtig reagierte. Sie würde nicht nur uns verraten, wenn sie alles in Frage stellte, sondern auch Marie damit eine weitere Möglichkeit bieten noch mehr zum Grübeln anzuregen. Ich war sowieso der Meinung, dass man einem Menschen, der oft in unserer Nähe war, nicht wirklich alles verheimlichen konnte. Genau genommen, waren wir recht auffällig mit unserer zwanghaften Art auf keinen Fall auffallen zu wollen.

      Energisch schüttelte ich die Gedanken aus meinem Kopf und machte mich wieder an der Girlande zu schaffen. Mit kleinen Klebestreifen befestigten wir sie an den Wänden des Wohnzimmers. Der rote Schleier legte sich leider über alles und versuchte mir mit alle Macht die Sinne zu rauben, doch ich wusste, dass er bald ein Ende finden würde.

      Alle packten mit an, als wir begannen den Raum festlich zu schmücken. Na ja, alle bis auf Marc, der wieder mit seiner monströsen Lautstärke über unseren Köpfen seine Präsenz äußerte. Für jemanden in Floras Alter wurde die gesamte Aufmachung sicherlich als kitschig und extrem übertrieben abgegolten, doch wenn man bedachte, dass diese Person jahrelang keinen Geburtstag hatte feiern können, fand ich es schon wieder angemessen.

      Li koppelte meine schlichte, weiße Girlande mit einer bunten Lichterkette. Denn wer, wenn nicht er, sollte sich für die Elektronik kümmern?

      Celest stellte etliche Blumengestecke und befüllte Vasen auf. Liebevoll zupfte sie hier und da, um alles in das rechte Licht zu rücken. Der Duft ihrer Pflanzen erfüllte den Raum mit Lebendigkeit, was sonst keiner von uns ihm wirklich einverleiben konnte.

      Dann hüpfte Josy mit riesigen Silbertabletts den Flur entlang. Celest hatte einen Partyservice mit dem Essen beauftragt, doch meines Erachtens war es viel zu viel. Außer Flora und Marie, die die einzigen