Die Servator Verschwörung. Jürgen Ruhr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jürgen Ruhr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742743503
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dort konnte ich ja nicht nachforschen, da ich mich ja mit meinem Namen und Passwort einloggen muss und somit nachvollzogen werden kann, was ich mache. Doch ich hatte unwahrscheinliches Glück, denn der Archivar ging in die Mittagspause ohne sich aus seinem Computerprogramm abzumelden. Um es kurz zu machen: Inat wurde nach der Verhandlung in die JVA Tegel verlegt. Laut dem kurzen Bericht verstarb er dort am Vierten, das war der Sonntag, an einer Hirnblutung.“

      Ron hatte inzwischen seinen Schreibblock hervorgezaubert und machte sich eifrig Notizen. „Hirnblutung? Das hört sich für mich nicht nach einem natürlichen Tod an. Stand denn in dem Bericht noch mehr?“

      Vera schüttelte den Kopf und strich sich anschließend eine Haarsträhne aus dem Gesicht: „Nein, nicht zu Inats Tod. Vielleicht war er ja nicht mehr ganz gesund. Könnte das nicht auch seine verwirrten Äußerungen während der Verhandlung erklären?“

      Ron überlegte: „Ich bin auf dem Gebiet kein Fachmann. Aber das lässt sich bestimmt recherchieren. Vielleicht war er ja wirklich einfach nur krank. Aber wo ist der Mann eigentlich eingebrochen? Ich habe nirgendwo etwas über die Adresse erfahren können. Weder in den Pressemitteilungen, noch sonst wo. Schon das erschien mir sehr merkwürdig, denn ansonsten wird mindestens ein Ortsteil oder eine Gegend genannt. Hast du darüber etwas finden können?“

      „Ja, habe ich.“ Vera nahm ihre Handtasche, die sie an den Stuhl gehängt hatte und kramte darin herum. Dann zog sie triumphierend einen kleinen Schreibblock hervor. „Roonstraße, ziemlich nobles Viertel. Hier die genaue Adresse.“ Sie riss den Zettel vom Block ab und reichte ihn Ron. „Der Hausbesitzer ist ein gewisser Rudolf Bornsing, seines Zeichens Generalstaatsanwalt. Ein schmuckes Häuschen im Stil einer Barockvilla. Bornsing selbst soll zu dem Zeitpunkt des Einbruchs in Urlaub gewesen sein. Inat muss beim Öffnen einer Tür den stillen Alarm ausgelöst und so die Polizei informiert haben. Die kam auch prompt und hat ihn beim Versuch durch ein Badezimmerfenster zu fliehen, gestellt. Die Beute, eine Münzsammlung und Schmuck hatte er angeblich bei sich.“

      „Sonst nichts?“ Ron machte rasch noch einige Notizen, dann sah er auf. „Trug Inat nicht noch irgendetwas mit sich? Eine Tasche zum Beispiel? Er wird die Beute doch irgendwie wegtransportiert haben wollen.“

      Vera schüttelte den Kopf. „Nein, laut dem Bericht nichts. Aber ich hatte nicht viel Zeit und konnte alles nur rasch und flüchtig durchlesen. Solche Details schienen mir aber auch nicht wichtig ...“

      „Und was ist mit dem Generalstaatsanwalt? Der dürfte doch wieder aus seinem Urlaub zurück sein.“

      Erneut schüttelte die junge Frau den Kopf, dann strich sie sich in gewohnter Manier eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Darüber stand nichts in dem Bericht. Der wird wohl wieder ganz normal seiner Tätigkeit nachgehen. Ich habe mich aber erkundigt. Den Generalstaatsanwalt dürftest du in der Elßholzstraße finden. Dort hat er nämlich sein Büro.“ Sie riss einen weiteren Zettel ab und reichte ihn Ron. Dann kritzelte sie etwas auf den Block, riss den Zettel auch ab und hielt ihn ihrem Gegenüber ebenfalls hin. Als Ron danach greifen wollte, zog sie den Arm zurück.

      „Das hier“, sie wedelte mit dem Zettel herum, „ist eine Adresse, die du äußerst sorgfältig behandeln solltest!“

      Ron sah sie fragend an.

      Als Vera ihm schließlich den Zettel überließ, lachte sie: „Das ist meine Adresse. Geh sorgsam damit um!“

      Ganz Gentleman brachte er sie zu später Stunde zu einem Taxi. Es war noch ein vergnüglicher Abend geworden und sie hatten sich verabredet, dies bald zu wiederholen. Ron sollte sie aber auf keinen Fall wieder im Amtsgericht anrufen, sondern nach Dienstschluss auf ihrem privaten Handy. Er versprach es ihr. Zum Abschied gab sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

      Ron sah dem davonfahrenden Taxi noch lange nach.

      Der nächste Tag begann direkt mit einer Überraschung. Kaum dass Ronald Nayst an seinem Arbeitsplatz saß, kam die Praktikantin mit der Aufforderung, sich beim Chef zu melden, zu ihm. Ron zuckte mit den Schultern, verschob die Frage nach einer Tasse Kaffee auf später und ging zum Büro des Chefredakteurs. Der schien ihn schon erwartet zu haben.

      „Herr Nayst. Schön, dass sie auch schon da sind. Das ist ihr neuer Kollege.“ Fellger zeigte auf einen jungen Mann, der in einer Ecke neben der Tür stand. Ron hatte ihn beim Eintreten gar nicht bemerkt.

      „Das ist der Herr Matthias Prokas. Er wird sie ab sofort im Onlinebereich unterstützen. Sie lernen ihn schnellstens an und helfen dann bei den Kollegen Meizel und Changa aus. Unser Herr Müller hat sich nämlich schon wieder krankgemeldet. Alles klar? Dann ran an die Arbeit!“

      Ronald sah den Chefredakteur irritiert an. Der Aufbau der Onlineredaktion oblag alleine ihm. Das war auch Fellger mitgeteilt worden. Wollte der jetzt eine Anordnung von ‚ganz oben‘ unterlaufen?

      „Herr Fellger, wir sollten vielleicht ein paar Worte unter vier Augen wechseln.“ Ron blieb ganz ruhig, obwohl er den Dicken am liebsten hinter seinem Schreibtisch hervorgezerrt und durchgeschüttelt hätte.

      Der aber winkte ab: „Wenn sie etwas zu sagen haben, dann ruhig vor ihrem neuen Kollegen. Wir haben doch keine Geheimnisse voreinander, oder?“

      Ron schüttelte ein wenig verwundert den Kopf, meinte dann aber: „Herr Fellger, sie wissen, dass der Aufbau der Onlineredaktion alleine mir überlassen bleibt. Sie können nicht einfach jemanden für diesen Bereich einstellen ohne das mit mir abzusprechen.“

      Fellger erhob sich halb aus seinem Sessel und stützte dabei die Hände auf den Schreibtisch. „So? Kann ich nicht? Sind eigentlich sie jetzt der Chefredakteur oder bin ich das? In einer Woche sind sie wieder zurück in ihrem geliebten New York. Es kann ja nicht so schwer sein, die paar Seiten Online News zusammenzustellen. Sie schreiben ja ohnehin fast ausschließlich bei ihren Kollegen ab.“

      Ron holte tief Luft. „So einfach geht das nicht, Herr Fellger. Sie kennen meine Position.“

      Fellger hieb mit der Faust auf den Schreibtisch. „So ist das also! Darauf habe ich nur gewartet. Jetzt drohen sie mir auch noch mit ihrem Vater! Ich lasse mich nicht erpressen. Und jetzt - raus!“ Die letzten Worte brüllte er mit hochrotem Kopf. Der junge Mann, Matthias Prokas, hatte sich schon nach draußen verdrückt. Dort wartete er eingeschüchtert auf Ron.

      „Das … das tut mir Leid. Also, ich wusste ja ni... Sind sie wirklich der Sohn vom Chef?“

      Ron nickte: „Aber das spielt eigentlich keine Rolle. Ich weiß nicht, warum Fellger das macht ...“ - „Was macht?“

      „Sich über die Direktiven der Zentrale so hinwegzusetzen. Aber das sind Interna, die ich klären werde. Welche Qualifikationen haben sie denn? Wo haben sie studiert?“

      Prokas druckste ein wenig herum: „Nun, also ...“

      Ron musste feststellen, dass der junge Mann offensichtlich Probleme hatte, seine Sätze zu formulieren. Langsam begaben sie sich zu Rons Arbeitsplatz. „Also, Herr Prokas, wo liegt ihr Können?“

      „Nun, ja, also eigentlich. Ich meine …“ Dann gab der junge Mann sich einen Ruck: „Eigentlich ist mein Vater ein guter Freund des Chefredakteurs und da ich zurzeit keine Arbeit habe und ihm zu Hause nicht auf der Tasche lie...“

      Ron unterbrach den jungen Mann: „Was haben sie denn gelernt? Oder studiert? Was qualifiziert sie dazu, hier in der Redaktion zu arbeiten. Außer, dass ihr Vater ein guter Freund des Chefredakteurs ist?“

      „Also, ja nun eigentlich. Gelernt habe ich Kfz Mechatroniker. Und in Deutsch hatte ich immer eine Zwei. Also einmal auch eine Vier, aber das lag an dem Lehrer. Un...“

      Ron unterbrach ihn erneut: „Wäre es nicht sinnvoller, sie würden in ihrem erlernten Beruf arbeiten? Ich glaube, sie sind hier völlig fehl am Platz.“

      „Ja, das dachte ich auch. Aber ich bekomme ja keine Stelle und deswegen hat mein Papa ja au...“

      Ronald schüttelte den Kopf. Es wurde höchste Zeit, dass er mit seinem Vater sprach. Vielleicht schon heute Abend. Er dürfte nur die Zeitverschiebung nicht vergessen, denn sein alter