Das seelische und leibliche Ausweiden erleben Millionen von Menschen in Deutschland. Ihnen wird die Existenz mit zig Folgen völlig verdünnt und letztendlich zerstört. Die zerstörerischen Komponenten erscheinen gesellschaftlich wie Nebenwirkungen, die in einer Darstellungsform öffentlich Platz finden, in denen offiziell niemand ahnte, dass sie existieren. Die Verursacher tun harmlos. Durch fehlende Benennung und Verleugnung dieses Motiv- und Verhaltensmusters breitet es sich aus. Denn: Man ist tolerant in unserer Gesellschaft und es wird lieber eine vereinzelnde Sichtweise betont, die Bauernopfer fordert, statt sich mit den generellen Ursachen des kapitalistischen Kerns zu beschäftigen. Analog beschäftigt man sich dann auch nicht mit dem Kern des menschlichen Wesens: Denn dann müssten Folgen des Kapitalismus im Menschen aufgezeigt werden. Sie werden auch dann nicht aufgezeigt, wenn ökonomisches System und Mensch drohen, daran zugrunde zu gehen. Kapitalismuskritik erscheint so abgegriffen, dass sie fast wie eine Entschuldigung statt wie eine Erhellung der Zusammenhänge gesellschaftlich wirkt. Denn ein wichtiges Glied wird immer ausgespart: Die Seele, die Psyche und der Körper von Menschen. Aber genau in ihnen wirkt die Intention des Kapitalismus. In ihnen wird das Ziel der Spaltung verwirklicht und der Mensch und sein seelisches Erleben verleugnet bzw. für uninteressant erklärt. Seele, Psyche und Leib haben einfach nur zu funktionieren. Bei wirtschaftlichen Entscheidungen steht ausschließlich der anvisierte Gewinn und nicht der Mensch im Vordergrund.
Nun könnte man sich fragen, ob krankhaft motiviertes Verhalten die Norm wird oder umgekehrt, krankhaft festgestellte Symptome und Verhaltensmuster in meinem Fachbereich normal, sprich gesellschaftlich akzeptiert und damit gesund geschrieben werden! In jedem Falle, egal für welche Richtung der Sichtweise man sich entscheidet, steht zweierlei fest: Einmal die Angleichung perversen Verhaltens in Richtung eines normativen Verhaltens als nicht nur gesellschaftlich akzeptiertes, sondern auch noch bewundertes und belohntes. Zum anderen die Inkaufnahme und Zumutung von Folgen im Alltag und in Lebensumständen für Millionen von Menschen, die am Kern des Anliegens von Menschen vorbeigehen müssen, weil diese Motive das menschliche Wesen, die Seele, zerstören und die psychische und leibliche Verarbeitung millionenfach zur individuellen Existenzsicherung auf Hochtouren laufen lassen.
Insofern ist festzuhalten: Das vorliegende Buch verarbeitet und betrachtet zwar Kapitalismus in Deutschland, ließe sich aber gleichfalls für alle anderen kapitalistischen Länder lesen. Der Kern und die Auswirkungen sind überall gleich, die Beispiele inhaltlich anders und mit anderen Personen zu besetzen, aber Struktur und Ziel sind gleich. Kapitalistische Zielsetzung ist pervers, weil der Profit an die erste Stelle der Werte gesetzt wird und nicht die Unversehrtheit des Menschen. Eine menschlich anständige Haltung ist nicht durchgängig aufzeigbar, so wie das jüngste in den Medien verbreitete Beispiel zeigt: Die 1,30 Euro hohe Angelegenheit der Tengelmannmitarbeiterin, der nach 31 Betriebsjahren aufgrund des Verdachtes, sie hätte den Betrieb um diese Summe betrogen, gekündigt worden ist, zieht Kreise. Vor Gericht verlor sie diesen Prozess (vorläufig). (ZDF: Kerner, 25.2.2009) Die Gemüter scheiden sich in dieser Angelegenheit so sehr wie die Rechtssprechung dehnbar erscheint und nach gründlicher Reflexion der Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Frage, ob sie noch zeitgemäß ist, schreit. Ob hier das Motiv Niedertracht der Motor war, einer Mitarbeiterin, zumal einer, die der Gewerkschaft angehört, zu kündigen, wird sich sicherlich noch entpuppen.
Weiter legen aktuelle Entwicklungen im Kapitalismus nahe, Mängel, Missstände, Menschen schädigendes Verhalten und Zerstörungsnotwendigkeit in zweierlei Weise zu sichten: Ziele des Kapitalismus müssen geordnet und benannt werden. Daraus aktuell folgend, sind die dazu gehörigen Personen, die sie ausführen und aus deren Quelle sie ökonomisch so folgenreich entstammen, zu reflektieren. In der Gegenwart werden einzelne Manager und/oder Politiker Ziel von Kritik und Angriff. Es fehlt die grundsätzliche Reflexion der ökonomischen Wertegrundlagen wie existenzielle Festschreibung der Werte für das menschliche Wesen. Jeder Manager wird bei Einzelfallbetrachtung von Außen Werte im Sinne des menschlichen Wesens nicht in sein Handeln einbezogen haben, weil er dafür nicht bezahlt wurde. Dennoch kann die ökonomische Abhängigkeit des Managers nicht dazu gereichen, ihn grundsätzlich frei von Verantwortung zu stellen, weil er genau aufgrund dieser Bereitschaft, vor allen Dingen für den Profit des Auftraggebers zu sorgen, bezahlt wurde. Schließlich leitet sich das Managergehalt genau aus diesem Punkte der Profiterwirtschaftung her. Grundsätzliche Reflexion über das menschliche Wesen muss stattfinden und aus ihr sind Grenzen für ökonomische Handlungen und Entscheidungen zu ziehen. Dazu ist eine Analyse, wie Machtmissbrauch unter der Fokussierung bestimmter Werte funktioniert und was er in Menschen bewirkt, notwendig. Nicht akzeptable Folgen und Schädigungen aus wirtschaftlichen Handlungen und Entscheidungen sind in der Gegenwart ungezählt und gehören bis in die Tiefe menschlicher Zellen reflektiert.
Im Band 1, zu dem es drei Bände gibt, kann das offene Tabu bezüglich des Kapitalismus eingefangen und als generelle Forderung mit der Formulierung Selbstwert statt Mehrwert auf den Punkt gebracht werden. Dieses hier angedeutete Verhältnis ist ein sich gegenseitig insofern ausschließendes, als es höhere Profitraten bei maximalem Ausschluss des Selbstwertes garantiert. D.h., es beinhaltet eine Entscheidung für die eine oder andere Seite und zwar dann, wenn der Raum zwischen diesen Polen nicht als Wahlmöglichkeit wahrgenommen wird. Ethik und Moral in Wirtschaft und Gesellschaft bildeten dabei bisher Grenzen, die immer weiter aufgelöst wurden und inzwischen alles möglich erscheinen lassen. Vielleicht kann sich diese Leben gewichtende Wahl, die oftmals Ausschließlichkeit für den Mehrwert bedeutet(e), neu und deutlicher für den Selbstwert, für Würde und Achtung des menschlichen Wesens, einpendeln. Dies sei gesagt, obwohl bekannt ist, dass dies schon lange hätte passieren können: denn diese Option bestand im Kapitalismus immer.
Mir scheint, gegenwärtig muss diese Wahlmöglichkeit überhaupt erst noch einmal benannt werden, um dergestalt zu einem sowohl als auch wachsen zu können: Der Mensch muss leben und arbeiten können und dabei seinen Wert als Mensch behalten, weiter auf- und ausbauen, Freude und Zufriedenheit erleben können. Sein Lebensumfeld, seine sozialen Beziehungen und die Welt um ihn herum, sollten als Sicherheit und Frieden gebende Konstanten wie ein Fels in der Brandung wirken. Eltern sollten nicht mehr rund um die Uhr damit beschäftigt sein müssen, ihre Kinder zu schützen: ob bezüglich der Sendungen im Fernsehen, der Schule oder allgemein auf der Straße oder gar vor Nachbarn und einzelnen Familienmitgliedern. In der Schule sollten sie ein ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechendes Lehrangebot vorfinden dürfen, das nicht der Permanenz von besser, schlechter, intelligenter oder weniger intelligent und allen damit verbundenen gesellschaftlichen Anerkennungs- und Abwertungsmechanismen unterliegt. Die menschliche Geschichte müsste inzwischen