Der Weiße Mann, vorübergehend im Besitz der Macht, glaubt, er sei schon Gott – dem die Erde gehört. Wie kann ein Mensch seine Mutter besitzen? (...)
Wenn der letzte Rote Mann von dieser Erde gewichen ist und sein Gedächtnis nur noch der Schatten einer Wolke über der Prärie, wird immer noch der Geist meiner Väter in diesen Ufern und diesen Wäldern lebendig sein. Denn sie liebten diese Erde, wie das Neugeborene den Herzschlag seiner Mutter. Wenn wir Euch unser Land verkaufen, liebt es, so wie wir es liebten, kümmert Euch, so wie wir uns kümmerten, behaltet die Erinnerung an das Land, so wie es ist, wenn Ihr es nehmt.“ (Häuptling Seattle, 2006, S. 20, 47, 61)
Ich will jetzt gar nicht mit der Tür ins Haus fallen, aber dennoch im Anschluss an diese Worte sagen, dass den Menschen in Deutschland, die ein Leben lang hier gearbeitet haben, nichts außer dem, was sie am Leib haben, gehört. Die Frage, die der Häuptling stellte, ob uns unser Land heilig ist, weil wir hier leben und arbeiten, gehört heutzutage ins Reich der Illusionen und wurde durch Globalisierung ad acta gelegt. Länder und Menschen sind so funktionalisierbar, dass nur noch Menschen Etwas zugehörig ist, die das Geld dafür haben. Alle anderen sind vogelfrei und haben keine Ansprüche. Das Gesetz, sprich Menschen, wollten dies so.
Insofern ist André Gorz aus seinem Brief an D. (2007) zur Frage des Rechthabens zwischen Männern und Frauen zu zitieren, an der sich in Debatten gern aufgehängt wird, um zu dem Resultat zu gelangen, dass nichts zu verändern sei. Er schreibt an seine Frau:
„Du hattest keine Erkenntnistheorie nötig, um zu wissen, dass es ohne Intuitionen und Affekte weder Verstand noch Sinn gibt. Deine Urteile erhoben unbeirrt Anspruch auf die Grundlage ihrer erlebten Gewissheit, die sich zwar kommunizieren, aber nicht beweisen lässt. Die Autorität – nennen wie sie ethisch – dieser Urteile bedarf einer Debatte, um sich durchzusetzen. Während Autorität des theoretischen Urteils zusammenbricht, wenn es ihr in der Debatte nicht gelingt, zu überzeugen. Nichts anderes bedeutete mein ‚Warum musst Du immer recht haben’. Ich glaube, ich brauche Dein Urteil sehr viel nötiger als Du das meine.“ (Gorz, 2007, S. 46).
Übertragen auf die Intention des vorliegenden Buches heißt dies, dass Männer Frauen und Oben Unten vermehrt zuhören und von ihnen annehmen sollten, was mitgeteilt wird... und was von Nöten ist, zu verbessern...
Vorläufig gilt es zunächst, ein Tor zu durchschreiten, um sich selbst zu erkennen – und es gilt zu erkennen, dass der Rote Mann und der Weiße Mann unveränderliche, menschliche Gemeinsamkeiten haben, auch wenn die Globalisierung die letzte große und vorerst möglich erscheinende Trennungslinie zwischen Menschen in Form von Oben und Unten, definiert mittels Besitz und Besitzlosigkeit, und damit Lebensinhalte und Lebensstrukturen für 2/3 der Menschheit vorgibt. Gleichwohl sollte eine Definition maximaler Kürze bezüglich Globalisierung an dieser Stelle nicht fehlen:
"Damit man von Globalisierung sprechen kann, muss aber lediglich ein regelmässig stattfindender Austausch über große Distanzen existieren." (Oserhammel, J., in: Campus Nr. 5, September/Oktober 2011, S. 30)
Ein Zitat von Jürgen Osterhammel, Geschichtsprofessor an der Uni in Konstanz, aus dem sich ableiten lässt, dass Globalisierung an sich nichts Schlechtes oder Nachteiliges bedeuten muss. Kritisch wird sie, wenn jeweiliges Land und Menschen von ihr benutzt werden, um sie ausschließlichen Mehrwert-Interessen zu unterwerfen!
Oben leitet von Geld und Besitz Macht und Rechte ab, die jeder Menschenwürde und Menschenachtung spottet. Politik scheint die Konsequenzen dieser Oben-und-Unten-Einteilung mittels offizieller Darstellungen, alle Menschen seien gleich und hätten gleiche Rechte und Möglichkeiten, zu verbrämen. Demgegenüber sind Auswirkungen der Politik festzustellen, die zeigen, dass Menschen keineswegs mit gleichen Rechten, Pflichten, Möglichkeiten und Chancen ausgestattet sind. Erstrebenswert wäre, Menschen hätten in der Tat diese politische Gleichheit und dieses menschliches Gewicht. Dies zu bekräftigen schließe ich dieses Kapitel mit der Feststellung:
Jeder Einzelne, egal mit welcher Ausbildung, Hautfarbe und mit wie viel oder wie wenig Geld auf dem Konto, ist wertvoll und unbedingt notwendig innerhalb der neuen Ausrichtung von respektvoller Heilungskultur. Je einfacher und klarer die Worte, desto besser für uns alle:
„Jeder einzelne soll sich sagen: Für mich ist die Welt erschaffen worden, daher bin ich mit verantwortlich.“
(Talmud Bavli Sanhedrin 7)
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