Sonnig mit heiteren Abschnitten. V. A. Swamp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: V. A. Swamp
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742768407
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Unglück auch noch Griechisch. Wieder bei Schwammborn. Ich sah nicht ein, dass ich zunächst ein mir völlig unbekanntes Alphabet lernen musste, um mich dann mit einer nutzlosen Sprache zu beschäftigen. In der zweiten Hälfte des Schuljahres war klar, dass meine Versetzung wegen unzureichender Leistungen in Griechisch, aber auch in Chemie und Physik ernstlich in Gefahr war. Mein Vater rastete aus aufgrund dieser Schwächen. Hinzu kam dann noch mein aufsässiges Verhalten in der Schule.

       Haben Sie ihm das erzählt?

       Natürlich nicht. Ich sprach zuhause nie über die Schule und das trieb meinen Vater zur Weißglut. Er hat sich aber in der Untertertia gewundert, dass wir so wenig Arbeiten schrieben. Ich habe ihm die schlechten Noten nicht mehr gezeigt. Das ging nicht lange gut. Einige Lehrer waren in der gleichen Studentenverbindung wie mein Vater. Die alten Herren trafen sich einmal vierteljährlich. Nach diesem Treffen wurde es meist ungemütlich für mich. Mein Vater zerrte mich nachts aus dem Bett und brüllte seinen Ärger raus, dass die Wände wackelten. Da haben sich die Nachbarn beschwert und von da an nahm mich mein Vater bei solchen Ereignissen mit in den Keller in die Waschküche. Da konnte er dann ungehört brüllen und prügeln. Ich war immer ziemlich verstockt und reagierte äußerlich nicht. Innerlich sah das natürlich anders aus. Aber das bemerkte mein Vater nicht. Deshalb schlug er mir mehrmals kräftig ins Gesicht, um eine Reaktion bei mir hervorzurufen. Je mehr er mich schlug, umso verstockter wurde ich.

       Was sagte Ihre Mutter dazu?

       Nichts. Zum einen hatte sie Angst vor ihrem gewalttätigen Mann. Zum anderen hatte sie auch kein besseres Rezept, um mich auf Linie zu bringen. Wahrscheinlich dachte sie wie mein Vater, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.

       Waren Sie ein grober Klotz?

       Nein, innerlich war ich weich und empfindsam. Aber von meinem Vater hatte ich gelernt, meine Gefühle zu verbergen. Ich wollte nicht, dass er mich schwach sah.

       Wie ging es weiter?

       Mein Vater löste das Problem, indem er mich auf eine andere Schule schickte. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, mich die Klasse wiederholen zu lassen. Für meinen Vater kam ich als Sitzenbleiber nicht infrage. Eine solche Schande wollte er nicht ertragen. Nach dem altsprachlichen schickte er mich auf ein naturwissenschaftliches Gymnasium. Da war ich natürlich mit meinen Lateinkenntnissen König, aber nun hatte ich in den naturwissenschaftlichen Fächern beträchtliche Lücken. Im nächsten Schuljahr drohte dann wieder ein Sitzenbleiben. Das veranlasste meinen Vater erneut, meine Schule zu wechseln. Das war nicht mein letzter Schulwechsel. Bis zur zwölften Klasse habe ich noch zweimal Gelegenheit bekommen, mich auf anderen Gymnasien zu bewähren. Jedes Mal, um drohendem Sitzenbleiben zu entgehen. Dann hatte ich die Schnauze voll.

       Sie haben die Schule ohne Abschluss verlassen?

       Nun die Mittlere Reife hatte ich so nebenbei erreicht, aber das Abitur habe ich nicht gemacht. Das ist richtig.

       Für was haben Sie sich anstelle der Schule interessiert?

       Mit fünfzehn ging das mit den Mädchen los. Eigentlich schon früher, wenn ich das recht überlege. Mit dreizehn gehörten Rummelbesuche zu meiner liebsten Freizeitbeschäftigung. Besonders die Abenteuer in der Raupe.

       In der Raupe?

      Strawinsky klingt neugierig.

       Das war für knapp drei Jahre für mich der schönste Platz auf der Erde. Die Raupenbahn ist eine Berg- und Tal-Bahn, auf der ich Stunden verbrachte. Zum einen spielten sie dort die tollste Musik in jener Zeit. Die hämmerten sie uns aus Monsterlautsprechern in Mark und Bein. Wir hatten zuhause außer einem Klavier, das aber nur zu Weihnachten von meiner Mutter dazu benutzt wurde, „Oh Tannenbaum“ und ähnliches Zeugs zu klimpern, keine Musik. Wir besaßen weder ein Radio noch einen Plattenspieler. Na gut, jetzt fällt es mir ein. Wir hatten doch einen Plattenspieler. So einen schwarzen Kasten mit Kurbel, auf dem wir 78er Schellackplatten hätten spielen können. Allerdings besaßen wir kaum 78er Platten.

       Ihre Musik hörten Sie demnach auf dem Rummel?

       Genau, die Klänge habe ich noch heute im Ohr CINDY, OH CINDY, DEIN HERZ MUSS TRAURIG SEIN oder ROCK AROUND THE CLOCK und so ein Zeug. Die Raupe selbst verfügte über zwei Besonderheiten. Die eine war, dass sie ein Verdeck besaß, welches sich während der Fahrt über den Kabinen schloss. Dann saß man im Dunkeln in der Kabine. Die zweite Besonderheit war, dass eine Menge Mädchen mit der Raupe fuhren. Die liebten wahrscheinlich dieses Berg- und Talfahren bei hoher Geschwindigkeit wegen des schönen Kribbelns im Bauch. Außerdem wollten die Mädchen auf dem Rummel Jungs treffen. Ich habe mir zunächst das Ganze genau angeschaut und dann wusste ich, wie es funktioniert. Ich wartete, bis sich die Raupe in Bewegung gesetzt hatte. Sie fuhr immer langsam an und steigerte dann ihre Geschwindigkeit. Ich hatte schon vorher ausgemacht, in welchem Wagen das Mädchen meiner Wahl saß. Ich sprang dann blitzschnell zu dem Mädchen in den Wagen, und als sich das Verdeck geschlossen hatte, ging es los.

      Strawinsky unterbricht mich.

       Was ging los?

       Na, die Knutscherei und Fummelei, solange das Verdeck geschlossen war.

       Kannten Sie die Mädchen?

       Nein, das war ja gerade der Reiz des Ganzen. Man konnte verschiedene Geschmacksrichtungen und Körbchengrößen ausprobieren, ganz ohne Risiko. Das war wie Weinprobe ohne Wein. Und glückstrunken war man hinterher auch, ganz ohne Alkohol. Das war eine sehr schöne Erfahrung.

       Als Dreizehnjähriger?

       Ich sagte mit dreizehn ging das los, ab vierzehn war ich dann ein erfahrener Raupenfahrer und kannte alle Tricks, um die besten Mädchen zu bekommen. Als ich dann fünfzehn wurde, ließ mein Interesse langsam nach. Da bin ich dann auch nicht mehr so gern auf den Rummel gegangen.

       Wo haben sie dann nach Mädchen gesucht?

       Meine Mutter fand, dass es Zeit war, Tanzen zu lernen. Sie schickte mich in eine Tanzschule. Das fand ich öde, weil ich mir von den Mädchen mehr versprochen hatte. Die sahen damals schrecklich aus mit ihren hochtoupierten Betonfrisuren und ihren Petticoats. Ich habe das aber durchgezogen. Nach dem Abschlussball hat mich die Tanzlehrerin gefragt, ob ich nicht anschließend noch den nächsten Kurs belegen wolle. In dem Kurs hatten sie einen gewaltigen Mädchenüberschuss. Da das mich nichts kostete, bin ich nochmals in die Tanzstunde gegangen.. Das hat sich aber auch nicht gelohnt, die Mädchen waren noch hässlicher als im ersten Kurs. Immerhin habe ich leidlich tanzen gelernt, und wenn die Musik stimmt, mache ich das heute noch gerne mit Mona.

       Waren Ihre Freunde mit von der Partie?

       Nein, meine Freunde hatten zu jener Zeit keine Lust auf so was. Tanzschule war denen viel zu spießig. Die wollten Abenteuer. Die haben mich dann zu einer Fahrradtour nach Holland überredet. Wir waren damals erfahrene Radfahrer, in Wuppertal mit seinen vielen Hügeln lernt man das. Wir sind dann in zwei Tagen von Wuppertal zum Abschlussdeich geradelt. Das war eine gute Leistung.

       Zum Abschlussdeich?

       Ja, ich glaube das Ding ist über dreißig Kilometer lang und schützt Holland vorm Absaufen. Da oben haben wir dann eine Menge neugieriger Mädchen getroffen.

       Worauf waren die denn neugierig?

       Na auf uns deutsche Jungs. Wir waren doch die, vor denen ihre Eltern sie immer gewarnt hatten. Die Deutschen haben übel im Krieg in Holland gewütet, aber das interessierte die Mädchen nicht, sondern nur noch deren Eltern. Die Mädchen hatten die gleichen Interessen wie wir. Wir wollten alle zusammen Spaß haben. Wir haben dann mit den Holländerinnen kräftig geknutscht und gefummelt. Das war sehr schön.

       Wie ging es dann weiter?