Schattenspiele. Klara Kraus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Klara Kraus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738042337
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      „Was meinst du?“

      Der Ton der Mutter war ungewöhnlich scharf.

      „Ich habe das Gefühl, dass er etwas zerstreut ist.“

      „Judith, das bildest du dir ein. Es ist alles in Ordnung. Vielleicht ist er nur etwas überarbeitet.“

      Judith sah ihre Mutter an und wusste, dass sie ihr nicht alles sagte. Sie wollte mit ihrer Schwester bei Gelegenheit nochmals darüber reden.

      Ihr Vater hatte sich schon in seine Raucherecke zurückgezogen und Judith bat die Mutter sich dazu zu setzen.

      „Ich wollte eine Sache mit euch besprechen. Also ich würde gerne bei Tante Marie ausziehen und mit drei Freunden eine gemeinsame Wohnung nehmen. Um genau zu sein haben wir die Wohnung schon angemietet.“

      Schweigen….

      „Und du willst nun unsere Meinung dazu von uns hören, nachdem du die Wohnung ja schon angemietet hast?“

      fragte ihr Vater.

      „Ich finde es gut, dass du in der Lage bist, deine Entscheidungen selbst zu treffen, schließlich bist du ja erwachsen. Ich gehe davon aus, dass du dir auch Gedanken darüber gemacht hast wie du das finanzieren wirst.“

      „In zwei Wochen beginnen die Semesterferien und ich werde mich nach einem Job umsehen, den ich dann vielleicht auch während des Semesters beibehalten kann. Wenn ich von euch weiterhin mein Taschengeld bekomme werde ich für die Miete alleine aufkommen können.“

      Judith war selbst überrascht wie ihr die Worte über die Lippen gingen. Sie hatte sich bis heute nicht im Mindesten um einen Job gekümmert.

      Die Eltern wechselten einen Blick und gaben ihr Einverständnis.

      „Eine Bedingung habe ich“,

      sagte ihr Vater.

      „Wir möchten die Leute kennen lernen mit denen du unter einem Dach wohnst.“

      „Das ist kein Problem. Was haltet ihr davon wenn ihr in den nächsten Wochen nach München kommt, dann könnt ihr meine Mitbewohner kennen lernen und euch auch gleich die Wohnung ansehen.“

      Den Sonntag verbrachten sie im Garten in dem jetzt alles anfing zu blühen und der einen wunderschönen Anblick bot. Judith fühlte sich rundum wohl und bedauerte es am Abend schon wieder nach München zu müssen.

      5

      Die nächsten Wochen waren mit sehr viel Arbeit ausgefüllt. Die letzten Klausuren wurden geschrieben und sie schloss das erste Semester mit gutem Erfolg ab.

      Sie hatten schon vor zwei Wochen mit den Renovierungsarbeiten in der Wohnung begonnen. Als sie das erste Mal nach der Besichtigung wieder in das Haus kamen waren sie doch etwas erschrocken. Es war wirklich in einem erbärmlichen Zustand. Im Treppenhaus war der Putz von den Wänden gebrochen, am Treppengeländer fehlten einige Stäbe, welche durch einfache Schnüre ersetzt wurden. Aus manchen Wohnungen roch es sehr eigentümlich und man entschied sich besser nicht zu wissen was hinter den Türen so alles passiert.

      Die Wohnung selbst hatte lange keine frische Farbe mehr gesehen. Die Teppichböden waren mit Flecken versehen und stanken nach Urin. Die vorherigen Mieter hatten mehrere Hunde, die wohl nicht regelmäßig Gassi geführt wurden. Das Badezimmer war lange nicht mehr geputzt worden und man konnte die Originalfarbe der Sanitärgegenstände nicht mehr wirklich erkennen.

      Die Mädchen waren schockiert und verstanden nicht, dass ihnen das in diesem Maß bei der Besichtigung nicht aufgefallen war.

      Sören fand als erster wieder seine Sprache:

      „Mädels, alles kein Problem, das schaffen wir.“

      Was sich wirklich als Problem herausstellte und woran eigentlich keiner gedacht hatte, waren die Kosten für das Material welches sie zur Renovierung brauchten. Den Mädchen war es nicht möglich, viel von ihrem Taschengeld beizusteuern.

      Sören bot sich an, die Kosten vorerst zu übernehmen und die Mädchen sollten es ihm nach und nach zurückbezahlen. Sörens Vater war wohl nicht unvermögend und schickte seinem Sohn jeden Monat einen großzügigen „Überlebensscheck“, wie er es nannte.

      Die Renovierungsabreiten nahmen sehr viel Zeit in Anspruch und sie mussten einen Zeitplan erstellen wer wann Sören zur Seite stehen musste.

      Judith musste sich dringend einen Job suchen, was sich als sehr schwierig herausstellte da ja gerade Semesterferien waren und alle Job bereits vergeben waren.

      Sie las jeden Tag die Anzeigen in der Zeitung und hielt sich nicht damit auf über das Telefon Kontakt aufzunehmen sondern machte sich gleich auf den Weg um persönlich vorzusprechen. Sie hatte inzwischen bei ca. 15 Firmen vorgesprochen, leider immer ohne Erfolg.

      Sie hoffte auf die Wochenendausgabe mit einer größeren Auswahl an Stellenangeboten.

      Am Samstagmorgen holte sie sich in aller Früh die Tageszeitung und studierte die Stellenanzeigen.

       Juweliergeschäft in der Innenstadt sucht freundliche Aushilfe mit Freude an kreativer Arbeit zur Gestaltung der Schaufenster, Mithilfe in der Werkstatt und zur Kundenbetreuung. Interessenten bitten wir sich direkt bei uns im Geschäft vorzustellen.Juwelier Hoffmann, Marienplatz.

      Judith machte sich sofort auf den Weg zur S-Bahn, dort angekommen fuhr gerade die Bahn ein die sie weiter bringen sollte, sie wertet das als gute Omen.

      Sie fand die angegebene Adresse sofort und betrat das Geschäft.

      Eine Frau mittleren Alters kam auf sie zu und fragte nach Ihren Wünschen

      „ Ich habe Ihre Stellenanzeige gelesen und wollte mich gerne darauf bewerben.“

      „Einen kleinen Moment bitte ich werde meinen Mann holen“,

      ein freundliches Lächeln und die Frau begab sich in den hinteren Bereich des Ladens.

      Judith schaute sich die Auslagen an und war wirklich beeindruckt. Das war kein Schmuck von der Stange sondern ausschließlich sehr gute Goldschmiedearbeiten. In solch einer schönen Umgebung zu arbeiten würde ihr schon sehr gut gefallen.

      Nach ein paar Minuten kam Herr Hoffmann in den Laden.

      Herr Hoffmann war ein großer Mann mit grauen, etwas längeren Haaren wie es gerade Mode war und einem warmen und herzlichen Lächeln im Gesicht. Er trug nicht wie erwartet einen dunklen Anzug, wie es dem Ambiente des Ladens entsprochen hätte, sondern Jeans und ein kariertes Hemd.

      „Guten Tag, junge Frau, wie ich höre wollen sie sich um die von uns ausgeschriebene Stelle bewerben. Was machen Sie denn, wenn sie nicht auf Jobsuche sind?“

      „Ich studiere Kunstgeschichte und Malerei an der Uni hier in München.“

      „Interessantes Studium, könnte mir auch gefallen.“

      „Wenn es sie interessiert zeige ich Ihnen die Werkstatt und erkläre ihnen welche Aufgaben zu erledigen sind. Dann können sie entscheiden ob ihnen die Arbeit gefallen könnte“

      „Ja sehr gerne.“

      Herr Hoffmann ging voraus und wie Judith vermutet hatte, befand sich hinter der Tür im hinteren Teil des Ladens die Werkstatt und das Büro.

      „Wissen sie ich bin der Handwerker und meine Frau betreut den Laden. Jeder von uns macht seine Aufgabe mit Liebe und somit sind wir das ideale Team. Was uns fehlt ist eine Kraft, die hier und da einspringen kann, wenn es viel zu tun gibt. Das würde heißen, der Job wäre keine Tätigkeit mit einer regelmäßigen Stundenzahl. In den Wochen vor Weihnachten gibt es natürlich bedeutend mehr zu tun als zum Beispiel in den Sommermonaten.“

      „Ich denke, das sollte gehen wenn es möglich ist, dass wir uns zeitlich absprechen können.“

      Herr Hoffmann zeigte Judith die Werkstatt,