Der Wunderschönste Zufall. Marcel Schmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marcel Schmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750235182
Скачать книгу
Gott bekam noch Tropfen vom schmutzigen Wasser ab.

      Schnell kam Lara aus dem Graben gekrochen, nass und dreckig und schlecht gelaunt. Gott reichte ihr die Hand, um ihr auf die sichere Wiese zu helfen.

      “Man, wäre ein kleiner Trick, um das zu verhindern zu viel verlangt gewesen?”, schnaufte Lara: “Du hast Autos schweben lassen, da wär ich doch kein Problem gewesen. Kein blöder Spruch!”

      “Es sind nun mal andere Menschen hier, die hätten sich nicht wenig gewundert, wenn du einfach über dem Wasser schweben würdest”, erklärte sich Gott.

      Lara klopfte sich nasse Blätter und was sonst so in dem Graben war von den Klamotten. Wuffel hatte derweilen aufgehört, wild hin und her zu laufen, und sein Blick sah fast nach Schuldgefühlen aus.

      “Man, meine Klamotten sind komplett durchnässt mit dieser ekligen, stinkenden Brühe”, schimpfte Lara: “ Aber immerhin…”

      Sie hielt Wuffels Ball in der Hand und zeigte ihn lächelnd und stolz. Wuffel freute sich wie verrückt. Er bellte und sprang und es war ihm egal, dass Lara deswegen im Wasser gelandet war.

      “Jetzt sollte ich aber lieber nach Hause, duschen und frische Sachen anziehen”, meinte Lara seufzend.

      “Ich werde dich begleiten”, sagte Gott.

      “Man, wie soll ich das Papa erklären”, überlegte Lara laut und kratzte sich am Kopf.

      Kapitel 6 Ich habe noch nie so einen Tag erlebt

      “Man, ist das ein Tag heute”, stöhnte Lara, als sie neben Gott auf dem Weg nach Hause war.

      Und sie hatte schon Recht. Abgesehen davon, dass sie in den Graben gefallen war, hatte sie auch noch Gott höchstpersönlich getroffen. Das ist schon ein höchst sonderbarer und erlebnisreicher Tag für ein achtzehnjähriges Mädchen.

      Die beiden waren zurück zum Tierheim gelaufen, um Wuffel zurückzugeben. Diese Aufgabe hatte Gott bekommen, denn Lara wollte nicht in nassen und stinkenden Klamotten hinein. Auf besorgte und neugierige Fragen konnte sie nämlich gut verzichten, so hoffte sie, dass Gott diese einfache Aufgabe nicht vergeigte. Aber so wie es schien, lief alles glatt.

      Lara beschloss, direkt nach Hause zu laufen und ihr Fahrrad erstmal beim Cafè stehen zu lassen. Hätte Beate sie dort so durchnässt gesehen, hätte sie endgültig gedacht, Lara sei von einer ernsthaften Krankheit befallen worden. Und genützt hätte ihnen das Rad auch nicht viel, denn zwei Personen gleichzeitig wollte Lara ihm nicht zumuten (es hielt ja gerade mal sie aus) und Gott weigerte sich vehement, zu teleportieren.

      “Und indem du in einen dreckigen Graben fällst, wolltest du mir den Wert des Lebens zeigen?”, fragte Gott.

      “Man, das war doch keine Absicht”, sagte Lara und erkannte an Gottes Grinsen, dass er es wusste: “Aber über solche Missgeschicke können viele Menschen lachen. Lieber nicht über das eigene, oder zumindest mit etwas Abstand, aber darüber gemeinsam zu lachen, kann Menschen auch glücklich machen. Guck mal, wenn du ein Mensch wärst, hätten wir etwas, an das wir uns noch in dreißig Jahren erinnern könnten, etwas das uns verbindet.”

      Gott fing leicht an, zu lachen.

      “Es war schon lustig”, sagte er: “Vielleicht erinnere ich mich ja in dreißig Jahren wirklich daran.”

      Lara war erstaunt, so hätte sie nicht gedacht, dass dieser Moment einen Eindruck auf Gott machen würde. Er hatte ja erwähnt, dass er sich den Humor der Menschen angeeignet hatte, aber machte ihn das Lachen auch glücklich? Mit welchem Gefühl würde er sich in Zukunft an Laras Missgeschick erinnern?

      “Was glaubst du, wirst du dann empfinden; wenn du dich erinnerst?”, fragte Lara und schaute Gott wartend an.

      “Werde ich etwas empfinden?”, fragte Gott zu Laras Enttäuschung: “Ich würde vielleicht lachen, wenn ich in letzter Zeit nicht zu oft daran gedacht haben werde. Aber was sonst sollte ich empfinden?”

      “Na zum Beispiel Freude, weil du diesen Moment erlebt hast und mit einem Lächeln daran denkst. Oder Trauer, weil es niemanden mehr gibt, mit dem du so etwas erleben kannst”, sagte Lara furios.

      Gott verfiel in Nachdenklichkeit. Jetzt hatte Lara Gott nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken gebracht. Das soll ihr Anna erst einmal nachmachen.

      “Ich werde sehen, was ich empfinden werde”, sagte Gott, als ob Lara dreißig Jahre abwarten könnte.

      “Ich werde mich auf jeden Fall gerne daran erinnern, sobald ich wieder sauber und trocken bin”, meinte Lara. Gott schwieg.

      Lara fand es seltsam: Immer hatte sie so viele Fragen gehabt, die Gott ihr hätte beantworten können, aber jetzt, wo sie neben ihm lief, hatte sie nicht das Bedürfnis zu fragen.

      “Okay”, sprach sie, als sie in ihre Straße abbogen: “Mein Vater wird wohl zu Hause sein. Denk bitte daran, du bist nicht Gott, du bist Leon. Ein stinknormaler Junge, der nie irgendeine Welt erschaffen hat.”

      Sie sprach fast wie mit einem Kind vor einem Besuch von Bekannten, dabei war es der Schöpfer höchstpersönlich, mit dem sie sprach.

      Gott schien davon äußerst fasziniert zu sein.

      “Hey, ich habe ebenso kein Interesse, dass alle wissen, wer ich bin”, sagte Gott.

      “Papa, ich bin wieder zu Hause”, rief Lara als sie die Haustür öffnete. Ihr Vater kam aus der Küche, mit einem Geschirrtuch in der Hand.

      “Huch, schon wieder ein Betrunkener?”, fragte er verdutzt als er seine durchnässte Tochter sah.

      “Dieses Mal war es ein Ball, den ich gerettet habe”, sagte Lara stumpf.

      “Ein Ball?”, fragte ihr Vater neugierig und besorgt zugleich. Würde er seine Tochter nicht so gut kennen, hätte er wohl ähnlich wie Beate reagiert.

      “Ich geh erstmal duschen. Danach erzähle ich es dir vielleicht, wenn du lieb bist.”

      Gott trat durch die Tür ins Haus und schaute Laras Vater durchdringend an.

      “Oh, ja, das ist Leon. Er war irgendwie in die Sache verwickelt”, sagte Lara. Gott starrte weiter auf Herrn Bach.

      “Noch ein Mensch, der so sehr leidet”, flüsterte Gott. Herr Bach wechselte zwischen dem Erwidern dieses starren Blickes und dem Suchen nach dem Blick seiner Tochter.

      “Ähm wie bitte?”, fragte er verwirrt.

      Lara warf Gott einen bösen Blick zu. Der schien das zu bemerken und fing sich wieder.

      “Tschuldigung, ich hab nur laut gedacht”, sagte er und biss die Zähne zusammen.

      “Auf jeden Fall werde ich jetzt duschen gehen”, sagte Lara: “Papa, holst du mir frische Klamotten aus meinem Zimmer, bitte?”

      Ihr Vater flitzte los, um der Bitte nachzukommen. Lara stand mit Gott im Flur.

      “Ich lass dich kurz mit meinem Vater alleine. Benimm dich bloß!”, flehte sie. Gott nickte.

      “Ach, ähm, du kannst nicht durch Wände gucken, oder?”, fragte Lara und wurde knallrot.

      “Wenn ich durch Wände gucken könnte, dann wohl auch durch Kleidung”, sagte Gott hämisch und wenn es möglich gewesen wäre, noch röter zu werden, Lara hätte es noch überschritten.

      “Sorg dich nicht. In meinem aktuellen Zustand ist mir das nicht möglich”, meinte Gott.

      “Und wenn du lügst, zeige ich der Welt, dass Gott nicht unsterblich ist”, drohte Lara gefährlich. Das einzige, das angsteinflößender ist als jemand, der Universen vernichten könnte, ist eine wütende Frau. So etwas ähnliches hätte sich Gott wohl gedacht, wenn er schon länger unter Menschen gelebt hätte.

      Zügig kam Laras Vater mit den Klamotten zurück und Lara konnte unter die Dusche hüpfen.

      Während