Der Wunderschönste Zufall. Marcel Schmeyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marcel Schmeyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750235182
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einem nassen Waschlappen wiederkomme, dann wirst du schon wach werden”, drohte ihr Vater nicht zum ersten Mal in Laras Leben ( wahr gemacht hat er die Drohung allerdings noch nie).

      Es wurden letztendlich 22 Minuten bis Lara in der Küche stand und im Schlafanzug gähnte, sich regte streckte und dehnte.

      “Ist gestern ein langer Abend geworden, hab ich Recht?”, fragte ihr Vater neugierig.

      “Du hast ja keine Ahnung. Man, was ich gestern erlebt habe”, fing Lara an und bemerkte, dass sie jetzt erzählen musste, was sie erlebt hatte, und das, obwohl sie immer noch hundemüde war. Der Blick ihres Vaters zeigte seine Neugier schon so deutlich wie möglich.

      “Okay, aber gönn mir bitte vorher einen Kaffee”, forderte Lara gähnend. Und während sie trank, platzte nicht nur ihr Vater fast vor Spannung, auch Lara brannte es immer mehr unter den Nägeln, die Geschichte zu erzählen. So waren noch einige Schlücke in ihrem Becher, da fing sie schon an zu erzählen.

      “Wahnsinn! Du bist ja eine richtige Heldin”, sagte ihr Vater und sein Stolz formte seine Lippen zu einem ehrlichen Lächeln.

      “Ach was”, sagte Lara bescheiden: “ein bisschen zu frieren und nass zu werden, steht doch nicht in Relation zu einem Menschenleben.”

      Sie schaute ihrem Vater nicht in die Augen, sondern blickte hin und her wie bei einem Tennisspiel. Ihr Gesicht wurde so rot wie das eines Engländers, der sich zu lange gesonnt hat.

      “Ich finde, nach allem was dir widerfahren ist, war es nicht selbstverständlich, diesen Mann zu retten. Deswegen bin ich ja so stolz auf dich”, sagte ihr Vater.

      “Die Sache mit Mama hatte nichts mit gestern zu tun”, meinte Lara und die Stimmung drohte, zu ernst zu werden. Ihr Vater merkte das und wollte nicht weiter darauf eingehen. Wieso ein Monster angreifen, das gerade friedlich schläft, dachte er sich.

      “Weißt du, ob etwas davon in der Zeitung stehen wird?”, fragte er.

      “Also, Reporter haben sich noch keine gemeldet”, sagte Lara: “Vielleicht passiert sowas einfach zu häufig.”

      “Dass jemand betrunken ins Wasser fällt, fast ertrinkt und von einem Teenager gerettet wird? Vielleicht in New York oder London, aber hier doch nicht”, fand ihr Vater. Er schenkte sich auch noch einen Kaffee ein, obwohl er am Vormittag schon drei getrunken hatte.

      “Ja man, ich verlange auch mindestens eine zweistündige Sondersendung bei CNN und die Titelseite in jeder bedeutenden Zeitung, ist ja wohl klar”, scherzte Lara, wusste aber, dass sie darauf gefasst sein musste, dass tatsächlich jemand von der Zeitung bei ihr klingelte.

      “Ach übrigens”, sagte sie: “Dieser andere Kerl, der da war, dieser Leon, mit dem treffe ich mich morgen nochmal.”

      “Ach echt?”, fragte ihr Vater mit einem zwielichtigen Unterton.

      “Man, nur auf freundschaftlicher Basis. Um über gestern zu reden”, stellte Lara augenblicklich richtig.

      “Und er sieht das genauso?”, fragte ihr Vater skeptisch.

      “Natürlich”, meinte Lara: “Es soll auch Männer geben, die nicht nur das Eine wollen.”

      Wieder so ein zwielichtiger Blick ihres Vaters.

      “Das hoffe ich zumindest”, fügte Lara noch leise hinzu.

      “Ich hab's dir ja gesagt”, sagte Anna, nachdem Lara auch ihr die Geschichte erzählt hatte: “Wärst du mal nicht alleine nach Hause gelaufen. Aber auf mich kluges Mädchen hört ja keiner.”

      Ihr Blick unterstrich ihre rechthaberische Aussage noch. Die zwei Freundinnen saßen nebeneinander auf der Lehne einer Parkbank und beobachteten die Enten im Teich vor sich.

      “Und inwiefern wäre das nicht passiert, wenn du mich begleitet hättest?”, wollte Lara wissen.

      “Ja also…”, fing Anna an und musste erstmal überlegen: “Man weiß ja nie.”

      “Siehste”, sagte Lara. Dieses Mal hatte sie einen rechthaberischen Unterton.

      “Und dieser Junge”, sagte Anna mit einem verschmitzten Blick, der Lara nichts gutes befürchten ließ: “War der süß?”

      Hätte sie ihn doch bloß aus der Geschichte geschnitten, dachte sich Lara. Sie hatte Anna noch nicht einmal von der Verabredung mit ihm erzählt und ihre Motivation dazu sank noch weiter gen Null.

      “Du meinst Leon? Naja, er sah okay aus”, erklärte Lara.

      “Wie enttäuschend”, seufzte Anna: “Das wäre der perfekte Beginn einer großen Liebesgeschichte geworden.”

      “Du guckst zu viele Schnulzenfilme. Ehrlich mal”, meinte Lara trocken. Zwei Enten verließen den Teich und flogen über die Köpfe der Mädchen, wobei Lara Angst bekam, sie könnten sich genau über ihr erleichtern.

      “Ich bin einfach romantisch veranlagt. Ist das schlimm?”, verteidigte sich Anna: “Also ich will meinen Kindern zumindest später nicht erzählen, dass ich ihren Vater auf Tinder kennengelernt habe. Ich brauche eine interessante Geschichte, so wie die von dir und...wie sagtest du hieß der?”

      “Leon”, sagte Lara und warf einen Stein in den Teich: “Und du weißt doch, dass ich gerade keine Lust auf eine Beziehung oder dergleichen habe.”

      “Das sagtest du, aber Liebe wartet nun mal nicht bis man sie bestellt. Sie stürmt einfach in dein Leben und stellt deine schönen Pläne auf den Kopf”, meinte Anna und fühlte sich plötzlich so weise wie noch nie.

      “Ich kann Leon ja morgen von dir erzählen”, fing Lara an, verstummte plötzlich und hoffte Anna hätte sie überhört.

      “Wie ‘morgen’?”, bohrte Anna auf der Stelle nach: “Hast du etwa doch ein Date mit ihm klar gemacht?”

      Anna kicherte wie eine Grundschülerin und grinste als wäre sie gerade selbst nach einem Date gefragt worden. Sogar ihre Augen strahlten und funkelten wie der Nachthimmel.

      “Man, krieg dich wieder ein”, sagte Lara und seufzte: “Es ist kein Date, okay?! Nur ein Treffen, um über gestern zu reden.”

      “Ach menno, du bist langweilig”, fand Anna, die ihrer besten Freundin natürlich eine glückliche Liebe gegönnt hätte.

      “Zumindest hast du als Single mehr Zeit für mich”

      “Siehste, hat doch alles seine Vorteile”, sagte Lara lächelnd und langsam tat ihr Hintern von der harten Lehne weh.

      “Aber wenn sich doch mehr daraus entwickelt, musst du ihn mir natürlich vorstellen und dann muss er den berüchtigten Anna-Test durchstehen”, drohte Anna und grinste frech.

      “Alleine deswegen werde ich mich hüten, mich in ihn zu verlieben oder dergleichen”, meinte Lara, nicht weniger frech.

      Anna schwieg, aber ihr Blick sagte ‘Wir werden ja sehen’ ohnehin deutlicher als es Worte gekonnt hätten. Lara stand auf, da es ihr auf Dauer doch zu ungemütlich wurde, und trat einen Schritt näher an den Teich. Anna tat es ihr gleich.

      “Und wo trefft ihr euch?”, fragte Anna und gab sich Mühe, es beiläufig und nicht neugierig klingen zu lassen.

      “Oh, also wenn ich dir das verrate, sitzt womöglich morgen jemand mit einem aufgeklebten Schnurrbart und einer Cappy tief ins Gesicht gezogen hinter uns”, sagte Lara.

      “Jetzt bist du es aber, die zu viele Filme geguckt hat”, warf Anna ein und beide mussten etwas lachen.

      “Wichtig ist nur, dass ihr euch in der Öffentlichkeit trefft. Falls er doch ein kranker Mörder ist. Man weiß ja nie heutzutage”, meinte Anna.

      “Man, wenn ein Mädchen sich mit einem fremden Typen trifft, gibt es für dich auch nur zwei Möglichkeiten wie es endet: mit Hochzeit und Kindern oder in Einzelteilen in einer Kühltruhe”, sagte Lara. Sie wusste, dass Anna etwas paranoid sein konnte, aber das war okay. Ehrlich gesagt