In meiner Jugendzeit war intellektueller Anspruch nicht verpönt, und so konnte ich mich mit dessen Hilfe meiner zwischenmenschlichen Problematik annehmen. Ich hatte literarisches Talent, ein Vermögen Stimmungen einzufangen, in Worte und Melodien zu kleiden.
Mein Streben galt der Eindeutigkeit. Zwar schöpfte ich meine Ideen aus der Umwelt, aber mich in die Lage eines anderen zu versetzen blieb mir versagt. Ob das, was ich sagte, je in die Seele eines Anderen drang, und zwar so wie ich es meinte, nicht als Schmerz, vermag ich nicht zu beantworten.
Die Suche nach Liebe ist ein Prozess, der ein Leben lang dauert. Idealerweise begegnet einem Gutes wie ein Licht am Ende des Tunnels, eines Tunnels der Einsamkeit und Alleinseins (Hermann Hesse).
In meinem Leben gab es nur eine Periode, wo ich in den besagten Tunnel mit einer Halogentaschenlampe unterwegs war. Ich fühlte mich wiedererstarkt nach einer Periode der Depression. Ich hatte den Zweifel an meinen geistigen Fähigkeiten überwunden und wollte des Lebens Fülle anteilig werden.
Vor mir selbst empfand ich keine Scham, eher Stolz auf meine strotzende Kraft, meine Verse und Liebeslieder repetierte ich allabendlich in meiner Studentenbude, mir zum Trost und zur Bestärkung. Die Worte berauschten mich, waren sie doch eindringlich genug, aber ihr Adressat war nur der Intellekt. Sie rüsteten mich für den alltäglichen Kampf in einer Realität, für deren größten Teil ich blind war.
Selbstvertrauen ist eine Schaukel, aus der man auch herausfallen kann, wenn man übermütig wird. Nichts übereilen, ruhig Zeit lassen, zum Genießen, Spannungen auskosten, auch Abschalten können, Mut zeigen. Ja. Ja zum Leben, zum Mensch sein, ja zu den Problemen, Schwächen, Stärken, Freuden, Launen. Ja zu den Zweifeln, aber zweimal ja zur Hoffnung.
Und ich hatte Freunde, Freunde die meine Spontaneität und grundtiefe Ehrlichkeit (oder war es Dummheit) zu akzeptieren wussten, die Anteil nehmen konnten an einer Lebensfreude, die eine kräftige rosa Brille war.Meine Eltern liebten mich wie eh und je, und ich wusste noch nicht, was es heißt Sorgen zu haben.
1.6.1977
Zeitungsnotiz, die ich heute gelesen habe, sinngemäß ging es darum, dass man mit bzw. gegen sich kämpfen soll. Es hat mich angesprochen, es hat mir eingeleuchtet, dass ich nicht länger ein „Waschlappendasein“ fristen darf, dass ich an mir selbst aktiv arbeiten sollte. Nicht auf irgendwelche Wunder warten darf, die mir Energie einflössen werden, sondern selber Schritt für Schritt weiterkommen muss, und zwar aus meinem Antrieb. Ich will mein Ich selber gestalten, es soll von meinem Es unabhängiger werden. Die Erlangung eines zusätzlichen Freiheitsgrades, nicht Pflicht, nicht Gewohnheit sollen mein oberstes Gebot sein, sondern meine freie Entscheidung.
9.07.1977
Vater, stärke mich in dieser Zeit, mache mich nicht hart, öffne mich für das Gute. Ich möchte ein Gefühl Vater, von Reinheit, ein Gefühl, dass ich mit mir selbst einig bin.
Herr, ich bin Dir so dankbar,
Dass es mir gut geht
Und dass ich bei Verstand bin.
Ich bete zu Dir, lass mich so gesund
Und Geistesgegenwärtig bleiben
Bis an mein Lebensende.
Carpe Diem
Meines Daseins Wirklichkeit schaffend
Fasse ich Mut zu leben
Und erfreue ich mich an der Sonne,
An meinem Wandeln, in ihrem Licht.
Meiner Schattenseiten Bedrohlichkeit überwindend,
Verlasse ich die Schrecken Gespenster
Und nehme mein Kerbholz
Um es in der Sonne zu halten.
Und wenn mich einer fragt:
„Wohin gehst du denn?“
Antworte ich: „Ich gehe Sinn und Frieden zu finden.“
Der Glaube hat seinen Zauber
Der Glaube hat seinen Zauber
Der Zauber umfängt mein Herz
Ich fühl mich so frei und sauber
Gesäubert von Leid und Schmerz
Woher der Mensch sein Glauben hat
erübrigt sich zu fragen
Es stillt meinen Hunger und mach mich satt
Nur das kann ich hierzu sagen
Ob Gott der Menschen Erfindung ist
Die Antwort kenn ich nicht,
Doch damit der Zweifel mich nicht frisst
Glaub ich an Gottes Licht.
Ich bin ein schwacher Mensch, ich weiß
Doch Schwäche ist meine Stärke
Diese Wörter sing ich leis
Und vertraue auf Gottes Werte.
29.08 77
Ich suche Zufriedenheit in der Selbst-Findung, in diesem Prozess des Schreibens, wo sich meine Seele sozusagen über das Papier ergießt.
Wer wird das jemals verstehen, wem werde ich diese Notiz zeigen können?
Doch dann wird mir klar: Gedichte sind eine Art Spiegel. Wenn man sein Spiegelbild betrachtet, kann man der Meinung sein man sehe sich selber, man kann sich empfinden oder nicht. Das ist vielleicht eine Frage der Resonanz, hängt ab von der Qualität der Wellen die, Resonanz erzeugen sollen. Gedichte sind das Innerste nach außen gekehrt. Das Äußere reflektiert - Einfang von Stimmungen.
Wie tun harte Äußerungen ihre Wirkung? Sie induzieren ein Restwiederstand, sie wühlen auf und organisieren.
Gefühle, wie Ringe im Wasser, nachdem man ein Stein hineingeworfen hat. Die Gefühle sind wie ein nachwachsender Zehennagel, fein und zerbrechlich neu, mit einer Erinnerung an das Jenseits, dem sie entstammen. Meine Gefühle sind wie Eidechsen. Deren Entfaltung mir wichtiger ist, als eine leere Worthülle, als ein Eidechsenschwanz, der auf der Flucht vor den Zugriff zurückgelassen wird.
Ich lerne immer neue Aspekte, neue Anwendungsmöglichkeiten kennen. Aspekt heißt ja so viel wie Blickwinkel. Ich möchte mich an Aspekten bereichern um die Welt und mich besser und vollständiger kennen zu lernen.
Ich glaube, jetzt brauche ich nicht einmal einen Anstoß von außen, in gewisser Hinsicht genüge ich mir schon selber, indem ich mein Krank-sein als eine Aufgabe sehe, die ich meistern muss, und der gegenüber ich mich behaupten werde. Ich habe auch gelernt kollegial zu sein und mich mit Gott auseinanderzusetzen. Es lohnt sich auch um der Ästhetik willen an Gott zu glauben und das gibt am Ende auch viel mehr als Ästhetik, sondern auch ein Gefühl des Haltes, und das habe ich nötig.
Mein besseres Ich
Es gibt Augenblicke,
In denen ich an mein besseres Ich glaube;
Wo nicht der Hass vorherrscht, die Unzufriedenheit,
Und wo ich spüre, dass meine Resignation
Nicht endgültig ist, nicht endgültig sein darf -
Denn ich habe noch was vor.
Es gibt Augenblicke,
Da glaube ich,
Dass für mich auf dieser Welt noch Platz ist:
Platz, den ich mit meinem So-Sein
Ausfüllen kann
Ohne angefochten zu werden,
Ohne anfechten zu müssen.
Es sind im Grunde Augenblicke