Das kleine Paradies. Ida Uhlich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Uhlich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737584524
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helfen.«

      »Okay, ich versuche es.«

      Kevin stieß erleichtert die Luft aus und nickte Jack dankend zu. Sie hatten bereits die Tür erreicht und erst jetzt sah Julia, wie groß dieses Haus war. Sie hatte ein kleines Schloss oder eine kleine Burg erwartet; halt etwas, was typisch für Schottland ist. Dies jedoch war ein riesiges und modernes Haus. Zwei Stockwerke hoch und mit einem flachen Dach. Auffallend war die Eingangstür, die wie ein altes hölzernes Tor aussah, verziert mit Schnitzereien. Sie passte genauso wenig zum Haus, wie das Haus nach Schottland. Es passte aber zu Jack. Sie liefen die kleine Steintreppe hoch und als Jack die riesige Eingangstür öffnete, sagte er höflich: »Willkommen in meinem bescheidenen Haus, Julia.«

      Kevin umfasste ihre Taille und schob sie sanft durch die Tür. Sie zögerte beim Eintreten

      »Hey, ist alles in Ordnung?«, flüsterte er.

      Sie lächelte ihn verlegen an und nickte.

      »Ja, ich bin nur ein wenig überwältigt«, flüsterte sie zurück.

      Dass es an seiner Berührung lag und nicht an dem Haus, verschwieg sie. Sie kam sich albern dabei vor. Wie ist das nur möglich, dachte sie. Wie konnte ein Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte, so auf sie wirken? Ihr schossen so viele Fragen gleichzeitig durch den Kopf. Doch die einzige, die ihr im Moment am wichtigsten schien, war die, ob dieser Job es wert war. Ob es wert war, sein Herz zu verlieren, das einem nach einer Woche wieder zurückgegeben wird.

      Sie liefen durch einen großen, endlos langen Flur. Links gingen drei Räume und rechts fünf Räume ab. In einige konnte man hineinblicken. Ein großes Büro, ein riesiges Wohnzimmer, eine Küche, ein Computerzimmer, ein Esszimmer. Bewundernd blickte Julia in die Räume. Die Einrichtung war farblich aufeinander abgestimmt, sehr modern und sehr teuer. Davon war sie überzeugt. Am Ende des Flures ging rechts eine Treppe hinunter. Links kamen sie in einen großen Raum, der mit Licht geradezu durchflutet wurde. Sie blickte sich um. Das Zimmer war sehr hoch, ein Atelier. Es ging direkt hoch bis zum Dach, ohne Zwischendecke, und hatte über der Eingangstür eine integrierte Veranda. Man gelangte von der obersten Etage zu ihr und hatte so einen genauen Blick über das Geschehen im unten Bereich. Ihr geschultes Auge erkannte sofort den Wert der Fotoausrüstung und der dazugehörigen technischen Gegenstände. Dies war also das Arbeitszimmer, dachte sie. Es war mit Hightech ausgestattet, das jedes Fotografenherz höher schlagen ließ. Sie bekam rote Wangen. Aufgeregt streckte sie die Hand zu einer Kamera aus, die auf einem Stativ stand.

      »Darf ich?«

      Die Begeisterung in ihren Augen gefiel Jack.

      »Aber natürlich. Schau dich ruhig um. Ich muss nur kurz mit Kevin reden. Wir sind gleich wieder bei dir.«

      Sie lief im Raum umher und hörte ihn schon gar nicht mehr. Sie kam sich wie ein Kind vor, dass im Spielzeugladen eingeschlossen war. Jack schob Kevin ungeduldig ins gegenüberliegende Büro. Kaum hatte er die Tür geschlossen, ging das Verhör los.

      »Erzähl schon! Warum bist du nicht gleich hierher gefahren? Warum hast du sie auf deine Klippe geführt und dann zu Adam? Das ist sehr ungewöhnlich, also was ist los mit dir?«

      Es störte Kevin auf einmal, dass er von ihr erzählen sollte. Er wollte nicht, dass Jack alles über sie erfuhr. Und auf gar keinen Fall sollte er bemerken, dass er auf den besten Weg war, sich in sie zu verlieben. Also versuchte er davon abzulenken.

      »Ist das so schwer zu erraten? Du selbst hast gesagt, sie sei eine gute Fotografin. Also dachte ich, dass sie die Schönheit meiner Klippe erkennt. Hat sie ja auch.«

      Er wollte so belanglos wie möglich klingen. Es fiel ihm schwer, da er sofort wieder an die schönen Momente denken musste: Sein Herz fing an zu flattern. Einen Oskar hätte er für diese Vorstellung nicht gewonnen.

      »Hör auf Kevin. Erzähl mir doch nichts. Du müsstest mal deinen Blick sehen.«

      »Jack, es ist so, wie ich es gerade erzählt habe.«

      »Ach ja? Und was sollte das vorhin da draußen? Dein flehender Blick? Du wolltest doch unbedingt, dass sie bleibt.«

      Jack lief langsam um den Schreibtisch herum und setzte sich. Kevin stand noch immer an der Tür.

      »Ja, weil ich denke, sie ist eine Bereicherung für dich. Sie ist wirklich gut als Fotografin. Ich hab´s gesehen.«

      »Okay... dann kann ich sie ja nach Hause schicken und sie nächste Woche wieder anreisen lassen. Dann sehe ich echt keinen Grund, warum sie hier bleiben sollte.«

      Diese Richtung gefiel Kevin gar nicht. Also gab er nach und sagte ironisch: »Du bist ein wahrer Freund.«

      Jack grinste über das ganze Gesicht. Er bekam immer was er wollte.

      »Was willst du wissen?«, fragte Kevin und zog eine Grimasse.

      »Dafür, dass du sie am Anfang nicht abholen wolltest, hat die Fahrt ganz schön lange gedauert. Warum?«

      Auch Kevin setzte sich jetzt. Er wühlte sich mit seinen Händen durchs Haar.

      »Keine Ahnung! Es hat sich alles irgendwie so ergeben. Wir unterhielten uns und sie... na ja... sie ist so... Herrgott Jack, ich kann es nicht erklären.«

      »Hey, bleib ruhig.«

      Jack stand auf und lief um den Schreibtisch herum. Er blieb davor stehen und lehnte sich dagegen.

      Kevin erzählte weiter: »Sie ist so natürlich, verstehst du? Mit ihr fällt mir alles leichter. Sie ist sehr ehrlich. Für sie bin ich Kevin der Mensch und nicht Kevin Brown der Schauspieler.«

      Jack stieß zischend die Luft aus.

      »Oh je, es ist ja ernster als ich dachte?«

      Kevin sprang auf.

      »Jack, ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Du lässt sie in Ruhe, verstanden! Ich möchte nicht, dass du dazwischen funkst. Ich brauche keine Hilfe von dir. Sie ist deine Angestellte, mehr ist sie für dich nicht. Also behandle sie auch so. Selbst wenn sie sich auch für mich interessieren sollte, ist das allein unsere Sache. Du mischst dich diesmal nicht ein, verstanden!«

      Jack hob die Hände zur Versöhnung.

      »Hör mal, rege dich bitte nicht so auf. Ich bin dein Freund und wollte doch immer nur helfen.«

      »Oh ja, daran kann ich mich gut erinnern. Deine Hilfe sah immer so aus, dass du mir die Frauen auf einem silbernen Tablett serviert hast. Sie waren bereits in mich verliebt, bevor ich sie kannte. Das ist immer sehr frustrierend für mich gewesen. Diese Frauen haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, mich kennenzulernen. Wie romantisch!«

      »Du bist ungerecht«, sagte Jack zu seiner Verteidigung. »Was kann ich dafür, dass du so begehrt bist? Ich habe nie verstanden, warum du so zurückhaltend bist. Mensch Kevin, wenn ich du wäre, vorausgesetzt ich wäre nicht verheiratet, hätte ich jede Woche eine andere.«

      Er grinste verträumt.

      »Genau das ist der Punkt. Ich bin nicht wie du! Also versuche nicht mir deine Träume aufzudrücken. Dazu gehört auch, dass du dich aus meinem Liebesleben heraushältst.«

      »Jaaaa. Ich habe verstanden!«

      Beide verließen das Zimmer. Im Flur fragte Jack: »Musst du nicht wieder in die Staaten?«

      »Eigentlich ja. Ich werde aber gleich telefonieren und das Ganze verschieben.«

      »Wie, das geht so einfach? Ich denke, du musst zum Set? Die werden doch wegen dir die Dreharbeiten nicht verschieben?«

      Kevin verdrehte die Augen. »Du wirst sehen... sie werden!«

      Er ließ den verblüfften Jack stehen. Während er zum Smartphone griff, lief er in Richtung Ausgang, damit er ungestört reden konnte. Er wollte es sofort klären, damit er mit seinen Gedanken ganz bei ihr sein konnte.

      Jack ging wieder zurück ins Atelier. Julia schaute sich gerade einige Bilder an, die auf dem Boden verstreut herum lagen.

      »Gefallen