Das kleine Paradies. Ida Uhlich. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ida Uhlich
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783737584524
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rief sie verlegen und klemmte eine Strähne hinters Ohr zurück.

      Grinsend sagte er: »Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.«

      »Oh, dazu gehört leider nicht viel«, kicherte sie.

      »Und... was sagst du nun zu den Bildern?«

      Sie schaute sich noch einmal kurz die Bilder an.

      »Hmm, ich finde sie alle schlecht.«

      Jack schluckte und starrte sie an.

      »Ehrlich?«

      »Total ehrlich!«

      »Warum findest du sie schlecht?«, fragte er skeptisch und runzelte dabei die Stirn.

      »Es wurde die falsche Linse genommen und das Licht kam von der falschen Seite. Selbst die Models sind nicht gut geschminkt worden. Die Farben passen einfach nicht zum Thema und nicht zum Licht.«

      Sie legte den Kopf schief und stemmte die Hände wütend in die Hüfte: »Was soll das hier? Ist das ein Test? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du diese Fotos verwenden würdest.«

      Über ihre Reaktion war er sehr erfreut. Diesen Test machte er immer mit den ‚Anfängern‘, jedoch war sie die erste, die erkannte, bzw. die sich traute zu sagen, dass die Bilder miserabel waren.

      »Respekt Julia! Keiner hat bis heute das erkannt, oder sich getraut es so auszudrücken. Wieder einmal bestätigt sich meine Entscheidung, dich eingeladen zu haben.«

      Grinsend ging er an der verblüfften Julia vorbei.

      »Komm bitte mit!«

      Missmutig folgte sie ihm. Was kommt jetzt, fragte sie sich. Ein Idiotentest?

      Er ging durch den langen Flur bis zur ersten Tür, die noch verschlossen war. Bevor sie hineingingen, kam Kevin gerade durch die Eingangstür. Er sah Julias grimmigen Gesichtsausdruck und fragte besorgt: »Hey, was ist passiert?«

      Jack bekam von Kevin einen wütenden Blick zugeworfen, der anstelle von Julia antwortete: »Nichts! Kevin, du hattest Recht. Sie ist wirklich verdammt ehrlich.«

      Schmunzelnd und höchst zufrieden öffnete er die Tür und forderte, mit einer höflichen Geste, Julia auf ihm zu folgen.

      Kevin flüsterte: »Julia? Ist wirklich alles in Ordnung?«

      Sie nickte und flüsterte zurück: »Ja.«

      Sie betraten ein großes Zimmer, dass ausschließlich in schwarz und weiß gehalten war. Die Wände waren weiß und der Fußboden war aus schwarzem Marmor. An den Wänden waren nur offene schwarze Regale, die mit vielen Büchern, moderne Skulpturen und alten Fotoapparate vollgestellt waren. In der Mitte stand ein riesiges weißes Sofa. Rechts und links jeweils passende Sessel. Vor dem Sofa standen mehrere kleine viereckige Würfel, die aus schwarzem Ebenholz waren und als Tisch dienten. Sie standen auf einem riesigen, weißen flauschigen Teppich. Die linke Seite des Raumes war mit einem gigantischen Fenster ausgestattet. Auch hier wurde der Raum von Licht durchflutet. Gegenüber der Tür stand eine High-Tech-Anlage, die größer war als sie selber. Etwas Edleres hatte sie bisher noch nicht gesehen. Vielleicht in Zeitschriften oder im Fernsehen, jedoch hatte sie noch nie leibhaftig in einem derartigen Zimmer gestanden.

      Jack ging zur Anlage und legte eine CD ein. Julia fragte sich, was jetzt wohl kommen würde?

      »Julia, setz dich doch«, bat er freundlich.

      Sie nahm in einem der großen Sessel platz und wartete. Kevin blieb stehen und beobachtete sie von der Seite. Sie zeigte keine Nervosität, was er erstaunlich fand. Sie benahm sich kein bisschen wie die Julia, die er kannte.

      Selbstbewusst fragte sie: »Habe ich nun den Test bestanden, oder bist du schockiert über meine Aussage?«

      Er lächelte.

      »Nein, ich bin nicht schockiert. Im Gegenteil. Es freut mich sehr, dass du die gleiche Sichtweise hast wie ich. Weißt du, das ist auch der Grund, warum ich manchmal Fotografen von außerhalb dazu nehme. Ich möchte meinem Team immer eine Herausforderung geben. Sie sollen sich weiter entwickeln. Verstehe mich nicht falsch. Mein Team ist sehr gut. Jedoch fördert ein wenig Konkurrenz die Denk- und Arbeitsweise.«

      »Also soll ich hier nicht mein Können unter Beweis stellen, sondern dein Team in den Arsch treten?«

      Kevin kicherte. Julias berufliche Seite war ebenfalls sehr amüsant für ihn. Jack dagegen verschluckte sich fast.

      »Nein, du bist hier, weil ich dein Können sehen möchte. Und die anderen sollen es auch sehen. Unbedingt.«

      »Aber warum soll ich jetzt hierbleiben? Soll ich nur zuschauen und nicht arbeiten?«

      »Genau. Bleibe einfach im Hintergrund und studiere das Team. Es wird dir von Nutzen sein, wenn du nächste Woche mit ihnen arbeiten musst.«

      Sie überlegte kurz.

      »Okay. Aber ich stelle Bedingungen.«

      »Hmm, das ist zwar sehr ungewöhnlich, aber gut. Welche?«

      »Ich werde in nichts eingeschränkt, wenn ich arbeite.«

      »Okay!«

      »Ich werde über niemanden aus deinem Team eine Meinung abgeben müssen.«

      Er überlegte kurz und sagte dann: »Okay! War´s das?«

      »Nein. Du wirst nie in meinem Beisein ein Teammitglied zur Schnecke machen.«

      »Hatte ich auch nicht vor.«

      Er war über ihre Bedingung überrascht, ließ es sich aber nicht anmerken.

      »Hast du noch Fragen, Julia?«

      »Ja, wann soll es losgehen?«

      »Morgen um 10:00!«

      »Okay, ich werde pünktlich sein.«

      »Das will ich hoffen, denn du brauchst nur die Treppe runter gehen.«

      Er grinste sie breit an.

      »Oh, das tut mir leid, aber ich werde nicht hier übernachten.«

      Synchron fragten Kevin und Jack: »Wo dann?«

      »In Aberdeen. In der Nähe von Aberdeen, glaube ich.«

      Jack stand auf und sagte freundlich: »Aber warum hast du eine andere Unterkunft? Das Haus ist groß genug für uns alle. Es steht hier ein Zimmer für dich zur Verfügung.«

      »Das ist sehr nett von dir, Danke. Leider hat man mir das nicht mitgeteilt und folglich habe ich mich um eine Unterkunft gekümmert. Ich möchte die Gastfreundschaft von Lord McDerby nicht abschlagen.«

      Jack fragte skeptisch: »Lord McDerby?«

      »Ja. Er ist ein guter Freund der Familie meiner Freundin. Kennst du ihn?«

      »Also den alten Lord kenne ich. Aber soviel ich weiß, ist er gerade in den Staaten.«

      »Das kann aber nicht sein? Er erwartet mich.«

      Er schüttelte mit dem Kopf und fasste sich an die Stirn: »Vielleicht ist es ja auch nur eine Verwechslung. Aber ich glaube, dass zurzeit nur sein Sohn hier in Schottland ist.«

      Sie schaute unsicher von einem zum anderen. Der Hund hatte die ganze Zeit still vor ihren Füssen gelegen und spürte jetzt die Aufregung. Er hob den Kopf und stupste sie leicht an. Automatisch streichelte sie ihn.

      Aufgeregt sagte sie: »Ich werde meine Freundin anrufen. Vielleicht habe ich ja auch nur den falschen Namen aufgeschrieben.«

      Sie stand auf. Max folgte ihr. Sie verließ das Zimmer und schloss die Tür. Sie wählte die vertraute 1 und musste auch diesmal nicht lange warten.

       »Hey Kleines, alles in Ordnung? Erzähl schon.«

      Ohne Umschweife stellte sie die Frage.

      »Hieß der Freund von Tom Lord McDerby?«