Die Zuschauer oben an Deck hatten ihren Spaß und machten derbe Späße auf Duncans Kosten. Sie hatten es vorgezogen, ihre Pferde lieber gleich zu verkaufen und hatten jetzt gut lachen.
„Zieht den Gaul doch einfach eins über, dann wird er schon laufen“, kam die wohlmeinende Anregung von einem der Burschen.
Duncan knurrte nur und überhörte den freundlichen Rat einfach. Er gehörte nicht zu der Sorte Männer, die auf Wehrlose einprügelten, egal ob Mensch oder Tier. Beruhigend sprach er auf sein Pferd ein und ließ ihm Zeit, sich an die fremde Umgebung zu gewöhnen. Er wartete die nächste Welle ab und versuchte es dann erneut. Diesmal ging Robert mit seinem erfahrenden Braunen als gutes Beispiel langsam voran und Duncan gelang es jetzt, sein zögerndes Tier hinterher zu bringen. Erleichtert atmete er auf und klopfte dem Rappen den Hals sobald sie das Deck erreichten. Das war ja noch recht gut gegangen. Vor den Augen der grinsenden Männer konnte er gut auf weitere Versuche verzichten.
Höflich nickten die Ritter einen Gruß zu ihren Mitreisenden hinüber und folgten einem Matrosen, der ihnen zeigte, wo sie die Pferde an einer windgeschützten Stelle zwischen den Warenballen anbinden konnten. Sie nahmen den Tieren die Sättel ab und traten dann ebenfalls an die Reling und beobachteten die letzten Vorbereitungen zum Ablegen. Vom Heckaufbau winkte der Kapitän kurz grüßend zu ihnen hinunter, während sich an der Mole schon einige Seeleute abmühten, die dicken Haltetaue zu lösen. Sie ließen die Taue ins Wasser fallen, die schnell von anderen Männern an Deck gezogen wurden, und rannten über die Planke an Bord, bevor das Schiff zu weit von der Mauer abdriften konnte. Bis sie die Bretter hinter sich eingezogen und die Öffnung in der Reling geschlossen hatten, war das träge Schiff durch die Flutbewegung schon ein Stück abgetrieben und kam dann, durch ein schmales Segel angetrieben, langsam in Bewegung.
Gefolgt von Möwen, die kreischend um die Masten schwebten, schob sich der plumpe Frachtsegler behäbig hinaus in die Bucht. Einzig darauf ausgelegt möglichst viel Ware zu transportieren, reagierte das schwere Schiff träge auf das Ruder und war in keiner Weise mit der schnellen und wendigen Seasnake des Königs zu vergleichen, die sie gerade in einigem Abstand passierten.
Der König besaß nur dieses eine schlanke, elegante Schiff, da er eine schnelle Verbindung zwischen England und Frankreich benötigte. Eine Flotte für Kriegsfälle gab es nicht. Bei Bedarf, wie bei der Eroberung von Irland, hatte Henry Frachtkähne anmieten lassen, die sowohl Soldaten als auch Pferde und Ausrüstung über den Kanal zum Einsatzort transportiert hatten.
Erst außerhalb der Bucht ließ Kapitän Brannock volle Segel setzen. Das Schiff neigte sich leicht zur Seite und kam mit schäumender Bugwelle in Fahrt. Langsam blieb die französische Küste hinter ihnen im Dunst zurück. Hier draußen war der Seegang etwas stärker als im Windschatten der Landzunge und der Segler rollte in den Wellen. Trotz des sonnigen Tages war es ziemlich kalt an Deck und die beiden Ritter zogen sich von der Reling zurück und setzten sich in den Windschatten zu ihren Pferden.
Die fünf schlampig gekleideten Männer ließen sich ganz in ihrer Nähe im Schutz einiger Fässer nieder und unterhielten sich lärmend. Sie waren schwer bewaffnet mit Streitäxten, Schwertern, Dolchen und Bögen samt Pfeilen. Der Kapitän hatte recht, sie waren sicher Söldner. Das einzige Gepflegte an den Männern waren ihre Waffen, denn damit verdienten sie ihren Lohn. Nach einer Weile wurde das Gespräch leiser. Sie zogen jetzt ziemlich bösartig über den König her, wie die Ritter einzelnen Wortfetzen entnehmen konnten, die zu ihnen herüber wehten.
„Die Burschen sind nicht gerade gut auf Henry zu sprechen“, meinte Duncan leise zu seinem Freund.
Robert zuckte die Achseln. „Da sind sie nicht die Einzigen. Man kann es nun mal nicht jedem recht machen.“
Ein grimmiges Lachen des Wortführers klang herüber. „... nichts ... böses Erwachen ... „ hörten die Ritter und die ganze Gruppe hieb sich grölend auf die Schenkel. Worüber sie auch immer sprachen, sie hatten mächtig Spaß daran. „... guter Sold ... was genau ... und ... mit Longune treffen ... Anweisungen ...“
Robert wurde hellhörig, den Name Longune hatte er doch schon irgendwo gehört. Unwillkürlich sah er zu den Söldnern hinüber und der Wortführer, ein untersetzter, schmieriger Bursche fing seinen Blick auf.
Schlagartig wurde dem Söldner klar: Die beiden Männer dort bei den Pferden hatten zugehört! Und das, wo doch niemand von ihren Absichten erfahren durfte, wie ihnen der Mann, der sie in Frankreich angeworben hatte, sehr deutlich klargemacht hatte. Wie viel hatten die Mitreisenden wohl gehört? Genug, um die richtigen Rückschlüsse zu ziehen? Nun, jetzt war es sowieso zu spät. Grimmig richtete er sich auf und herrschte Robert wütend an.
„Verdammt, was habt Ihr unsere Gespräche zu belauschen?“ Sein Ärger über die Zuhörer war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Verzeiht, es war keine Absicht“, beschwichtigte der Ritter, er wollte keinen Streit mit den Männern. „Aber Euer Gespräch war recht laut, wir konnten die Worte kaum überhören.“
Misstrauisch musterte der Söldner die beiden schlanken Männer. Wer die zwei wohl waren? Vielleicht auch käufliche Krieger, wie er und seine Spießgesellen? Sein Auftraggeber heuerte ständig neue Leute an, das wusste er. Die Waffen der beiden Mitreisenden waren jedenfalls aus bestem Material, wie er mit geschultem Auge sofort erkannte und anhand ihrer geschmeidigen, kraftvollen Bewegungen stufte er sie als geübte Kämpfer ein. Aber für Söldner waren sie zu gut gekleidet, die praktische Reisekleidung war sauber und gepflegt und außerdem aus gutem, teurem Stoff. Teurer, als es sich ein Söldner üblicherweise leisten konnte.
Adelige, dachte er, offensichtlich mit Kampfausbildung, Ritter vielleicht. Dem König ergebene Ritter? Das musste nicht unbedingt sein, denn mittlerweile hatte der König viele Gegner. Schade, sie trugen hier an Bord keine Waffenröcke, die Wappen hätten ihm mehr verraten. Er beschloss, ein wenig auf den Busch zu klopfen.
„Wir mögen es nicht, wenn man uns belauscht! Dabei könnt ihr leicht viel Ärger bekommen. Aber ich will mal nicht so sein. Habt Ihr dringende Geschäfte in England?“
„Wir wollen unsere Familien besuchen“, gab Robert zurück. Das stimmte schließlich auch und mehr brauchte der Mann nicht zu wissen.
„So, Ihr wart wohl lange nicht zu Hause“, gab sich der Mann mitfühlend.
„Ja, der König macht es uns nicht gerade leicht“, fuhr Robert zweideutig fort. Er wollte seinerseits die Gelegenheit nutzen und etwas mehr über die Söldner erfahren. „Wir können uns nur selten und dann auch nur kurz in England aufhalten.“
„Aha, Schwierigkeiten mit den Gesetzen?“ Der Mann grinste verstehend. Auf den Gedanken, dass die raren Besuche auch andere Gründe haben konnten, kam er gar nicht.
Robert ließ ihn in dem Glauben und fragte seinerseits: „Und was ist mit Euch? Ihr seid keine Engländer, also seid Ihr in geschäftlichen Angelegenheiten unterwegs?“
„So ähnlich. Jemand hat uns angeworben, wir sollen ein paar Dinge ins Rollen bringen.“
„Das hört sich ja geheimnisvoll an. Worum geht es denn?“, hakte Duncan nach. Er hatte Roberts Plan durchschaut und wollte ihm helfen, den Söldnerführer zum Reden zu bringen.
Aber der Mann blockte ab. „Das geht Euch nichts an.“
„So verschwiegen? Dann muss es ja etwas Wichtiges sein!“, versuchte Duncan es erneut.
„Ist es auch! Ihr seid mir etwas zu neugierig.“ Argwöhnisch verengte der Söldner die Augen. „Kümmert Euch um Eure Angelegenheiten!“, versetzte er mürrisch und zog sich mit seinen Genossen etwas weiter zurück.
Duncan zuckte nur die Achseln und tat gleichgültig, solange der