Endgame. Alexander Winethorn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Winethorn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742764508
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hatten. »Noch irgendwelche Fragen?«

      Jemand hob die Hand: »Kann es zum Einsatz des Militärs kommen?«

      »Nein. Die Situation ist unter Kontrolle. Mir wurde mitgeteilt, dass der Präsident und die Kanzlerin bereits im Parlament sitzen und an einer Lösung arbeiten. Aber ich will ehrlich mit euch sein. Die Sache gestern Nacht, mit dem Transporter, war alles andere als schön. Leider gab es auf unserer Seite einige Tote, jedoch sind die Umstände nicht so übel, wie es die Medien berichten. Tut, was ich euch sage, und ihr werdet spätestens Morgen wieder zu Hause sein.« Der Hauptmann blickte durch den Raum, und nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »In ungefähr zehn Minuten treffen wir uns im Turnsaal. Dort bekommt ihr eure Uniformen sowie entsprechende Bewaffnung. Danach geht es zu eurem ersten Einsatz.« Als er merkte, dass es keine Fragen mehr gab, sagte er: »Bis auf Weiteres bin ich euer Vorgesetzter, euer Ansprechpartner, euer Kollege, und wenn ihr wollt … auch der Direktor dieser Schule.«

      Lautes Gelächter breitete sich im Raum aus. Der Hauptmann entließ sie zur Pause und marschierte aus dem Klassenzimmer.

      Während seine Kollegen die Pause dazu nützten, um zu rauchen oder das Ergebnis des letzten Fußballspiels zu diskutieren, suchte Adam nach einem Telefon.

      Er wollte seine Verlobte anrufen und ihr Bescheid geben, dass er in die Stadt versetzt wurde. Adam erhielt seinen Versetzungsbefehl erst heute Mittag, weshalb ihm keine Zeit mehr blieb, um zu packen. Leider hatte er zu spät gemerkt, dass er sein Handy zu Hause vergessen hatte, weswegen er seiner Verlobten über seine Anreise nicht informieren konnte.

      Hinzu kam die Tatsache, dass es sich bei seiner Verlobten um Eva Scheppert handelte. Seitdem Eva zur Kanzlerin gewählt wurde, beschäftige sie sich verständlicherweise intensiv mit der kritischen Lage des Landes. Seit Wochen bemühte sie sich mit aller Kraft, eine Lösung für die Krise zu finden. Darunter litt ihre Beziehung, da sie kaum noch Zeit füreinander hatten. Außerdem lebte Adam auf dem Land, was unweigerlich zu einer Fernbeziehung führte.

      Frustriert musste er feststellen, dass es im gesamten Schulgebäude keine Münztelefone mehr gab. Er wollte sich gerade auf den Weg zum Hauptbüro machen, um dort nach einem Telefon zu fragen, als eine dürre Gestalt auf ihn zukam. Es war der junge Kollege, dem er im Schulhof beschützt hatte.

      »Kann ich helfen?«, fragte der junge Polizeibeamte dezent und etwas schüchtern.

      »Hast du ein Handy? Ich muss jemanden anrufen«, erwiderte Adam.

      »Sicher doch!«, sagte der Junge, zog ein dünnes, etwas ungewöhnlich aussehendes Handy aus seiner Hosentasche und gab es seinem Kollegen.

      Adam nahm das flache Telefon an sich und reichte dem Jungen seine Hand. »Danke! Mein Name ist Adam.«

      »Lukas Kruger«, antwortete der Junge und schüttelte Adams Hand. »Das ist das Mindeste, was ich für dich tun kann, nach deiner Hilfe mit diesem blonden Idioten.«

      Adam nickte verständnisvoll und wählte Evas Nummer. Er hörte es klingeln, aber niemand hob ab. Nach dem dritten Versuch ließ er es bleiben. Etwas nervös rieb er mit seinen Fingern am Verlobungsring. Wahrscheinlich befand sich Eva bereits inmitten einer wichtigen Besprechung und hatte deshalb keine Zeit für ihn. Er dachte daran, ihr eine Nachricht auf der Sprachbox zu hinterlassen, doch er wollte mit ihr lieber persönlich reden. Er gab Lukas das Telefon zurück und betrachtete das seltsame Design des kleinen Gerätes.

      »Ist das ein neues Modell?«, fragte Adam. »So ein Handy habe ich noch nie zuvor gesehen.«

      »Nein, es ist nicht neu. Ich kann dir versichern, dieses Handy wirst du nirgends auf dem Markt finden.« Lukas bemerkte, dass Adam seine Antwort nicht ganz verstand, und fügte hinzu: »Ich will es einmal so ausdrücken – ich bin Bastler, und das Design ist eine Eigenkreation. Ich habe das Handy mit … speziellen Funktionen ausgestattet. Es ist sozusagen ein Unikat.«

      Adam genügte die Erklärung und wollte nicht weiter nachfragen.

      Mit den kurz geschorenen braunen Haaren, der etwas zu großen Nase für das schmale Gesicht und seinen zwei schwarzen Knopfaugen wirkte Lukas mehr wie eine Karikatur als ein Polizeioffizier. Die dicke Hornbrille half auch nicht besonders fürs Äußere.

      »Wen musst du so dringend anrufen?«, fragte Lukas und steckte sein Telefon in die Hosentasche zurück.

      »Meine Verlobte«, antwortete Adam.

      »Verlobte? Gratulation! Wann wird geheiratet?«

      »Wir haben uns noch auf keinen Termin einigen können.« Adam wollte nicht wirklich darüber reden, insbesondere deswegen nicht, da ihn Eva schon seit Wochen mit derselben Frage nervte. »Bist du neu bei der Polizei?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.

      »Ja, ich habe gerade erst die Ausbildung abgeschlossen und da schicken diese Irren mich tatsächlich hierher. Was haben die sich nur dabei gedacht?« Lukas bückte sich leicht nach vorne und senkte seine Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Ich denke nicht, dass es so harmlos war.«

      »Wovon sprichst du?«, erwiderte Adam, der ebenfalls zu flüstern begann.

      »Von dem Polizeitransporter, der in der gestrigen Nacht angegriffen wurde. Es gibt da einige Gerüchte im Internet. Viele glauben, dass der Angriff schon lange vorher von diesem Sirius-Kollektiv geplant wurde und dass die Unruhen in der Stadt Teil einer Regierungsverschwörung sind.«

      Adam erinnerte sich daran, wie sie in den Nachrichten und im Radio über den Transporter sprachen, aber niemand wusste etwas Konkretes. Vielleicht war im Internet mehr über diesen Zwischenfall zu finden. An einer Regierungsverschwörung glaubte er keinesfalls. Was für Vorteile hätte die Regierung von all dem Chaos? Momentan hasste das Volk die Regierung. Er musste wieder an Eva denken. Die Tatsache, dass er sich ohne ihr Wissen in der Stadt aufhielt, nur einige Kilometer von ihr entfernt, machte ihn nervös.

      »Wenn alles so unter Kontrolle ist, wie es uns der Hauptmann gesagt hat«, setzte Lukas fort, »wozu brauchen wir dann so unerfahrene Leute wie mich?«

      Die Worte seines jungen Kollegen bereiteten Adam Sorgen. Genauso wie Lukas, zweifelte auch er daran, dass die Umstände so harmlos waren, wie es der Hauptmann ihnen glauben machen wollte. Natürlich redete Eva mit ihm über ihre Arbeit als Kanzlerin, aber sie wusste ebenfalls nicht, wie ernst die Lage wirklich war. Niemand wusste es.

      Lukas machte ein paar unbeholfene Gesten, die zur Tür zeigten. »Wollen wir an die frische Luft gehen?«

      Adam hatte nichts gegen ein wenig Gesellschaft. Er mochte es nicht, sinnlos herumzustehen und nur Däumchen zu drehen. Da ihnen noch genug Zeit blieb, bevor sie sich im Turnsaal melden mussten, verließen sie das Gebäude durch einen Seitenausgang.

      Die Nachtluft wehte etwas stürmisch, aber irgendwie erfrischend. Sie spazierten zum Sportplatz der Schule.

      »Du kommst von außerhalb?«, fragte Lukas und unterbrach damit ihr Schweigen.

      »Ja, aus einem kleinen Dorf, etwa zwei Stunden entfernt von hier. Irgendwer dachte sich wohl, dass dieses Kaff eine eigene Polizeistation bräuchte.«

      »Ist viel los bei euch?«

      »Nein. Meistens nur Schnellfahrer gestoppt und Langeweile bekämpft. Einmal wurde einem Tierzüchter ein Schwein gestohlen. Aber es stellte sich heraus, dass der Züchter selbst das Schwein geschlachtet hatte. Er war nur zu betrunken, um sich noch daran zu erinnern. Was ist mir dir, Lukas? Woher kommst du?«

      Adam sah zum jungen Kollegen hinüber, der den Sportplatz begutachtete, als wäre er ein völlig fremdes Terrain für ihn.

      »Ach, da gibt es nicht viel zu berichten. Ich komme aus dem Norden. Ich bin ziemlich gut mit dem Computer, weswegen mich die Polizei auch angeheuert hat. Ihnen fehlt es an erfahrenem Personal für die Bekämpfung der Cyberkriminalität. Ich hätte nie gedacht, dass ich bei der Polizei landen würde. Aber wenigstens habe ich eine Arbeit.«

      »Wie alt bist du?«, wollte Adam wissen.

      »Bin gerade erst achtzehn geworden«, antwortete Lukas. »Wegen meiner technischen Kenntnisse musste ich