Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Louis Lautr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742724182
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Gott Gerda bestrafte und ob er uns als Werkzeug benutzt hat, um den Seiler zu bestrafen. Ich hatte das Gefühl, dass Gott uns bei der Bestrafung nicht geholfen hat. Den Plan und die Durchführung verdankten wir Esther. Ich würde Esther fragen, weil meine Mutter die Geschichte nicht kannte. Wie alle Dorfbewohner, hatte meine Mutter die Geschichte durch Gäste im Ochsen erfahren und glaubte, der Seiler wäre von einem farbigen Amisoldat verhauen worden und dachte, den hätte Gott zur rechten Zeit geschickt. Meinen Geschwistern erzählte ich beim Mittagessen von Gerda und von unserem Bad im Lasinger Weiher und von unserem Schulausflug. Meine Mutter erzählte von der Elternsprechstunde. Meine Schwester überlegte warum unsere Lehrerin der Klasse die Busfahrt schenken würde. Sie meinte, es wäre eigenartig, normalerweise wären Menschen die Geld hätten und sogar reich oder wohlhabend wären oft geizig. Sie überlegte, warum Frau Kofer zu uns so großzügig wäre. Sie fand es auch eigenartig, dass sie ihrem Kleeblatt Kleidung, oder Schuhe schenkt. Meine Mutter erklärte meiner Schwester, dass es Menschen geben würde, die ohne Hintergedanken großzügig wären. Sie hätte mit Eltern in unserer Klasse gesprochen, die alle begeistert von unserer Lehrerin wären und fragte: „Dörte, warum bist du denn so misstrauisch.“ Meine Schwester überlegte und sagte: „Ich finde Louis Lehrerin auch sehr nett, idealistisch und engagiert, sie setzt sich für ihre Schulkinder sehr ein und warum ich misstrauisch bin, weiß ich nicht. Ich fand die Fotos und die Bilder, die sie in der Schule ausgestellt hat ganz toll. Wahrscheinlich hat sie mein Misstrauen nicht verdient. Ich wundere mich, dass sie sich gerade vier Schüler ausgesucht hat, die besonders nett sind und die sie fördert und ihnen Geschenke macht. Sie lernt mit euch, was macht sie noch mit euch? Du sagst, sie spielt manchmal mit euch, was spielt ihr denn?“ Ich erzählte meiner Schwester: „Sie spielt mit uns ganz normale Spiele, manchmal machen wir auch Gymnastik oder wir spielen, Hänschen piep einmal, wir turnen, wir haben auch schon probiert, wie lange wir auf einem Bein stehen können, oder mit einer Hand an ihren Ringen hängen können, wie viele Klimmzüge wir an den Ringen hinbekommen. Wir haben uns auch schon mit dem Kopf nach unten an ihre Ringe gehängt. Wir haben uns schon mit verbundenen Augen versteckt und gesucht.“ Alles klang für meine Schwester harmlos. Dörte stellte mir die heikle Frage und sagte: „Ihr duscht doch manchmal bei ihr, duscht ihr alleine oder schaut sie euch dabei zu?“ Ich sagte meiner Schwester, dass wir manchmal schon zu zweit geduscht hätten, aber ich wüsste nicht, ob unserer Lehrerin zugesehen hätte.“ Meine Schwester fand anscheinend nichts dabei, dass wir zu zweit oder zu dritt duschen. Sie sagte zu mir: „Achte mal darauf, ob Frau Kofer euch dabei zuschaut und fotografiert. Ich versprach meiner Schwester, darauf zu achten. Ich fragte meine Schwester und meinen Bruder, ob sie mit uns heute Nachmittag auf dem Holzplatz Eisenbahn spielen möchten, beide wollten nicht. Das Wetter war ordentlich, es war bewölkt und nicht zu heiß, als ich um zwei zum Holzplatz und zum Sägewerk rannte, war Hartmut da und Linde kam gerade angerannt. Sie hatte ihre dunkelblaue Bluse und den violetten, karierten Glockenrock an. Katharina hatte unterwegs Angelika getroffen und kam mit ihr zusammen. Katharina hatte glatte, schwarze Haare, die sie zu einem Zopf geflochten hatte, der auf ihrem Rücken baumelte. Sie hatte einen engen, roten, geschlitzten Rock mit einer gelben Bluse an. Sie war nicht richtig hübsch, sah aber interessant aus. Ihre Augen waren fast so schwarz wie ihre Pupillen. Sie sah älter aus und gefiel mir, weil sie fast erwachsen aussah. Ich konnte auch Hartmut verstehen, dem Angelika gefiel. Angelika hatte ein graublaues Kleid, das ein wenig an einen heutigen Jeansrock erinnert und einfach geschnitten war. Ich sagte ihr, sie hätte ein hübsches Kleid an, worauf sie meinte, dass ich schwindeln würde, es gefiel ihr nicht besonders, aber ihre Mama hätte es genäht und sie hätte wenig Kleider. Hartmut freute sich als sie kam und konnte wieder keinen vernünftigen Satz reden. Er lud mit mir gerade die kurzen und halben Baumstämme, die als Sitze dienten auf die Rollwägelchen. Reinhild und Rosa kamen gemeinsam. Rosanna trug ein kurzes, hellblaues Baumwollkleid mit kurzen Ärmeln und einem bunten Blumenmuster. Reinhild hatte ein Dirndl an, es stand ihr sehr gut. Reinhild, Linde und Rosa hatten eine kleine Tasche als Gepäck dabei und sahen aus wie Reisende. Ich begrüßte die Mädchen im Auftrag von Hartmut Poller, dem Chef der deutschen Bundessägewerksbahn und sagte: „Wir freuen uns, weil alle Reisenden hübsch angezogen sind. Wir haben interessante Reisen geplant. Ein Schnellzug fährt von Larenbuch über Kehl und Strasbourg nach Paris. Ein Eilzug fährt von Larenbuch über Stuttgart und Ulm nach München. Einige Personenzüge fahren über Hornfleeg nach Ofterburg.“ Ich hatte mich gerade auf den internationalen Schnellzug nach Paris vorbereitet, als Hartmuts Mutter kam. Sie brachte uns einen Krug mit Apfelsaft und Wurstbrote. Sie entschuldigte sich noch mal bei Angelika und sagte: Angelika, es hat mir sehr leid getan.“ Angelika sagte: „Frau Poller, ich freue mich, dass alles wieder normal ist.“ Ich nahm meine Schiebestange und legte sie an meine rechte Schulter an. Ich rief: „Bitte alles einsteigen, der Schnellzug fährt über Kehl, Straßburg, Verdun, Reims nach Paris.“ Da Hartmut noch zu aufgeregt war und stotterte musste ich auch seinen Zug ausrufen: „Bitte alles einsteigen, auf Gleis zwei fährt der Eilzug über Karlsruhe, Stuttgart, Ulm, Augsburg nach München.“ Die Bahnstationen hatte ich mir zu Hause im Atlas meines Bruders angesehen. Ich fühlte mich wie der Bahnchef. In meinen Schnellzug saßen Reinhild, Rosa und Linde. Bei Hartmut fuhren Katharina und Angelika. Wenn die Rollwägelchen in Schwung waren, rollten sie auf den Schienen, relativ leicht und waren, wie richtige Züge, ziemlich laut. Ich war gerade in Straßburg angekommen, als Alina, Sonja und Harald kamen. Sie sagten: „Wir haben die Rollwägelchen gehört, dürfen wir auch mitspielen.“ Ich verwies sie an Hartmut, dem seine Allmacht sehr gefiel. Er sagte und ich war überrascht, dass er sein Stottern abgelegt hatte, zu Alina: „Du darfsch doch sonsch nit mit Jungs schpiele, wieso denn heut.“ Alina sagte zu ihm: „I darf heut au nit, aber mei Mutter isch it da, on wenn du mi lesch, no kann i mitschpiele.“ Hartmut genoss seine Macht und sagte: „Aber wenn dei Mutter kommt no kriege mir vielleicht Ärger.“ Alina sagte: „Du kriegsch sicher kein Ärger, höchstens wir. Inzwischen war kam ihre kleine Schwester, Irina und rief, sie würde auch gerne mitfahren. Ich wollte weiter fahren und sagte zu Hartmut, er solle sie mitspielen lassen. Alina, Sonja und Irina wollten mit Hartmut fahren, deshalb stieg Katharina in Straßburg in unseren Zug. Beide Züge waren mit vier Mädels voll besetzt, deshalb musste Harald Fahrkarten verkaufen. In meinem Zug saß Linde und Katharina auf der rückwärtsgewandten Seite. Rosa und Reinhild saßen mit dem Rücken zu den beiden und schauten vorwärts. Als wir anfuhren fragte mich Katharina ob man beim Schieben schwer schuften müsse. Linde schaute sie an und sagte: „Du kannsch ja au mal Lockführer schpiele, dann merksch’s.“ Katharina wollte es testen, deshalb setzte ich mich neben Linde. Rosa lehnte ihren Rücken an mich und ihre Haare kitzelten meinen Hals. Katharina konnte mit der Schiebestange nicht schieben, sie bückte sich und stemmte sich gegen das Rollwägelchen, es fuhr langsam an. Linde hatte sich anders hingesetzt, drehte ihren Kopf zu mir und sagte lachend zu mir: „Gel du siehsch der Katharina au bis zum Bauchnabel.“ Wir waren in Paris, es war die Endstation mit einem Kopf- oder Sackbahnhof. Linde wollte mit mir noch eine Weile in Paris bleiben. Als Katharina sich wieder dem Rollwägelchen zu wandte, sagte Linde zu ihr: „Gel des isch gar nit so leicht, so einen Rollwagen zu schieben“. Katharina meinte: „Linde, es ist nur anfangs schwer, wenn der Wagen rollt, gehts leicht.“ Als Harald sah, dass im Zug noch zwei Plätze frei waren, fragte er, ob er noch mitfahren könne. Linde sagte zu ihm: „Du kansch scho mitfahre, aber du musch vorne sitzen, sonsch glotzt du, au die ganz Zeit der Katharina in ihr Kleid on kannsch ihr, wie mein Louis, bis zum Bauchnabel seh. Katharinas Bauchnabel hat ihn nit interessiert, aber ihre Glocke hen ihm gfalle, au wenn sie nit läutet.“ Reinhild und Linde lachten, denn sie hatten, als Katharina sich in Paris den Wagen schob, sofort gesehen, was Linde ansprach. Katharina sagte zu Linde: „Du bist gemein, du hättest mir sagen sollen, dass mir Louis in mein Kleid schaut“. Linde sagte: „Ich konnte doch nicht wissen, dass du es nicht bemerkt hast, außerdem dachte ich, es würde dir gefallen. Aber es erstaunt mich, dass du mit dreizehn schon solche Brüste hast, wahrscheinlich bist du älter.“ „Ach, Linde“, sagte Katharina, „warum bist du so garstig zu mir.“ Hartmut kam hinzu und sagte: „Wenn ihr blöde Weiber immer streitet, dann höre mir auf zu spielen.“ Linde schaute ihn unschuldig an und sagte: „Aber Hartmut, das war doch nur Spaß. Spielt weiter, wir wollen nachher noch unser Schleuderturnier durchführen. Louis und ich bereiten die Zielscheibe vor.“ Linde und ich überlegten, wo wir das Turnier durchführen wollten. Ich dachte, wenn wir auf dem Holzplatz schießen, könnte es Erwachsene sehen und denken, Schleudern wären für Kinder gefährlich. Nach der Gattersäge, in der