Spinnen-Feind. Michael H. Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael H. Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847611585
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      “Da kommt ein Shuttle, Tanaka-San”, meldete der Co-Pilot. Er wies aus dem seitlichen Fenster der Kanzel. “Nein, zwei. Nein, drei. Verdammt, ein ganzes Geschwader!”

      Tanaka beugte sich zur Seite. Von der Oberfläche des Mars stiegen leuchtende Sterne auf. Viele Sterne. So viele Shuttles gab es auf dem Mars nicht. Dann sah der Captain, dass die Sterne nicht direkt von der Oberfläche emporstiegen, sondern um die Planetenkrümmung herumkamen.

      “Shib”, fluchte der Co-Pilot. Die ungewöhnlichen Sterne kamen rasend schnell näher, wurden zu fünfzackigen Gebilden, die von einem seltsamen, bläulichen Lichtschimmer umgeben waren. Dann flammten die Sterne auf. Unwillkürlich duckte sich der Co-Pilot hinter die Einfassung der Klarstahlscheibe. Doch er wusste, dass dies eine leere Geste war.

      Tanaka schlug auf die Taste des Kollisionsalarmes. Aufzuckende Warnlampen und ein nervender Sirenenton erfüllten die Bugsektion. Die Notfallautomatik schloss die wenigen Zwischenschotten, um einen möglichen Druckabfall zu reduzieren.

      Tanaka wurde aus seinem Sitz geschleudert, sah aus den Augenwinkeln, wie der Funker panikerfüllt nach dem Mikrofonschalter tastete.

      “Hilfe”, brachte der entsetzte Mann noch hervor, dann barst die Außenhülle. Einschläge erschütterten die Fuji-Maru, brachten ihren Rumpf zum Torkeln. Container lösten sich aus Verankerungen, wirbelten unkontrolliert durch den Raum. Die Bugsektion brach weg, löste sich vom Rumpf des Schiffes, und stürzte der Marsatmosphäre entgegen.

      Violettes Licht traf das Haupttriebwerk, durchbohrte die Tanks. Hoch über der Oberfläche des Mars entstand für Sekunden eine Feuerblume, verpuffte ihre Energie in die Leere des Alls.

      In unglaublich engen Kurven wendeten die fünfzackigen Objekte, stürzten der Marsoberfläche entgegen. Vorbei an der aufglühenden und zerfetzten Bugsektion der Fuji-Maru und ihren Toten. Es schien, als speie der glückliche Drachen ein letztes Mal Feuer.

      Kapitel 2 Nur dieses eine Wort

      Der Controller der internationalen Raumstation zuckte kurz mit den Schultern. “Nichts mehr, Sir. Nur dieses eine Wort “Hilfe”. Seitdem nichts mehr.”

      Raschid al Muhar, Leiter der ISS im Erdorbit, sah gedankenverloren aus dem mannshohen Panoramafenster. Scheinbar unter seinen Füßen, drehte sich die Kugel der Erde unter ihm hinweg. Nervös rieb Raschid seinen Mittelfinger. “Überhaupt nichts? Keine Meldung vom Mars, von der Maru?”

      Jochen Strotmann, Leiter des Observatoriums der Raumstation, klopfte auf den Laptop, der vor ihm auf dem Tisch lag. Er tat es unbewusst vorsichtig, denn die Schwerkraft, die von der Eigenrotation der Station erzeugt wurde, erlaubte nur ein flüchtiges, aber überaus willkommenes, Gefühl von “oben” und “unten”. “Wir haben vor ein paar Tagen diesen merkwürdigen Lichtblitz in Marsnähe beobachtet. Vielleicht war es eine Explosion. Ein Unfall.”

      Raschid überblickte, von seiner Warte aus, eine Vielzahl der Module, aus denen die Station bestand. Anfangs, bei der Inbetriebnahme im Jahre 2001, da waren es nur wenige der meist tonnenförmigen Segmente gewesen. Doch in den vergangenen Jahren waren immer neue und auch größere Teile hinzugekommen.

      Erst vor drei Jahren war ein Techniker auf den Gedanken gekommen, die Station mit einer Außenhülle zu versehen, welche es erlaubte, den Raum zwischen den Modulen mit Luft zu füllen und zu nutzen. Nun war die Station von einem “weichen” Kunststoff, der sogenannten Blase, umgeben. Einem durchsichtigen Material von gummiähnlicher Beschaffenheit. Durchschlugen kosmische Mikropartikel die Hülle, so schlossen sich die winzigen Löcher sofort wieder, ohne das viel von der kostbaren Atemluft entweichen konnte. Die luftgefüllte Blase hatte es ermöglicht, eine Reihe von Plattformen mit hydroponischen Gärten und Sonnenkollektoren zu errichten, welche zur Versorgung mit Atemluft, Gemüse und Energie beitrugen.

      Mit der durchsichtigen Schutzhülle sah die Station, mit ihren zahlreichen Modulen und Segmenten, Schüsseln und Andockvorrichtungen, wie ein Igel aus. Raschid musste unwillkürlich lächeln, als er daran dachte, dass die Besatzungen die Internationale Raumstation etwas liebevoll “kondomgeschütztes Stachelschwein” nannten.

      Er wandte sich wieder um. “Mag sein, dass die Fuji-Maru einen Unfall hatte. Aber dann hätte die Marssiedlung das bemerkt und uns verständigt. Ich glaube kaum, dass die Sender der Kolonie und der Maru gleichzeitig ausfallen.”

      “Vielleicht eine Störung, durch einen elektromagnetischen Puls. Oder Sonnenflecken-Aktivität.”

      Strotmann schüttelte den Kopf. “Nein, mit der Sonne hat das nichts zu tun.”

      “Und nukleares Potential gab es auch nicht”, ergänzte Raschid. Abermals rieb er seinen Mittelfinger. Eine Geste, die ihm bei der 30-köpfigen Besatzung rasch den Spitznamen “Der Finger” eingebracht hatte. “Nein, etwas Unvorhergesehenes und sehr Schlimmes muss geschehen sein. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die UNO zu informieren.”

      “Steht ein Schiff in Marsnähe?” Jochen Strotmann blickte den jungen Controller an.

      “Negativ”, meinte der Mann nach kurzem Blick aus seinen tragbaren Computer. “In vier Wochen soll die Conestoga, ein Pendler, den Mars erreichen. Vom Pluto kommt der chinesische Zerstörer Yang-Tse zurück. Der würde den Mars in fünf Monaten passieren.”

      “Melden Sie es der UNO, und dann halten wir Augen und Ohren auf”, ordnete Raschid an. Verdammt, sein Finger juckte schon wieder.

      Kapitel 3 Der Sicherheitsrat der UNO

      Die neue United Nations Space Administration hatte ihren Sitz im dänischen Kopenhagen. Die UNSA war eine Unterorganisation der UNO und eine vergleichsweise kleine Einrichtung. Man hatte nicht einmal ein eigenes Gebäude, sondern nutzte drei Stockwerke eines Hochhauses, in dem sich auch die Niederlassungen einiger privater Firmen befanden. Die UNSA war eine Verwaltungseinrichtung, die, eher pro forma, einem Brigadegeneral unterstand, da hier zivile und militärische Belange bearbeitet wurden.

      Man befasste sich mit allen Angelegenheiten, die den Weltraum, außerhalb des Orbits der Erde, betrafen. Die UNSA unterbreitete Vorschläge, welche die Kolonisierung und die Ausbeutung, hier als „Ressourcenmanagement“ umschrieben, regeln sollten. Einmal im Jahr oder bei Bedarf, traten die Repräsentanten der Raumfahrttreibenden Nationen im UNO-Hauptsitz zusammen, um die entsprechenden Resolutionen zu verabschieden. Die ehrbare Absicht, den Weltraum zur strikt entmilitarisierten Zone zu machen, war längst gescheitert. Die Gefahr von Meteoriten verschiedenster Größe hebelte das Verbot zur Bewaffnung aus, und kaum hatte eine Nation ihr erstes Raumschiff bewaffnet, waren andere nachgezogen. Immerhin gelang es der UNSA, im Auftrag der UNO, alle bewaffneten Objekte im Raum der gemeinsamen Kontrolle zu unterstellen. Ob dies auch Bestand haben würde, wenn es zu einem Konflikt zwischen zwei Nationen kam, war keineswegs gewiss.

      Die Mitglieder des Sicherheitsrates der UNO waren zu einer Besichtigung der UNSA erschienen und von der Nachricht überrascht worden, dass die Verbindung zum Mars abgebrochen war. Aus der Besichtigung wurde prompt eine Sondersitzung, zu der man den Leiter der UNSA, Brigade-General Jean Prenauld, hinzuzog.

      Das Verstummen des Mars war ein Gefahrensignal, da die Erde inzwischen in erheblichem Maße von den dortigen Energum-Lieferungen abhängig war.

      Raumfahrt war Kostspielig. Forscher hatten es schwer, die Mittel für ihre Projekte bewilligt zu bekommen, selbst wenn für ihr Land ein gewisses Prestige damit verbunden war. Der Fund von Energum auf dem Mars, hatte dies grundlegend geändert, als man feststellte, dass dieses Mineral die Energieprobleme der Welt zu lösen schien.

      Die Erde hungerte nach Energie. Dies galt gleichermaßen für die Wirtschaft, wie für die privaten Haushalte. In einigen Ländern waren noch immer die gefährlichen Kernspaltungsreaktoren in Betrieb, andere nutzten in erheblichem Maße die Kernfusion, wie sie auch in den Reaktoren der Raumschiffe üblich war. Alle Bestrebungen, den größten Teil der Energie durch natürliche Ressourcen zu gewinnen, waren nur teilweise von