Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750236370
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      „Es ist nur gerecht, dass sie sich an den Kosten beteiligen“, meinte die schöne Elfin. „Zumal es ihre Stadt ist und sie es nicht schätzen, wenn es überall nach Dung stinkt.“

      „Du weißt ja, wie die Ältesten sind. Wenn es um allgemeine Dinge geht, welche die Stadt Eternas betreffen, so sehen die Ältesten sie fast als ihr persönliches Eigentum an. Wenn es hingegen um die Kosten geht, so weisen sie darauf hin, dass Eternas die Hauptstadt der Hochmark ist und es somit meine Angelegenheit sei, alles zu richten.“ Er schlug mit der freien Hand auf die Einfassung der Turmplattform. „Es gab Zeiten, da war das anders, meine Liebste. Da war es unsere Stadt und wir haben alles gemeinsam getragen. Freud wie Leid gleichermaßen. Doch seit der Handel blüht und der Wohlstand sich mehrt, scheinen die Menschen immer mehr auf die Zahl ihrer goldenen Schüsselchen zu achten und nur noch wenig Fürsorge für andere zu empfinden.“ Der Pferdefürst wandte sich nach Osten und blickte über den Fluss Eten zu dessen anderem Ufer. Dort war eine flache Erhöhung zu sehen, über der zwei Grabmale aufragten. „Dort ruhen Garodem und Larwyn, und dort ruhen jene Menschen, die vor über dreißig Jahreswenden im Kampf um Eternas fielen. Damals standen alle füreinander ein. Heute macht der Besitz die Menschen selbstsüchtig.“ Er strich über Llaranyas Hand. „Eine Streife der Schwertmänner berichtete mir sogar von einem Haus, in dem ein Hungernder abgewiesen wurde.“

      „Abgewiesen?“

      „Im Haus eines Mannes, der erst seit Kurzem in der Hochmark lebt“, bestätigte Nedeam. „Es mag sein, dass er die Traditionen des Pferdevolkes nicht ausreichend kannte, doch der Scharführer der Streife hat sie ihm beigebracht.“

      Der grimmige Unterton in seiner Stimme war unverkennbar.

      „Wie es den Traditionen des Pferdevolkes entspricht?“

      „Wie es den Traditionen entspricht. Fünf Hiebe mit der flachen Klinge, direkt vor dem Haus und vor den Augen der anderen. Das mag ihm eine Lehre sein, niemanden in Not von seiner Tür zu weisen. Sollte er es erneut wagen, so werde ich ihn der Hochmark verweisen.“

      „Das ist hart, und doch ist es auch gerecht.“

      Nedeam seufzte schwer. „Einigkeit und das Einstehen füreinander, das ist es, was unser Pferdevolk stark macht. Es hat uns das Überleben ermöglicht. Aber mancher Mensch scheint vergessen zu haben, dass wir noch immer um unser Überleben kämpfen müssen.“ Er deutete nach Osten. „Dort steht der Feind und lauert darauf, uns zu überrennen. Sicher, die Hochmark ist fern der gefährlichen Grenze und ihrer Pässe, und so glauben viele sich in Sicherheit, die nicht existiert. Wir müssen bereit und einig sein, sonst wird es ein böses Erwachen geben.“

      „Dennoch sollten deine Gedanken nicht so viel vom Krieg getrübt werden.“ Llaranya zog ihn an sich und küsste ihn, und sie gab sich dabei nicht mit einer flüchtigen Berührung der Lippen zufrieden.

      „Ich liebe dich“, bekannte er schlicht, als sie sich voneinander lösten. „Und diese Liebe ist mit ein Grund, warum meine Gedanken so schwer sind. Zwei Jahreswenden sind seit dem Kampf um die alnoische Festung Nerianet vergangen, bei dem wir der Bruderschaft des Kreuzes begegneten. Eben dies geht mir nicht aus dem Kopf. Zum ersten Mal standen wir Pferdelords in der Schlacht einem anderen Menschenvolk gegenüber. Menschen, die gegen Menschen Krieg führen, statt Seite an Seite gegen die Mächte der Finsternis anzutreten.“

      „Ich weiß, Nedeam.“ Sie strich sanft über seinen Arm. „Ich werde jeden Tag daran erinnert, denn jene Rumaki, die sich dir auf Ehrenwort ergaben, leben mitten unter uns. Sie sind unzweifelhaft Menschen und vom Stolz eurer Art erfüllt, denn selbst in der Gefangenschaft tragen sie die Kleidung und die Zeichen von Rumak.“

      „Mit Bedacht, meine Geliebte“, entgegnete der Pferdefürst. „Würden sie es nicht von sich aus tun, so hätte ich es angeordnet. Es würde ihnen leichtfallen, sich zu verbergen und unerkannt unter uns zu bewegen, denn die Tätowierungen an ihren Unterarmen lassen sich unter der Kleidung verbergen. Nur das schwarze Haar wäre dann verräterisch, doch bei den Menschen Alnoas ist es häufig zu finden.“

      „Du traust ihnen nicht?“

      Nedeam blickte über das Tal, ohne es wirklich zu sehen. Seine Gedanken schweiften zurück zu jenen Tagen, an denen er mit seinen Pferdelords an der Seite der alnoischen Garde um die Festung Nerianet gekämpft hatte. Damals hatte er zum ersten Mal erkennen müssen, dass der Schwarze Lord auch menschliche Verbündete ins Feld führte. Verbündete, die den Orks in ihrer Verschlagenheit und Grausamkeit kaum nachstanden. Ein Teil der Rumaki war heimlich in die Ostprovinz Alnoas eingedrungen, hatte die Bewohner mehrerer Dörfer ermordet und war in deren Rollen geschlüpft. Auf diese Weise hatten sie das befreundete Königreich infiltriert und die Invasion ihrer Truppen vorbereitet. In der Maske von Dorfbewohnern waren die Rumaki in die Festung Nerianet eingedrungen. Während der blutige Kampf innerhalb der Mauern tobte, waren Legionen der Orks und weiterer Rumaki durch den neuen Spaltpass vorgedrungen. Pferdelords und Alnoer hatten den Sieg errungen, doch es war ein knapper Sieg gewesen, an dem die List des Rundohrs Fangschlag großen Anteil hatte. Die in der Festung überwältigten Rumaki ergaben sich Nedeam auf Ehrenwort. Jene, die sich des Mordes an den Dorfbewohnern schuldig gemacht hatten, wurden der harten alnoischen Gerichtsbarkeit überantwortet, die anderen, die ehrenhaft gekämpft hatten, wurden zu Gefangenen der Hochmark.

      „Ich vertraue dem Wort der Rumak-Legionäre“, sagte Nedeam schließlich leise. „Sie sind unsere Feinde, doch sie haben ein Ehrempfinden, welches dem unseren entspricht. Nein, Llaranya, ich sorge mich nicht um jene, die bei uns im Wort stehen, sondern um die anderen, die jenseits der Grenzen lauern und begierig darauf sind, uns die Hälse durchzuschneiden.“

      „Die Grenzen sind gut geschützt. Im Norden wachen die Zwerge und unsere Schwertmänner gemeinsam in der Grenzfeste des Eten. Der Pass von Merdoret wird vom Pferdefürsten Bulldemut geschützt und von den feuerspeienden Lederschwingen bestreift. Im Reich Alnoa wacht die Garde, und du weißt selbst, dass sie aus fähigen Kriegern besteht.“

      „Ich stimme dem zu“, seufzte Nedeam. „Dennoch bin ich von Unruhe erfüllt.“

      „Du bist immer von Unruhe erfüllt, wenn du die Feder anstelle des Schwertes zücken musst.“ Die Elfin zog ihn lachend in ihre Arme. „Du fühlst dich auf dem Rücken deines Pferdes wohl oder dann, wenn du in ein Abenteuer reiten kannst, doch dir graust es vor dem Schreibtisch in deinem Amtsraum und vor den Dingen des täglichen Lebens.“

      Er grinste verlegen. „Du tust gerade so, als sei ich ebenso auf Blut aus wie unser Freund Fangschlag.“

      „Nun, ich manchen Dingen seid ihr Pferdelords und die Rundohren der Orks euch durchaus ähnlich.“

      „Ach, wahrhaftig?“

      „Ihr liebt Pferde und einen guten Kampf, bei dem ihr dem Feind mit blanker Klinge begegnet.“

      „Mag sein. Aber wir Pferdelords reiten auf unseren Pferden in die Schlacht, während die Orks sie fressen. Die Orks sind ein Feind, den wir immer zu nehmen wussten. Wir kennen die Feigheit und Hinterlist der kleinen Spitzohren, die lieber aus der Ferne mit Bogen und Querbogen kämpfen, und wir kennen die Tapferkeit und rücksichtslose Beharrlichkeit der mächtigen Rundohren, deren Ehre darin liegt, uns offen im Kampf zu begegnen.“

      „Früher hätte ein Pferdelord keinem Ork Ehrgefühl zugestanden.“

      „Fangschlag hat uns eines Besseren belehrt.“ Nedeam nickte nachdenklich. „So vieles hat sich in den vergangenen Jahreswenden verändert. Wir haben neue Freunde gefunden, wie das Volk der Lederschwingen und die krebsartigen Irghil. Aber auch neue Feinde, wie die Krieger des Menschenreiches Rumak. Sie machen mir Angst, diese Krieger.“

      Llaranya sah den Ernst in seinem Gesicht und legte ihre Hand über die seine. „Sie machen dir Angst?“

      „Nun, Angst trifft es nicht richtig. Es ist wohl eher ein großes Unbehagen. Die Rumaki sind Menschen, und als solche sind sie eine unbekannte Größe. Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll … Der Kampf gegen die Orks ist immer gleich. Die Rundohren vorne und die Spitzohren dahinter. Fest gefügte Legionen, bei denen sie auf ihre Masse setzen. Von den Rumaki wissen wir hingegen