Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750236370
Скачать книгу
persönliche Zeichen Nedeams und erinnerte an seine Begegnung mit einem solchen Raubtier in seinen jungen Jahren. Eine der Längswände wurde von einem hohen Regal eingenommen, in dem eine überraschend große Anzahl von Schriftrollen und Büchern lagerte. Allerdings musste Nedeam eingestehen, dass er die wenigsten davon tatsächlich gelesen hatte. Das Regal beinhaltete auch einige Erinnerungsstücke an seine bisherigen Abenteuer und ein Fach, in dem einige Becher und zwei Krüge mit Wasser und Wein standen. Die andere Längsseite wurde von den großen Fenstern dominiert.

      Nedeam schenkte Arkarim und sich einen Becher verdünnten Wein ein. Fangschlag bevorzugte, wie er es gerne formulierte, unverdünntes Wasser. „Nun, ihr habt ein recht großes Geheimnis aus dem Grund eures Besuches gemacht, und ich bin doch recht gespannt, worin die Überraschung besteht, die Arkarim mir ankündigte.“

      „Ich bin daran nicht beteiligt“, sagte Fangschlag prompt. „Mir klebt kein Blut an den Fängen.“

      Arkarim bemerkte den irritierten Blick seines Herrn und Freundes und zuckte mit den Schultern. „Unser großer gescheckter Waffenbruder ist von meiner Idee nicht sonderlich begeistert.“

      „Ja, es scheint so.“ Nedeam nickte seinem Ersten Schwertmann aufmunternd zu. „Doch nun zeig mir endlich, was du ersonnen hast.“

      Der lächelte und griff in sein Wams, um einen kurzen Stock hervorzuziehen. „Ihr werdet überrascht sein, mein Hoher Lord.“

      „Lass die Förmlichkeiten, Arkarim. Wir sind oft genug Seite an Seite geritten, und dies ist keine formelle Versammlung des Rates.“ Nedeam nahm den Gegenstand, den Arkarim ihm reichte. „Was ist das?“

      „Sieh es dir an. Eigentlich sollte es dich an etwas erinnern.“

      Nedeam überlegte kurz und nickte dann. „Ja, ich ahne, was es ist. Das eine Ende des Stocks ist offen und an einer Seite verläuft eine Rille. Und hier ist ein Hebel, der in diese Kerbe einrasten kann. Ich schätze, du hast den Bolzenstock der Rumaki nachbauen lassen, nicht wahr?“

      Arkarim grinste breit. „Und ihn sogar verbessert. Er ist kleiner als die Stöcke der Rumaki, aber die Feder ist wesentlich stärker und bricht nicht so leicht.“

      „Das ist nicht die Waffe eines Kriegers“, meldete sich Fangschlag zu Wort. „Ein Krieger benutzt Schlagschwert und Schild, die Lanze und den Bogen. Dieser Stock ist eine Waffe der Heimtücke. Einem Spitzohr angemessen, doch nicht einem ehrenhaften Krieger.“

      Arkarim zuckte mit den Schultern. „Jenseits der Grenze warten Männer, von denen wir die Idee dieser Bolzenrohre übernommen haben. Sie werden kaum zögern, die ihren zu benutzen.“

      Fangschlag bleckte die Fänge, und seine Missbilligung wurde überdeutlich. „Sie sind nutzlos. Der Pfeil eines Bogens hat eine größere Reichweite und Durchschlagskraft. Nun, wenigstens der eines Menschenbogens“, schränkte er ein. „Die Bogen der Spitzohren taugen nichts, aber das gilt auch für ihre Besitzer.“

      Das dünne Rohr hatte ungefähr die Länge eines Unterarms. Die Waffe war nicht gespannt. Nedeam zog den Hebel in der Führung zurück und spürte dabei den wachsenden Widerstand der Feder, bis der Hebel in der Seitenkerbe einrastete.

      Arkarim griff erneut in sein Wams und zog einen Metallbolzen heraus, der die Länge eines kleinen Fingers hatte, dabei aber deutlich dünner war. „Du musst ihn von vorne einführen. Nicht zu kräftig nach hinten stoßen, das könnte die Feder auslösen.“

      Der Pferdefürst zielte auf ein dickes Buch im Regal und löste den Hebel. Es gab ein schnalzendes Geräusch, als er in der Führung nach vorne raste, und schon bohrte sich der Bolzen in sein Ziel.

      „Es ist wahr, die Rohre tragen nicht so weit wie ein Pfeil“, meinte Arkarim. „Aber auf zehn Längen sind sie tödlich und durchschlagen selbst die Rüstung eines Rundohrs.“

      „Nur eine sehr dünne Rüstung eines sehr schwächlichen Rundohrs“, knurrte Fangschlag, der sich an seiner Ehre als Rundohr gepackt sah.

      Nedeam strich sich über den sauber gestutzten Bart und überlegte. Schließlich trat er an das Regal, zerrte den Bolzen hervor und gab Rohr und Geschoss an Arkarim zurück. „Auch wenn ich deinen Ideenreichtum bewundere, Arkarim, mein Freund, so halte ich diese Waffe für wenig hilfreich. Fangschlag hat recht.“

      Arkarims Enttäuschung war offensichtlich, während der Ork zufrieden nickte. „Gesprochen wie ein wahrer Krieger. Es ist eine Waffe der Hinterlist und nicht der Ehre.“

      Nedeam sah seine Waffengefährten lächelnd an. „Ich halte viel von Ehre, wie ihr wisst, doch ich gebe zu, dass ich im Krieg auch nichts gegen Hinterlist einzuwenden habe, wenn sie zum Erfolg führt. Aber dieses Bolzenrohr hat wirklich weit weniger Wirkung als ein Bogen, und ich wüsste keine sinnvolle Verwendung dafür.“ Er legte seinem Freund tröstend die Hand auf die Schulter. „Doch es ist gut, nicht in altem Wissen zu verharren und nach neuen Wegen zu suchen. Denk an die Kriegshämmer, die wir nach dem Kampf um Rushaan eingeführt haben. Sie sind eine neue und schreckliche Waffe, der keine Rüstung widerstehen kann und die inzwischen jeder unserer Schwertmänner besitzt.“

      Leises Grummeln erklang aus Fangschlags Richtung, doch er konnte den Tatsachen nicht widersprechen. Ein Scharführer aus einem der Weiler hatte nach seinen Vorstellungen einen Kriegshammer schmieden lassen, der die Abmessungen einer Kampfaxt besaß. Statt der Schneide befand sich am Ende ein schlanker Kegel aus geschmiedetem Stahl. Das verlieh der Waffe ungeheure Wucht, die jede Rüstung mühelos durchdrang. Die Form verhinderte zugleich, dass sich die Waffe in einem zerschlagenen Panzer verhaken konnte. Sie gehörte inzwischen, neben dem traditionellen Schwert, zur üblichen Bewaffnung der Schwertmänner, wenn diese in die Schlacht zogen.

      Arkarim seufzte vernehmlich. „Im Nahkampf wäre das Bolzenrohr wesentlich handlicher als ein Bogen.“

      „Es ehrt dich, dass du dich so sehr für deine Idee einsetzt, aber wenn der Feind so nahe kommt, dann ist es ohnehin Schwertarbeit und man fände nicht die Zeit, die Rohre nachzuspannen, nicht wahr?“

      Diesmal war Arkarims Seufzer noch lauter, während er zögernd nickte. „Ihr beide habt wohl recht.“

      Fangschlag schlug dem Ersten Schwertmann behutsam gegen den Arm. „Lass uns zu den anderen Pferdemenschen gehen und ein wenig mit den Schwertern schlagen. Das gebührt wahren Kriegern und wird dich wieder aufmuntern.“

      Nedeam sah zu, wie die beiden Gefährten seinen Amtsraum verließen, und legte das Bolzenrohr dann in das Regal. Er schenkte sich etwas verdünnten Wein nach und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. Bequem zurückgelehnt musterte er die große Karte, aber seine Gedanken verweilten bei Arkarim.

      Der Scharführer hatte nun schon einige Abenteuer an Nedeams Seite bestanden und sich dabei nicht nur als treuer Freund, sondern auch als fähiger Anführer erwiesen. Für den jungen Pferdefürsten war dies ein wichtiger Aspekt, und er war froh, dass die Versammlung der Schwertmänner Arkarim zum Ersten Schwertmann erwählt hatte. Arkarim handelte überlegt und wog das Für und Wider ab. Er war kein Mann, der seine Kämpfer grundlos hetzte oder die höchste Bestimmung im Heldentod sah. Nein, Arkarim war klug und fähig genug, diese Ehre dem Feind zu überlassen. Wer sich rechtzeitig zurückzog, konnte an einem anderen Tag erneut zum Kampf antreten.

      Das alles erleichterte Nedeam seine eigene Aufgabe, denn oft genug hatte Arkarim eigenständig über Leben oder Tod zu entscheiden. Auch wenn Nedeam ein langes Leben beschieden sein mochte, so war er doch gewiss nicht unsterblich, und die Jahre der Kämpfe gegen den Feind hatten ihm oft genug seine eigenen Schwächen aufgezeigt. Er führte seine Männer nach besten Kräften und konnte nur hoffen, dass ihm dabei keine tödlichen Fehler unterliefen. Die Männer des Pferdevolkes waren tapfere und fähige Kämpfer, aber sie brauchten auch fähige Anführer. Arkarim war sicherlich einer von ihnen.

      „So in Gedanken?“

      Nedeam schreckte auf, als Llaranya und Neliana zurückkehrten. Die Zweijährige kam strahlend zu ihrem Vater und hüpfte auf seinen Schoss. Ihr Mund war mit dem Saft der Süßwurzel verschmiert, was zur Folge hatte, dass sie diesen bei ihren Liebkosungen auf Nedeams Wams verteilte.

      „Es