>> Du hast mir immer gesagt, du hättest die Vergangenheit hinter dich gebracht, << erinnerte sie ihn.
>> Tut mir leid. Ich habe gelogen. Versucht habe ich es immer, aber ich habe es bis heute nicht geschafft die Vergangenheit ruhen zu lassen. <<
>> Ach so ist das. <<
>> Du bist eine tolle Frau, << entgegnete er, >> und ich mag dich wirklich sehr, das weißt du doch.<<
>> Das hört sich nicht sehr überzeugend an. Du magst mich, aber du liebst mich nicht. Genau da liegt der feine Unterschied in der Bedeutung deiner Worte. Ich möchte nicht gemocht, sondern ich möchte geliebt werden. <<
>> Anne, ich denke, wir klären das nicht am Telefon, << sagte er und bemerkte, das er verlegen auswich. >> Es macht uns doch beide nur traurig.
>> Ich will dich nicht belasten Frank, aber ich brauche in einer Beziehung einfach Sicherheit. Ich möchte spüren, dass ich geliebt werde, dass mein Partner nicht ohne mich leben möchte. Nur ein Ziel, einen Sinn erkennen, mehr will ich nicht. Ich liebe dich und würde alles dafür geben. <<
>> Aber wir hatten abgemacht, nicht über Liebe zu sprechen und ich habe dir auch gesagt, dass ich nicht weiß, ob ich überhaupt noch lieben kann. Wir wollten abwarten, wie sich alles mit uns entwickelt. So war es doch, oder? <<
>> Das kann ich nicht. Nicht mehr. Ich kann nichts gegen meine Empfindungen tun. <<
>> Verstehe, du brauchst Geborgenheit, nicht nur eine lose Beziehung. Vielleicht bin ich in vielen Dingen noch nicht soweit, << sagte er. >> Tut mir leid, aber ich bin nun mal so. << .
Wahrheit und Unwahrheit bildeten in seinen Worten ein schwer zu trennendes Gemisch, was ihn im Verborgenen beschämte.
>> Frank, ich weiß nicht wann du soweit bist und wohin mich dieser Weg führt. Ich bin jetzt sechsunddreißig, und mir fehlt einfach das Gefühl, angekommen zu sein. Ich wollte dich immer verstehen, aber wenn all deine Maßstäbe bei Karen enden, dann bin ich hier gelinde gesagt, am falschen Platz. Eine Frau braucht einfach mehr als eine Nacht voll Zärtlichkeit, schöne Worte, oder gelegentliche Freizeitunternehmungen. Und glaub mir, jede Frau ist anders. <<
>> Mach doch die Dinge nicht komplizierter als sie sind. Ich denke, wir müssen beide Geduld haben, einfach abwarten bis ich wieder zu Hause bin. Manchmal ist eine solche Auszeit gar nicht so schlecht. <<
Frank versuchte ruhig zu bleiben und wusste doch, wie recht sie hatte. Seine Ausreden waren schlimmer als ein sorgfältig, zusammengetüfeltes Alibi.
>> Auszeit ist immer ein Tod auf Raten, << sagte sie und ihre Stimme war leise ruhig, völlig ausdruckslos. >> Ich glaub nicht, dass ich bereit bin noch solange zu warten. Tut mir leid Frank, es sind deine Gefühle, deine Vorstellungen, die uns beide innerlich trennen und nur du kannst die richtige Entscheidung treffen. Ich weiß was ich will, was ich mir wünsche und brauch darüber nicht nachdenken. Überleg doch mal genau, was du wirklich willst, wonach du eigentlich suchst! Das dürfte doch nicht zu viel verlangt sein. Dann kannst du mich wieder anrufen, aber mach mir dann bitte nichts vor. <<
Ohne recht zu wissen warum, seufzte er, als sie einfach aufgelegt hatte. Nachdenklich legte Frank den Hörer auf, weil er wusste, dass er nicht überzeugt geklungen hatte und dass ihr genau das aufgefallen war. Bei diesen Gedanken regte sich sein Schuldbewusstsein, und er war traurig, aber auch erleichtert, dass tausende Kilometer zwischen ihnen lagen. Anne tat ihm unendlich leid. Frank gab sich keinen Illusionen über seine eigenen Fehler hin. Einer davon war, dass er sich eine Fassade aufgebaut hatte, von der er hoffte, dass niemand sie durchdringen könnte. Er hatte nicht das Recht mit Annes Gefühlen zu spielen. Egal, was sie voneinander trennte – Anne verdiente zumindest Fairness und Ehrlichkeit. Was wollte er eigentlich wirklich? Wonach suchte er? Das hatte sie ihn doch gerade gefragt. Doch genau diese Fragen hatte ihm ein wunderbarer Augenblick des Tages bereits beantwortet. Spätestens heute hatte er erfahren und ganz tief gespürt, dass da noch mehr war. Es war wieder da, dieses prickelnde Gefühl der Aufregung, dieser pochende Herzschlag. Diese zufällige Begegnung am Broadway in Höhe des Time Square war so ein Moment, der im Körper einen eigenständigen Mechanismus auslöste. Man konnte einfach nichts dagegen tun, es war da, auch wenn es nur für einen Augenblick war. Eine ungeheure Anziehungskraft, ähnlich der eines starken Magnetfeldes, durchzog die Sinne auf eine beispiellose Art und Weise. Dieses Gefühl, beherrscht von Schnellzügen oder Düsenjets, die durch die Adern rauschten, wie bei einem Fieberschub. Gedanken so wie Feuer, die sonst in Sekunden verglühen. Das war es, was er suchte, wonach er sich sehnte. Hatte er sich heute verliebt? Vor seinem inneren Auge sah Frank, dass er genau das getan hatte. Nichts wollte er sich vormachen, nichts beschönigen oder glorifizieren, aber heute hatte ihn der Blitz getroffen, unerwartet und aus heiterem Himmel. Seltsam, er wusste gar nicht wer sie war, und trotzdem fing sie schon an ihm zu fehlen.
3.Kapitel
Laura Curren saß am Steuer ihres Wagens und verließ Manhattan gemächlich durch den Holland Tunnel. Ihr Tag war ganz schön anstrengend, voll Hektik, stressgeladen und brachte ihr zur Krönung noch zwei Überstunden ein. Der Verkehr war heute recht erträglich, was sie freute, denn sie fuhr ungern in New York mit dem Auto. Jetzt freute sie sich nur noch auf das Essen mit Susan, ihrer besten Freundin. In einem kleinen Restaurant in Newark hatten sie sich verabredet. Sie kannten sich jetzt schon fast sechs Jahre, schon allein deswegen, weil sie beide beim Börsenbroker „Smith & Wade“ arbeiteten. Weit oben, nahe den Wolken im 92. Stock des Nordturms im World Trade Center. Hier hatten sie sich kennengelernt und recht schnell angefreundet. Susan war fünfunddreißig, seit ein paar Jahren geschieden und lebte allein in Union, einer Kleinstadt in New Jersey. Es war eine Freundschaft aus Vertrauen, fast schon aus schwesterlicher Zuneigung. Zwischen ihnen gab es keine Heimlichkeiten, keine Intrigen, keine falsche Neugier und keine Rivalität, sondern einfach nur ehrliche Freundschaft. Ihre lustige und lebensfrohe Natur taten Laura immer gut. Beide brauchten, wenigstens einmal im Monat ihren Weiberabend, wo sie in Ruhe über Gott und die Welt plaudern und den aktuellen Büroklatsch, manchmal recht albern, bekichern konnten.
Laura betrat zwanzig Minuten später das Restaurant, erblickte Susan sofort, die schon einen Tisch ergattert hatte. Alle Plätze, selbst an der Bar, waren besetzt und dies schien für die Qualität der Küche zu sprechen. Vor ein paar Jahren war sie schon mal hier, doch alles schien sich verändert zu haben. Ein Grieche sollte das Restaurant jetzt wohl betreiben und sie hatte diesen Tipp von Diane, ihrer Friseurin bekommen, die schon eine Art Restaurantführer für Greater New York abgab, weil sie ständig von Verehrern eingeladen wurde. Ein hübsches Fräulein, laufend von männlichen Kunden umschwärmt, denen nicht nur ihre offensichtlichen weiblichen Reize gefielen, sondern auch ihre schnodderig freche Vulgarität.
Susan, strahlte ihr entgegen, stand auf und lief auf sie zu. Sie trug ein bis über die Knie reichendes, figurbetontes schwarzes Kleid mit halben Ärmeln, was gut zu ihren langen blonden Haaren passte.
>> Hi, Susan, ich freue mich, dich zu sehen. Gut siehst du aus. <<
>> Laura, schön dass du da bist. <<
Sie begrüßten sich mit Küssen auf beide Wangen und umarmten sich. Sofort nahmen sie die Speisekarten auf und vertieften sich in die angebotenen, kulinarischen Köstlichkeiten.
>> Ich hab einen Riesenhunger, << bemerkte Laura.
>> Mir geht es ebenso, << erwiderte Susan, >> und ich glaube, das Angebot der Karte könnte ich von oben runter verdrücken. <<
Der Kellner kam an ihren Tisch und nickte freundlich, um anzudeuten, dass er bereit war, ihre Bestellung anzunehmen. Sie entschieden sich beide für Hummer mit viel Salat und Baguette, dazu trockenen Zinfandel. Während der Arbeitszeit sahen sie sich kaum, selten mal auf einen Kaffee in der Pause.
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