Seine letzte Tour führte ihn zum Brisi, seinem Lieblingsberg. Am Tag darauf fand ihn die Alpine Rettung der Ostschweiz unter einem Felsvorsprung vierhundert Meter unterhalb des Gipfels, erfroren, mit einer zerrissenen Hose und Schürfwunden an den Händen, aber einem Lächeln im Gesicht.
„Warum? Warum? Warum?“, hatte Berta geschrien und mit ihren Fäusten auf den Tisch gehauen, als wolle sie ihren Schmerz von sich weg in das Holz hämmern. Damals habe sie viel geweint, erzählte sie Johann eines Abends bei einem Glas Wein.
Wie es zu dem Unglück am Berg gekommen war, Tatsachen und Vermutungen, hielt ein Bericht fest: Zu Hause sei er bei Sonne und wenigen Wolken losgefahren, hatte Berta zu Protokoll gegeben. Am Vormittag sei es auf der Nordseite der Churfirsten bewölkt gewesen, aber nach Niederschlag habe es nicht ausgesehen, sagten Bauern, die dort ihr Vieh auf der Weide hielten. Dennoch sei am frühen Nachmittag ein Unwetter mit Sturm und Hagel über sie hinweg gefegt. Der Hagel habe den Bergpfad in eine Eisbahn verwandelt, meinten die Alpinen Retter, ohne spezielle Ausrüstung wäre der Abstieg nicht möglich gewesen. Die Schürfwunden an den Händen und die zerrissene Hose wiesen darauf hin, dass der Tote versucht habe abzusteigen, dabei aber gestürzt sei.
Finanziell ging es Berta gut. Ein Haus frei von Schulden mit einer kleinen Mieteinnahme aus dem Dachgeschoss, eine Rente aus ihrer langjährigen Tätigkeit als medizinisch-technische Assistentin, und die vielen tausend Euro aus Herberts Lebensversicherung, die sie mit Johanns Hilfe gewinnbringend angelegt hatte. Das war mehr als genug.
Mit den wenigen ihr wirklich sympathischen Freundinnen und Bekannten traf sie sich regelmäßig zum Kaffeeklatsch und zu Besuchen von Theateraufführungen und anderen kulturellen Veranstaltungen. Bei einer Ausstellung zum Thema Unser Wald war sie auf Edgar, einen rüstigen Förster im Ruhestand, gestoßen und hatte sich von ihm den Wald erklären lassen. Sie fand ihn sympathisch und folgte seiner Einladung zu sonntäglichen Wanderungen.
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