Wothar rief seine Mutter an, nachdem sie mit der Versorgung des Kriegers fertig war. Ein warmes Lächeln zauberte das Wiedersehen mit ihren beiden Männern auf ihr schönes Gesicht, sie drückte Wothar an sich und schenkte Darkahr einen leichten Kuss auf die Wange.
Die drei hakten sich unter, was Wothar mittlerweile leicht fiel, da er in den letzten Mondzyklen kräftig gewachsen war. Genau das bestätigte jetzt auch seine Mutter. „Wenn du so weiter wächst, wirst du noch so ein Riesenkerl wie dein Vater.“
„Das hoffe ich doch sehr, schließlich bin ich der Sohn von Darkahr und Sirgith!“ Seine Eltern lachten herzlich und Wothar stimmte seltsam froh mit ein. Sie betraten ihre Unterkunft und schon erschien eine junge Frau und fragte bescheiden, ob sie ihnen etwas zu essen bringen dürfte. „Oh ja, bitte, ich habe einen Riesenhunger“, kam es sofort von Wothar, „komm, ich gehe mit und helfe dir.“ Die junge Frau wurde sichtlich nervös, Sirgith bemerkte es und holte ihren Sohn mit den Worten zurück: „Ich glaube, die junge Frau schafft das schon alleine.“
Darkahr schaute Sirgith an und Wothar schaltete schnell. „Prima, dann kann ich mich um das Feuer kümmern.“
Der nächste Morgen begann kalt, mit einer bleichen Sonne, die kaum über die Berge kam, fröstelnd wurden die Wagen beladen und die Zelte abgebrochen, ihre Spuren wurden so gut es ging von den Kundschaftern verwischt und langsam setzte sich die Wagenkolonne in Bewegung. Darkahr konnte feststellen, dass die Kolonne durch die Umrüstung der Fuhrwerke merklich schneller voran kam als vorher. Natürlich kam noch erfreulicherweise hinzu, dass die Genesung der Verwundeten sehr gute Fortschritte machte und viele schon wieder auf ihren Pferden saßen.
Die Kundschafter setzten sich an die Spitze des Trosses und langsam formierten sich die vielen Wagen, Reiter und zu Fuß gehenden Menschen zu einer langen Schlange, die sich behäbig in Bewegung setzte. Alle hofften, dass sie bald aus diesem Gebirge herauskamen und das sie endlich Ruhe vor der wilden Horde hatten.
Kapitel 2 Die weite Ebene
Die Männer sicherten mit den Baumstämmen die flache Stelle in dem Fluss beidseitig ab, so dass selbst die Ängstlichen unter ihnen unbesorgt den Übergang wagen konnten. Viele ihrer Tiere kannten ebenso wenig Fluss Überquerungen wie die meisten der Menschen. Der Dorfälteste ordnete an, diese Tiere mit denen zusammen zu bringen, die keine Scheu vor dem Wasser hatten.
Sie schafften den Übergang an einem Tag, der Dorfälteste überprüfte akribisch ihren Lagerplatz nach vergessenen Spuren, der Übergang wurde unkenntlich gemacht und erst als der Alte zufrieden war, zogen sie ein Stück landeinwärts, weg vom Fluss. Die Menschen und Tiere hatten sich während der Lagerzeit am Flussufer prächtig erholt, die Strapazen schienen vergessen und hoffnungsfroh schauten sie in die Zukunft.Abends kamen die Kundschafter zurück und berichteten, dass sie einen schönen Platz für ihr neues Dorf gefunden hatten, in einer leichten Mulde gelegen, mit gutem Boden ringsherum, viel Wasser und gut geschützt durch viel Wald.
Wenn sie also einverstanden wären, würden sie ihnen diesen Platz als erstes zeigen. Die Menschen waren von der Beschreibung der Kundschafter beeindruckt und auch begeistert und so beschlossen sie, sich den von den Kundschaftern entdeckten Platz anzusehen.
Mit dem ersten Sonnenstrahl waren die ersten auf den Beinen, packten ihre sieben Sachen und beluden damit die Packtiere. Nach dem Morgenmahl brach der Tross auf und folgte in lockerer Reihe den Kundschaftern. Nur noch zwei Tagesmärsche, dann konnten sie ihr neues Zuhause aufbauen, keine endlosen Wanderungen mehr, kein zielloses Umherziehen mehr, keine Furcht mehr vor fremden, wilden Tieren und Ungeheuern.
Sie alle staunten mehr und mehr über das schöne grüne Land. Je weiter sie kamen, umso mehr gefiel es ihnen, das Land war fast eben wie eine Tafel, nur ab und zu wellte sich das Land in leichten Hügeln, sie schritten durch saftige Wiesen, überall gab es große Baumbestände und oft blinkten in dem satten Grün kleine Teiche und Tümpel.
Das weite Land hatte ein angenehmes Klima, es war sicher lange nicht so warm wie in ihrer alten Heimat, weit unten im Süden, aber es gefiel allen. Am Abend schlugen sie nur ein leichtes Lager auf, beim Abendessen verbreiteten die gerösteten Fleischstücke einen appetitlichen Geruch und alle aßen mit Vergnügen und viel Hunger. Die Gespräche drehten sich nur noch um das neue Zuhause, der Älteste hörte still zu, dann rief er einen jungen Mann, er möchte bitte die kleine schwarze Kiste aus dem Gepäck herbringen. Der Alte öffnete die Kiste und faltete ein gelbliches Papier vorsichtig auseinander, alle staunten, als sie sahen, dass auf dem Papier ein Stadtplan gezeichnet war. Es ähnelte verblüffend in vielen Dingen ihrem alten Dorf, zentral war das Dorfzentrum eingezeichnet, in einigem Abstand davon konnte man die Häuser erkennen, von dem Dorfzentrum gingen vier Wege zum Dorfrand, an jedem Weg waren links und rechts drei bis vier Häuser gezeichnet.Einer der Männer machte darauf aufmerksam, dass die Wege zum Dorf Ausgang hin immer schmaler wurden. Um das in einem langen Oval gezeichnete Dorf waren viele Felder zu erkennen. Koppeln für die Tiere, Ställe für Schafe und Ziegen. Sorgen machte allen der Zustand ihrer Tragtiere, sie waren die einzigen, die anscheinend mit dem feuchten Klima nicht zurecht kamen, ihnen fehlte wohl die trockene Hitze ihrer alten Heimat. Der Dorfälteste nickte und erklärte, dass das bewusst so gezeichnet worden sei, enge Stellen konnten leichter verschlossen und verteidigt werden. Die Männer begriffen sofort und der Alte fuhr fort: „Wir wissen ja nicht genau, was uns hier erwartet, also werden wir uns für den Fall der Fälle vorbereiten und unser neues Dorf so bauen, dass wir es gut verteidigen können.“
Die Nacht war unruhig, alle waren aufgeregt, morgen endlich sollten sie ihre neue Heimat, ihr neues Zuhause kennen lernen. Das Morgenmahl und das Zusammenpacken waren schnell geschehen und schon konnten sie sich auf den Weg machen.
Die Halbwüchsigen jagten auf ihren halbwilden Pferden ohne Sattelzeug mit lauten Schreien voraus, die Kundschafter beruhigten die besorgten Eltern: „Ist in Ordnung, draußen kann nichts passieren.“
Am frühen Abend standen sie am Rand der leichten Mulde, die sich in einem sanften Bogen dehnte. Es war genauso, wie es die Kundschafter geschildert hatten, eine unendliche Erleichterung war allenthalben zu spüren, die in eine fröhliche Heiterkeit überging. Der Älteste zeigte noch an, sie wollten noch bis zum Platz des zukünftigen Dorfzentrums gehen und dort die Nacht verbringen. Die Jäger konnten auf dem Weg Wild erlegen und eine der Frauen ging mit einem prall gefüllten Ziegenbalg von Mensch zu Mensch und goss jedem roten Wein in die hochgehaltenen Becher. Diesen Wein aus ihrer verlorenen Heimat hatte die Frau den ganzen Weg behütet für diesen Augenblick, stolz und sehr fröhlich bedankte sich der Dorfälteste bei der Frau für den herrlichen Schluck Wein und er bedankte sich bei allen Leuten, dass sie an ihn geglaubt hatten.Auf dem Platz des geplanten Dorfzentrums bauten die Menschen ihre Zelte auf, schlugen Pfosten in den Boden und verbanden sie mit dicken Seilen, nach Fertigstellung trieben sie ihre Tiere hinein und schlossen die Koppel mit einem Seil. Schafe und Ziegen zogen schon in die saftigen Wiesen.
Nach einer für alle erquickenden Nachtruhe versammelten sich die Menschen zum Morgenmahl und besprachen dabeiden bevorstehenden Tagesablauf. Die Bauplätze für die Häuser sollte eine Gruppe von Männern markieren, mehrere Gruppen sollten sich nach Bauholz umsehen, aber die Wälder in Richtung Süden zum großen Fluss hin sollten unbedingt außen vor bleiben, alleine schon wegen des Sichtschutzes von dem anderen Ufer. Die Jäger sollten für alle für Nahrung sorgen, weitere Trupps von Männern