David Copperfield. Charles Dickens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197098
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Augenblick etwas davon in Erfahrung gebracht habe.«

      »Ich glaube nicht direkt,« erwiderte Mr. Mell.

      »Sie wissen, daß es nicht der Fall war,« sagte Mr. Creakle. »Oder wissen Sie es nicht, Mensch?«

      »Ich nehme an, daß Sie wohl niemals meine Verhältnisse für sehr gut gehalten haben,« antwortete der Unterlehrer. »Sie wissen doch, wie meine Lage hier ist und immer war.«

      »Ich nehme an,« sagte Mr. Creakle und seine Adern wurden noch dicker, »daß Sie wohl überhaupt in einer falschen Stellung hier gewesen sind und diese Anstalt vermutlich für eine Armenschule gehalten haben. Mr. Mell, wir werden uns trennen und je eher, desto besser.«

      »Es ist keine Zeit besser als die gegenwärtige,« erwiderte Mr. Mell und stand auf.

      »Für Sie, ja,« sagte Mr. Creakle.

      »Ich nehme Abschied von Ihnen, Mr. Creakle und von euch allen,« sagte Mr. Mell, sah sich im Zimmer um und klopfte mir wieder sanft auf die Schulter.

      »James Steerforth, der beste Wunsch, den ich Ihnen hinterlassen kann, ist, daß Sie sich eines Tags schämen mögen über das, was Sie heute getan haben. Heute möchte ich in Ihnen lieber alles andere sehen als einen Freund oder sonst jemand, für den ich ein Interesse fühle.«

      Noch einmal legte er die Hand auf meine Schulter, dann nahm er seine Flöte und ein paar Bücher aus dem Pult, ließ den Schlüssel stecken für seinen Nachfolger und verließ die Klasse, seinen ganzen Besitz unter dem Arm.

      Mr. Creakle hielt dann noch unter Tongays Assistenz eine Rede, in der er Steerforth dankte, daß er, wenn auch vielleicht ein wenig zu warm, das Ansehen von Salemhaus und seine Unabhängigkeit verteidigt hatte.. Er wand sich durch bis zu dem Punkte, wo er Steerforth die Hand schüttelte, während wir dreimal Hoch riefen, ich weiß nicht mehr für wen, aber ich glaube für Steerforth. Wenigstens rief ich mit, obwohl ich sehr niederschlagen war. Dann wichste Mr. Creakle den kleinen Tommy Traddles durch, weil er über Mr. Mells Fortgehen geweint hatte, statt in das Hoch einzustimmen, und kehrte wieder zu seinem Sofa oder seinem Bett, oder wo er sonst hergekommen, zurück.

      Wir waren uns jetzt selbst überlassen und sahen einander ratlos an. Ich empfand so viel Gewissensbisse und Reue über das Geschehene, daß nur die Furcht, Steerforth, der mich oft ansah, möchte es für unfreundschaftlich oder, besser gesagt, für pflichtwidrig halten, wenn ich weinte, meine Tränen zurückhielt. Er war sehr böse auf Traddles und sagte, es freue ihn, daß er es gekriegt habe.

      Der arme Traddles, der schon wieder über das Stadium hinaus war, wo er den Kopf auf das Pult zu legen pflegte und seinem Verdruß wieder mit einem Haufen Gerippen Luft machte, sagte, es sei ihm ganz wurst, aber Mr. Mell sei Unrecht geschehen.

      »Wer hat ihm Unrecht getan, du Mädchen?« fragte Steerforth.

      »Wer denn sonst als du.«

      »Was hab ich denn getan?« fragte Steerforth.

      »Was du getan hast,« gab Traddles zur Antwort. »Du hast seine Gefühle verletzt und ihn um seine Stelle gebracht.«

      »Seine Gefühle,« wiederholte Steerforth verächtlich. »Seine Gefühle werden sich schon wieder erholen, drauf will ich wetten. Seine Gefühle sind nicht wie deine, Fräulein Traddles. Und was seine Stelle betrifft, – die so glänzend war, was? – so werde ich doch natürlich nach Hause schreiben und dafür sorgen, daß er Geld bekommt, Polly.«

      Uns kam dieser Vorsatz Steerforths, dessen Mutter, eine reiche Witwe, – ihm in allem nachgab, sehr hochherzig vor. Wir freuten uns alle, daß Traddles beschämt war, und hoben Steerforth in den Himmel, besonders, als er uns gnädigst erklärte, daß er alles nur unsertwegen getan und uns durch sein selbstloses Benehmen einen Riesendienst erwiesen hätte.

      Aber ich muß gestehen, als ich abends im Dunkeln eine Geschichte erzählte, schien mir Mr. Mells Flöte mehr als einmal traurig in den Ohren zu klingen und als endlich Steerforth schlief und ich in meinem Bette lag, machte mich der Gedanke, die Flöte werde jetzt wo anders gespielt, ganz elend.

      Ich vergaß Mr. Mell bald über der Bewunderung Steerforths, der in leichter Dilettantenart und ohne Buch, denn er schien alles auswendig zu wissen, einige der Lehrstunden übernahm, bis der neue Lehrer erschien. Dieser kam aus einer Lateinschule und speiste, bevor er sein Amt antrat, bei dem Direktor um Steerforth vorgestellt zu werden.

      Steerforth fand großen Gefallen an ihm und nannte ihn eine Leuchte. Wenn ich auch nicht begriff, was für ein Gelehrtentitel das wäre, brachte ich ihm doch große Ehrfurcht entgegen und zweifelte nicht im geringsten an seinen großartigen Kenntnissen, obwohl er sich nie solche Mühe mit mir gab, wie Mr. Mell; aber ich war ja auch gar nicht zu rechnen.

      Noch ein ungewöhnliches Ereignis in diesem Semester machte einen tiefen Eindruck auf mich, der noch immer fortlebt, – aus verschiedenen Gründen fortlebt.

      Eines Nachmittags, als wir alle in einem Zustand ärgster Verwirrung und Angst waren, weil Mr. Creakle so fürchterlich um sich schlug, kam Tongay herein und rief laut:

      »Besuch für Copperfield.«

      Mr. Creakle wechselte mit ihm ein paar Worte über den Rang des Besuchs und das Zimmer, in das man die Gäste weisen sollte, und sagte dann zu mir, – ich war wie üblich aufgestanden und ganz verblüfft vor Erstaunen – ich sollte die Hintertreppe hinaufgehen und einen reinen Kragen anziehen, ehe ich ins Speisezimmer ginge. Ich gehorchte in einer Aufregung, wie ich sie noch gar nicht gekannt hatte, und als ich an die Tür des Besuchszimmers kam und der Gedanke in mir aufblitzte, es könnte vielleicht meine Mutter sein, – bis dahin hatte ich nur an Mr. und Miß Murdstone gedacht – ließ ich die Klinke wieder los und blieb stehen und holte tief Atem, bevor ich eintrat.

      Zuerst sah ich niemand. Aber da ich ein Hindernis an der Tür fühlte, blickte ich dahinter und erkannte zu meinem Erstaunen Mr. Peggotty und Ham, die mit ihren Hüten in der Hand vor mir knixten und einander an die Wand drückten. Ich mußte lachen, aber mehr aus Freude, sie zu sehen, als über ihren Anblick. Wir schüttelten uns herzlich die Hände, und ich lachte und lachte, bis ich mein Taschentuch herausziehen und mir die Augen wischen mußte.

      Mr. Peggotty, der während des ganzen Besuchs kein einziges Mal den Mund zumachte, legte große Teilnahme an den Tag, als er das sah, und gab Ham einen Rippenstoß, damit der etwas sagen sollte.

      »All wedder lussig Masr Davy?« fragte Ham mit seinem gewohnten Grinsen. »Wat sünn Sej grot woren.«

      »Bin ich gewachsen,« fragte ich und trocknete mir die Augen. Ich weinte über nichts Besonderes, nur das Wiedersehen mit den alten Freunden entlockte mir Tränen.

      »Grot woren? Masr Davy! ob hej grot woren is!« sagte Ham.

      »Ob hej grot woren is,« wiederholte Mr. Peggotty.

      Sie lachten einander an, bis ich mitlachen mußte, und dann lachten wir alle drei, bis mir wieder die Tränen kamen.

      »Wissen Sie, wie es Mama geht, Mr. Peggotty,« fragte ich. »Und meiner lieben, lieben, alten Peggotty?«

      »Ungemein,« sagte Mr. Peggotty.

      »Und der kleinen Emly und Mrs. Gummidge?«

      »Un–gemein,« sagte Mr. Peggotty.

      Es trat eine große Pause ein. Um sie zu beenden, holte Mr. Peggotty zwei ungeheure Hummern, eine riesige Krabbe und einen großen Segelleinwandbeutel voll Crevetten aus seinen Taschen und häufte sie auf Hams Armen auf.

      »Weil Sie das gerne haben, wissen Sie,« sagte er, »haben wir uns die Freiheit genommen! Und die Alte hat se gekocht. Mrs. Gummidge hat se gekocht. Jawoll,« fügte er langsam hinzu, wie mir schien weil er von nichts anders zu reden wußte. »Wahrhaftig, Mrs. Gummidge hat se gekocht.«

      Ich drückte ihm meinen Dank aus, und Mr. Peggotty fuhr fort, Ham hilfesuchend anblickend, der die Krebse angrinste, ohne einen Versuch zu machen, ihn zu unterstützen:

      »Wi kamen mit Flut und günstigen Wind in een von üns Yarmouthbooten nach Gravesend. Mien Schwester hett mich