Ziegel - Phantastische Kurzgeschichten. B. Hank Hoefellner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: B. Hank Hoefellner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178713
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Frank?“

      „Sir?“

      „Kein Wort zu niemandem. Verstanden, Frank? Habe ich mich klar ausgedrückt?“

      „Glasklar, Sir.“

      Frank pfiff auf zwei Fingern, winkte zwei kräftigen Männern und verschwand mit diesen.

      Wenige Stunden später waren Tochter und Vater nur noch Erinnerungen, als feiner Staub verschwunden in der Masse der Ziegel, die der Ofen Stunde um Stunde ausspuckte. Eine Familie aus Vater, Mutter und Tochter bezog die nun leerstehende, gefegte Wohnung, mit dem abgebröckelten Putz hinter der Tür.

      Die Sonne zog über den Himmel und die Nacht brach herein. Wenig später gingen die Arbeiter nach ihren 12-Stunden-Schichten nach Hause. Das gusseiserne Tor wurde verschlossen und alle Lampen im Hof gelöscht. Nur im Wohnhaus der Ziegelei brannte noch Licht.

      McGrath war unzufrieden. Sehr unzufrieden sogar. Er saß vor seinem gemauerten Kamin, trank Sherry und bedauerte, dass es nur ein kurzes Vergnügen war. Er hatte es genossen. Erst die Schreie des Mädchens, als es sich wehrte, ihn schlug. Wie er erst sein und dann ihr Blut schmeckte. Aber noch besser war es gewesen, ihn zu hören. Den Vater. Zu sehen, wie er Feuer fing. Es zu riechen!

      Seine Gedanken kreisten darum, ob man so etwas nicht öfter veranstalten könnte? Sicher gab es Leute, die dafür bezahlen würden, wenn man gewisse Personen diskret beseitigte. Gab es Menschen, die genau so empfanden wie er?

      Das flackernde Licht des Feuers tauchte den Raum in heimeliges Licht. Erschöpft von diesem Tag ließ er es zu, dass ihm die Augen zufielen.

      Er schreckte hoch. Ein Geräusch.

      Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt. Ein schwacher Schein ging von der restlichen Glut aus.

      „Ist da jemand?“

      Eine dumme Frage. Nachts hielt sich, außer ihm selbst, niemand in seinem Haus auf. Die Türen waren verriegelt und um Einbrechern das Leben schwer zu machen, gab es im gesamten Untergeschoss keine Fenster. Das Haus war nachts eine uneinnehmbare Festung.

      McGrath lauschte.

      Wieder dieses Geräusch.

      Er griff zu einer Petroleumlampe und entzündete den Docht. Sofort wurde der kahle Raum heller. Das Licht fiel auf unverputzte, sauber gemauerte Wände. Ein großes Porträt in Öl hing über dem Kamin, in dem die letzten Glutreste lagen.

      Er ging um seinen Sessel herum. Das Geräusch kam von der Rückwand. Er ging auf die Mauer zu und lauschte.

      Da war es wieder. Ein schabendes Geräusch.

      Er folgte der Wand und leuchtete überall hin, um der Ursache des Geräusches auf den Grund zu gehen.

      Doch jetzt kam es aus der anderen Richtung. Gerade als er sich anschickte, auf die gegenüberliegende Wand zuzugehen, hörte er das Geräusch hinter sich.

      So schnell er konnte, riss er den Kopf herum und leuchtete mit der Lampe.

      Nichts. Oder halt! Da!

      Ein einzelner Stein schien etwas vorzustehen. Er ging darauf zu. Seltsam. Vorhin war hier alles in Ordnung. Die Wand war makellos, jeder Stein fügte sich nahtlos aneinander. Und jetzt? Jetzt stand hier ein einzelner Ziegel ein kleines Stück vor. Er versuchte, ihn zu bewegen, erst mit sanftem Druck, dann immer fester, bis er die Lampe abstellte und sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen stemmte. Nichts. Der Stein rührte sich um keinen Millimeter. Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn und nahm die Lampe wieder auf.

      Wieder das Geräusch.

      Er riss die Lampe hoch und siehe da: Ein weiterer Stein, der vorstand. Dieser sogar noch ein bisschen weiter als der Vorige.

      McGrath inspizierte nun die Mauern gründlicher und an jeder musste er feststellen, dass es verschobene Ziegel gab. Und nicht nur das: Je öfter er nachsah, desto mehr Ziegel fand er. Vom Boden bis zur Decke und an jeder der vier Wände hatten sich Ziegel nach innen verschoben. Was ging hier vor?

      McGrath ging zur Tür, wollte bloß noch hier weg. Doch die Tür war weg! Nicht ganz, aber verborgen hinter Ziegeln, die sich aus der Wand um die Tür herum verschoben hatten. Er konnte nicht zum Türknauf greifen. Er stellte die Lampe ab und versuchte, einzelne Ziegel zu bewegen, aber es ging nicht. Die Steine saßen einfach zu fest. Mit Entsetzen musste er feststellen, dass sich die Ziegel immer schneller mit dem grauenvoll schleifenden Geräusch verschoben. Die Tür war mittlerweile fast ganz von den Ziegeln verborgen. Er schluckte. Das konnte nicht wahr sein!

      Er griff wieder zur Lampe. Noch einmal wollte er die Wand abgehen, doch als er sich umdrehte, stieß er bereits an die Rückwand, die sich vor ihm mit rasender Geschwindigkeit aufgebaut hatte.

      Blanke Ziegel, die aus allen Richtungen näher kamen. Er schrie. Es war jämmerlich. Der kleine Raum, auf den die Halle mittlerweile zusammengeschrumpft war, verschluckte den Schrei. Er wich zu seinem Sessel zurück. Kletterte darauf. Der Kamin war mittlerweile hinter den sich verschiebenden Steinen verschwunden und die Wände schlossen sich immer dichter um seinen Sessel, auf dem er schreiend stand.

      Immer näher kamen die Ziegel. Das erste Stuhlbein zerbarst jetzt unter dem Druck der sich näher schiebenden Ziegel. McGrath roch den Staub, schmeckte die abgestandene verbrauchte Luft, drückte sich panisch gegen eine Wand und spreizte sich mit den Füßen gegen die Ziegel, die ihn unbarmherzig zu zerquetschen drohten. Trotzdem schoben sich die Ziegel unbarmherzig näher. Seine Anstrengungen ließen nach. Er hatte keine Kraft mehr. Der Stuhl zerbrach in seine Einzelteile und wurde zusammengeschoben. McGrath' Füße suchten Halt auf den durcheinander liegenden Holzteilen. Die Wand berührte schon seinen Bauch und kam noch immer näher. Er drehte den Kopf zur Seite und fühlte Stein um Stein an seinem Ohr. Erst ein sanfter Druck dann wurde es immer mehr. Seine Hände waren eingeklemmt, die Lampe zerbarst mit einem Knacken und fiel zu Boden. Das Öl tropfte und entzündete sich am noch brennenden Docht. Das Holz des Sessels fing sofort Feuer. Er versuchte, auf Zehenspitzen den Flammen auszuweichen. Der Druck auf seinen Kopf nahm zu. Rauch stieg auf, doch um zu husten, fehlte der Platz. Seine Brust konnte er nicht mehr heben. Mit jedem bisschen ausatmen wurde der Raum enger. Der Qualm drang in jede Pore. Sein Schädel knackte und noch einmal schrie er aus Leibeskräften, dann – fühlte er nichts mehr.

      Als man am nächsten Morgen die Tür zu seinem Kaminzimmer öffnete, fand man ihn angesengt und jeder Knochen im Leib zerquetscht auf den zermalmten Resten seines Sessels.

      ENDE

      

      

      

      

       Mahnmal

      Ich erreichte die Stadtgrenze und der Morgen brach an. Ich war die ganze Nacht durchgefahren und hatte noch immer fast 300 Meilen vor mir. Es handelte sich um eine winzige Stadt, eine große Hauptstraße, an der sich ein paar Geschäfte, ein Café, ein Diner und zwei Kirchen drängten. Dazwischen und etwas verstreut dahinter lagen wenige Wohnhäuser. Lackiertes Holz. Farbe blätterte ab. Schäbige Veranden. Hier und da ein alter Autoreifen, der an einem Seil von einem Baum hing. Ältere Menschen saßen auf Bänken entlang der Straße, obwohl die Sonne erst aufging.

      Ich fuhr das Café auf der rechten Seite an, ließ den Wagen am Straßenrand ausrollen und zog erleichtert den Zündschlüssel ab.

      Geschafft.

      Sicher gab es hier ein Motel, wo ich mich für ein paar Stunden aufs Ohr hauen konnte.

      Aussteigen, die Glieder strecken, tief ein- und ausatmen. Dann sah ich mich um. Ich nickte den Leuten auf der Sitzgruppe vor dem Café zu. Sagte:

      „Guten Morgen!“

      Sie nickten. Einer hob sogar ein wenig den Arm, um zu grüßen. Vielleicht verscheuchte er auch nur eine Fliege oder versuchte es mit mir. Sonst kein Wort. Sie saßen wieder da und starrten in die Gegend.

      Ein paar klapprige


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