„Schließe deine Augen“, gibt Liam in einem flüsternden Ton von sich.
Die Sonne wärmt meine Haut. Ich spüre, wie mein Körper die Energie aufsaugt. Wirklich genießen kann ich es nicht, da mein Rücken schmerzt und ich mich frage, was Liam für einen Plan schmiedet. Soll ich mich jetzt wirklich nur halbnackt sonnen? Vor allem ist es wenig erniedrigend, mich vor den Besuchern des Parks bloßzustellen – falls das seine Intention ist –, wenn ich die Augen geschlossen halte. Ohne die Reaktion der anderen Leute zu sehen, ist es mir noch egaler, halbnackt hier zu liegen …
Plötzlich ergreift er jedoch meine Hand und ich merke, wie er meinen Hosenknopf öffnet. Er schiebt meine rechte Hand langsam in meinen Schritt. Mit meinem Oberteil versteckt er die Hand, die zwischen meinen Schenkeln liegt.
„Mach es dir selbst. Aber nur, während du die Luft anhältst. In dem Moment, in dem du beginnst zu atmen, hörst du auf.“
Ich habe eine kleine Lunge. Lange werde ich nicht anhalten können. Was das soll, verstehe ich nicht.
Ich atme tief ein, höre auf zu atmen und beginne, meinen Kitzler zu massieren. Obwohl ich vorhin übermäßig erregt war, spüre ich meine Berührung kaum. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, die Kontrolle zu behalten. Über meine Atmung, über die gesamte Situation … Mein Gehör ist geschärft. Sollte ich jemanden kommen hören, breche ich diese Aufgabe ab. Hier sind einige Kinder unterwegs …
Nach wenigen Sekunden stoppt meine Hand das Reiben, weil der Sauerstoff in meinen Lungen knapp wird.
„Versuche, länger anzuhalten.“
Ich huste und stütze mich mit den Ellenbogen auf, um Liam besser sehen zu können.
„Ich habe kein großes Lungenvolumen und mein Hals wird langsam trocken. Ich möchte mir ungern meine Lungenflügel aushusten müssen …“, rechtfertige ich mich und hoffe, dass Liam mich erlöst.
„Dann mache kurz eine Pause.“ Nicht die Antwort, die ich hören wollte …
Ich lege mich wieder hin. Die Sonnenstrahlen bringen meine Haut zum Glühen, was man von der Aktivität meiner Finger im unteren Bereich meines Körpers nicht behaupten kann. Abermals halte ich die Luft an, berühre mich an einer meiner intimsten Stellen in der Öffentlichkeit und dennoch fühle ich nichts.
Die Kontrolle in mir lässt nicht zu, dass ich loslasse und mich entspanne.
Bedauerlich, da dies ein weiterer unvergesslicher Moment sein könnte. Einen Orgasmus am helllichten Tag in der Öffentlichkeit zu bekommen, wäre eine Premiere. Würde er an mir spielen, wäre klar, dass es unmöglich ist, einen Höhepunkt zu erlangen. Doch jetzt fasse ich mich selbst an und schaffe es einfach nicht, mich in die Lust hineinfallen zu lassen.
Dieser Ärger, der in mir hochkommt, macht die Situation nicht besser. Spiele ich ihm einfach einen Orgasmus vor oder warte ich, bis er das Ganze abbricht?
Das Schicksal nimmt mir diese Entscheidung ab.
„Hör auf“, warnt Liam mich. Ich ziehe sofort meine Hand aus meiner Hose zurück und lege sie mir auf den Bauch. Tue so, als wäre nichts gewesen und würde mich ganz entspannt sonnen. Im nächsten Augenblick kommt eine Mutter mit ihren beiden kleinen Kindern an uns vorbei. Liam grüßt höflich, die Kinder grüßen grinsend zurück, die Mutter lächelt uns bloß zu.
Liam erwartet glücklicherweise nicht, dass ich da weitermache, wo ich aufgehört habe, nachdem die kleine Familie aus unserem Blickfeld verschwunden ist.
Die Stimmung ist endgültig erloschen.
„Wollen wir weitergehen?“, fragt er, obwohl es klar ist, dass ich ihm nicht widersprechen werde.
„Gerne“, antworte ich knapp. Als ich mich aufsetze und nach meinem Oberteil greifen will, zieht er es an sich.
„Nein, du wirst so gehen. Das Top bekommst du später wieder.“
„Darf ich wenigstens meine Schuhe anziehen?“
„Natürlich nicht.“ Er schüttelt den Kopf.
„Aber hier könnten Scherben liegen“, versuche ich ihn umzustimmen.
„Dann richtest du deinen Blick besser auf den Boden. So, wie es sich gehört.“ Er grinst mich frech an.
Wir gehen los; er greift nach meiner freien Hand. In der anderen halte ich meine Schuhe. Mein Top behält er. Die Blicke der Leute stören mich überhaupt nicht, da Liam an meiner Seite ist. Bei seinen bisherigen Aufgaben, die etwas mit Nacktheit in der Öffentlichkeit zu tun hatten, habe ich ihn immer vermisst. Seine Anwesenheit schenkt mir Sicherheit.
„Autsch!“, fluche ich. Die kleinen, spitzen Steinchen des Schotterbodens bohren sich in meine Fußsohlen.
Ich bin dankbar, dass Liam sich meiner Geh-Geschwindigkeit anpasst. Die Menschen um uns herum nehme ich kaum noch wahr, da mein Blick auf den Boden fokussiert ist. Ich möchte mir auf keinen Fall die Haut aufschneiden oder in irgendetwas Widerliches treten; wie zum Beispiel in heruntergefallenes Dönerfleisch. Allein die Vorstellung, wie es sich anfühlen würde, lässt mein Gesicht zu einer angeekelten Grimasse verziehen.
Die Sonne versteckt sich hinter einer großen grauen Wolke. Ich bin kurz davor, das Frieren anzufangen.
„Hast du Lust, über den Dom mit mir zu gehen?“
„Total gerne!“, strahle ich den Mann an, dem ich meine nächste Erkältung zu verdanken haben werde. Aber die Kälte, die gerade dabei war sich auf meiner Haut auszubreiten, ist schlagartig vergessen.
Die Freude wird jedoch getrübt, als kleine kühle Tropfen auf meine nackte Haut treffen.
„Oh nein! Es regnet“, stelle ich enttäuscht fest.
„Ist bestimmt nur ein kurzer Schauer. Ziehe deine Schuhe an und das Top“, gibt Liam optimistisch und fürsorglich von sich.
Schön zu wissen, dass ihm meine Gesundheit wohl doch ein wenig am Herzen liegt.
Als wir kurz vor dem Ausgang des Parks sind, bleibt er stehen und beginnt, mein Top hochzuschieben.
„Was tust du da?“, frage ich irritiert nach.
„Ich kremple dir das Top hoch. Du hast zu viel an.“
Seiner Vorstellung nach …
Er klemmt den überschüssigen Stoff unter meinen BH fest. Es hält und sieht gar nicht so scheiße aus, wie ich erst gedacht habe.
Er nimmt wieder meine Hand, als er weitergeht.
„In Zukunft wirst du dich aufreizender anziehen. Turnschuhe sind tabu. Nur noch hohe Schuhe“, sagt er in einem trockenen Ton.
„Ich habe aber nur ein paar Stiefeletten“, entgegne ich und hoffe, dieser Regel zu entkommen.
„Dann ziehst du eben die an oder kaufst dir was Neues.“ Ausreden funktionieren bei Liam einfach nicht.
„Hättest du dich bei diesem sommerlichen Wetter weiblicher angezogen, ein Kleid oder einen Rock, hätte ich dich schon längst gefickt. Irgendwo im Gebüsch. Also … in Zukunft keine Hosen mehr. Kleider, Röcke und hohe Schuhe. Verstanden?“
Da ich keine Lust auf eine Diskussion habe, stimme ich mit dem Wissen, dass ich dem eh nicht gerecht werde, zu. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es sowieso vergessen wird. Von daher muss ich die Stimmung nicht vermiesen.
Liam hat recht behalten. Der Regen hört auf und die Sonne kommt wieder hinter den Wolken hervor.
Es fühlt sich unglaublich gut an, mit ihm Hand in Hand über den Dom zu schlendern. Allein wegen der Gerüche gehe ich schon gerne die Runde übers Heiligengeistfeld. Es ist noch kaum etwas los, sodass wir niemandem ausweichen müssen und die Eindrücke gelassen auf uns wirken lassen können.
Die verschiedene Musik aus den etlichen Fahrgeschäften gibt sich einen